Lesbos / Kara Tepe
EU-Kommissarin auf Lesbos nicht willkommen
Am 29. März 2021 hat die EU-Kommissarin Ylva Johansson das Lager Kara Tepe auf Lesbos besucht – oder soll man besser sagen: Sie ist dort eingefallen?
Flüchtlinge aus dem Lager berichten uns am Tag danach: „Jetzt ist es wieder wie normal nach dem gestrigen Besuch der Europäischen Union mit Hubschrauber und viel Polizei. Leider hatte niemand von uns eine Chance, mit ihnen zu sprechen oder etwas zu erklären.“
Michalis von der Selbstorganisation OXI schickt uns Videos, wie massenweise Polizei die Flüchtlinge zurückdrängen und der Tross der EU in den gepanzerten Wagen durchs Lager fährt. „Schaut Euch die Filme an. Sie beweisen, welchen Empfang sie der Madame der EU machten. Sie konnte mit keinen
sprechen im Lager; geschweige denn, aus dem Auto aussteigen. Hubschrauber aus Athen und tausende Polizisten braucht die EU, um die Insulaner und die Flüchtlinge zu besuchen. Den gleichen Empfang wie in Kara Tepe erhielt sie auch in der Stadt von den Insulanern.“
EU-Kommissarin Johansson aber berichtet in Athen dem griechischen Ministerpräsidenten Mitsotakis von ihrem Besuch: „Es ist mir eine große Freude, hier zu sein. Vielen Dank für den herzlichen Empfang. Wir hatten gestern einen sehr produktiven Tag. Es ist gut, dass wir die Möglichkeit haben, vor Ort zu sein und mit Anwohnern, mit Migranten, mit Bürgermeistern, mit NGOs zu diskutieren. Es war also ein guter Tag. Ich habe gestern verkündet, dass wir für 276 Mio. € unterschrieben haben, um ein neues Lager aufzubauen.“
Die Bewohner von Lesbos sind empört. Sie haben demonstriert unter der Losung „Unsere Insel ist kein Lagerhaus für menschliche Seelen“. Viele helfen seit Jahren den Flüchtlingen in Moria, Kara Tepe und wissen um die Situation der Menschen dort. Insulaner berichten: „Diese EU-Politiker sind einfach unmenschlich. Diese Frau besitzt die unverschämte Frechheit, in einer Zeit, wo Lesbos wegen des Virus knallrot ist und Menschen sterben, zu uns zu kommen und mit einem breiten Grinsen sagt sie: ‚Der Frühling ist die beste Zeit, um sich auf den nächsten Winter vorzubereiten‘. Was erlauben sich diese Vertreter der reichen Europäer, sie kommen mit Unmengen von Geldern und meinen, sie können alles kaufen. Sie haben die Botschaft der Insulaner nicht verstanden, dass wir niemals einem Neubau von Gefängnislagern zugestimmt haben. Sie denken, dass wir, die Bewohner von Lesbos, sich zu ihnen setzen, Fotos machen und nach Autogrammen fragen. Sie haben es wahrscheinlich nicht richtig verstanden: Sie sind auf unserer Insel nicht erwünscht.“