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Die Testpflicht und die deutschen Monopole

Regierungspressekonferenz, 7. April, 11.30 Uhr. Herr Ehrentraut vom Arbeitsministerium ist ebenso wie die stellvertretende Regierungssprecherin Frau Demmer von Anfang bis Ende der Pressekonferenz maximal genervt.

Von lg
Die Testpflicht und die deutschen Monopole
Ein Corona-Test-Kit (foto: Partynia (CC BY-SA 4.0))

Ein Journalist fragt, wie es denn mit der Testpflicht für Unternehmen mittlerweile aussehe. Es gebe ja sehr unterschiedliche Zahlen, wie deutsche Unternehmen die Selbstverpflichtung verwirklichen.

 

Ehrentraut stimmt zu: Ja, tatsächlich gebe es sehr unterschiedliche Zahlen von den Unternehmerverbänden und von der Hans-Böckler-Stiftung, die am 6. April eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) vorgestellt hatte.

 

Zum Hintergrund: Beispielsweise der BDI (Bundesverband der deutschen Industrie) veröffentlichte eine Präsentation, in der gleich auf der ersten Seite geprahlt wird, dass "91 Prozent der befragten CEOs angeben, ihren Beschäftigten ... Covid-19-Tests anzubieten oder ..." – jetzt Achtung: "... dies planen!" Zum einen basiert diese "Studie" also lediglich auf einer Befragung der Vorstandsvorsitzenden von Unternehmen, nicht einer tatsächlichen Untersuchung. Zum zweiten klafft Plan und Wirklichkeit bekanntlich derzeit oft weit auseinander.

 

Auf der Homepage der Hans-Böckler-Stiftung kann man dagegen lesen: "Bereits der Bund-Länder-Beschluss vom 3. März nimmt hierfür auch die Arbeitgeber in die Pflicht: Unternehmen sollen allen in Präsenz Beschäftigten mindestens einmal pro Woche einen kostenlosen Schnelltest anbieten. Trotz eindringlicher Appelle aus der Politik, von Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften, läuft das Testprogramm bisher nur schleppend an: Nur 23 Prozent der befragten Beschäftigten berichteten in der zweiten Märzhälfte, dass alle Präsenzbeschäftigten in ihrem Betrieb schon mindestens einmal pro Woche einen Schnelltest machen können. Für sechs Prozent werden Schnelltests zwar schon angeboten, jedoch noch nicht im vorgesehenen Umfang. Weitere 17 Prozent geben an, dass der Arbeitgeber die Einführung von Schnelltests bereits angekündigt, aber noch nicht umgesetzt hat. ... Für die Mehrheit (54 Prozent) gibt es hingegen weder betriebliche Schelltests noch sind diese angekündigt."

Was stimmt nun also?

Zurück zur Pressekonferenz: Das Arbeitsministerium vertröstet die Journalisten. Die Bundesregierung führe derzeit ein "Monitoring" durch und werde über die Ergebnisse bei der nächsten Pressekonferenz berichten. Der Minister habe aber schließlich gesagt, dass die Wirtschaft ihre (Selbst)Verpflichtungen einhält!

 

Eine andere Journalisten hakt nach: „Wie wird das denn evaluiert? Werden Beschäftigte gefragt oder Unternehmen?“

 

Herr Ehrentraut beteuert, es werde eine Kombination aus beidem sein. Das Wirtschaftsministerium klinkt sich ein: Ja, tatsächlich würde die ganze gesellschaftliche Bandbreite befragt: Unternehmerverbände aus 40 Branchen wären involviert. Von Beschäftigtenbefragung ist plötzlich nicht mehr die Rede. Stattdessen präzisiert die Dame vom Wirtschaftsministerium, dass die Testpflicht allerdings nicht das einzige Thema der Umfrage sei. Es ginge vor allem darum, dass alle Branchen sagen könnten, was derzeit ihre größten Probleme sein. Die Testpflicht werde dabei sicher auch ein Thema sein, aber nur ein Punkt von vielen. Ach so.

 

Ein Journalist wendet sich an das Arbeitsministerium: „Wie viele werden denn befragt? Wird die Umfrage repräsentativ sein?“ Arbeitsministerium: „Das kann ich noch nicht sagen.“ Journalist: „Wie glaubhaft sind die Studien der Arbeitgeberverbände denn?“

 

Kein Ministeriumssprecher legt sich für die Seriosität dieser Studien ins Zeug: "Wie gesagt, das Monitoring läuft." Journalist: „Warum wird nur ein Monitoring gemacht, warum wird das nicht auf Fakten basiert untersucht?“ Die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer eisig lächelnd: "Ich denke, das wird auf Fakten basieren." Ehrentraut ergänzt: "Es macht wenig Sinn, jetzt Kriterien für das Monitoring festzulegen, wir warten das jetzt erst mal ab."

 

Na denn, wer es sich leisten kann. Die Beschäftigten können sich das allerdings nicht leisten! Den Beschäftigten sei von hier aus empfohlen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und ihre Forderungen über den Geschäftsleitungen kämpferisch einzufordern.

 

Dr. Elke Ahlers vom WSI weist darauf hin: Aus dem deutschen Arbeitsschutzgesetz ergebe sich jedoch schon jetzt eine allgemeine Fürsorgepflicht. Demnach sei der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen und diese an sich ändernde Gegebenheiten anzupassen. Die Kosten hierfür hat der Arbeitgeber zu tragen. (Siehe Homepage der Hans-Böckler-Stiftung)