Desaster der Regierungspolitik

Desaster der Regierungspolitik

Ministerpräsidentenkonferenz abgesagt - Altmaier gegen Testpflicht - Scharfmacher de Maizière will "befristeten Ausnahmezustand"

Erstaunt fragten Journalisten auf der gestrigen Bundespressekonferenz, warum die Regierung jetzt erst ein neues Gesetz machen wolle, anstatt schleunigst die dringend erforderlichen Corona-Schutzmaßnahmen zu treffen. Lothar Wieler, Präsident des Robert-Koch-Instituts hatte zuvor eindringlich gemahnt: "Jeden Tag, den wir nicht handeln, verlieren wir Menschenleben." 25.464 neue Infektionen wurden gestern registriert, die Siebentage-Inzidenz stieg von 105,7 auf 110,4.

Von gis
Ministerpräsidentenkonferenz abgesagt - Altmaier gegen Testpflicht - Scharfmacher de Maizière will "befristeten Ausnahmezustand"
Karikatur: shutterstock_1689605725

Die stellvertrende Sprecherin der Bundesregierung, Ulrike Demmer, gab bekannt, dass die für Montag vorgesehene Ministerpräsidentenkonferenz mit der Kanzlerin nicht stattfindet. Stattdessen wird am kommenden Dienstag eine Kabinettssitzung vorgezogen, die "ergänzende Regeln" im Infektionsschutzgesetz verabschieden soll. Vorläufig geht es bei der geplanten Gesetzesänderung wohl um die tatsächliche Anwendung der zwischen Bund und Ländern vereinbarten "Notbremse". Ab einer Inzidenz von 100 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche dürfen die Länder nicht mehr machen, was sie wollen. Bis dahin aber schon. Ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 200 in den Schulen müssen sie dann "zwingend in den Distanzunterricht" wechseln. Bis nächsten Samstag soll dieser Gesetzesentwurf vorliegen.

 

Das mit großem Getöse angekündigte "bundeseinheitliche Vorgehen" ist zunächst nichts anderes als "Weiter so" im Krisenchaos. Tatsächlich sind einschneidende Maßnahmen erst ab diesen Inzidenzwerten viel zu spät. Intensivmediziner schlagen Alarm. Die Lage in den Kliniken sei zutiefst besorgniserregend, sagte Gernot Marx, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). Statt eines befristeten, aber kompletten, Lockdown auf Kosten der Monopole, um die Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen, wird mit dem jetzt geplanten Vorgehen die Tür dafür geöffnet, via Änderung des Infektionsschutzgesetzes den weiteren Abbau bürgerlich-demokratischer Rechte und Freiheiten zu betreiben. Dem früheren Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) schwebt - perspektivisch - eine Grundgesetzänderung vor, "um für künftige Krisen in Deutschland die Möglichkeit eines befristeten Ausnahmezustandes zu schaffen". De Maizière denkt dabei sicher nicht nur an Pandemien und regionale Umweltkatastrophen. Ein "befristeter Ausnahmezustand" unterhalb der Anwendung der Notstandsgesetze ermöglicht u.a. den Einsatz der Bundeswehr im Inneren, ermöglicht es, gegen sich ausweitende Arbeiterkämpfe vorzugehen und eine revolutionäre Erhebung niederzuschlagen. Diese weitere Rechtsentwicklung und Faschisierung des Staatsapparats, der massive Abbau bürgerlich-demokratischer Rechte und Freiheiten, muss klar zurückgewiesen werden!

 

Das Gros der Bevölkerung hat das Hin und Her satt, verachtet das Herumgeeiere des Corona-Kabinetts und will wirksame Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie, die eine Öffnungsperspektive erlauben. Vor allem haben viele Menschen es gründlich satt, dass sie alles tragen sollen und die mächtigen Industriemagnate nichts. So zu lesen z. B. in der Kommentarspalte des Tagesspiegel: "Ist Ihnen vielleicht einmal in den Sinn gekommen, dass die Menschen Tests am Arbeitsplatz wünschen oder gar einen 14-tägigen kompletten Shutdown der Wirtschaft (mit den wenigen nötigen Ausnahmen), aber nicht immer und immer und immer wieder weitere Einschränkungen des privaten sozialen Lebens? Wir sind doch keine Ochsen, die tags aufs Feld und abends in den Stall geführt werden, auf dass die Gewinne der Unternehmen erhalten bleiben." Vernünftige Maßnahmen könnte man sehr wohl gestützt auf die Bevölkerung durchsetzen: "Also ich habe gerade ganz tief in mich reingeschaut und nicht die Spur einer 'Lockdown-Euphorie' gefunden, und ich kann die auch in keinem meiner Mitmenschen erkennen.“ "Bin auch selbstständig und würde einen harten echten Lockdown diesem ganzen Rumgewurschtel vorziehen. Aber uns fragt ja keiner. Immer heißt es die armen kleinen Unternehmen. Ich kenne niemanden persönlich, der gegen einen Lockdown ist. Zum verzweifeln.“

 

In Bezug auf das Testen am Arbeitsplatz in den Betrieben sei "erstaunlich viel erreicht worden": Das zu sagen erdreistete sich Wirtschaftsminister Peter Altmaier gestern vor der Bundespressekonferenz in einem Live-Interview. Altmaier: "Und das ganz auf der Grundlage unserer Aufrufe der Freiwilligkeit.“ Das ist doch wirklich unglaublich. Glaubt Altmaier wirklich, dass die Öffentlichkeit nur Verlautbarungen der Monopolverbände liest und die Arbeiterinnen und Arbeiter es sich einbilden, dass die versprochenen kostenlosen Tests in den Betrieben nicht vorhanden sind? Erst gestern haben wir in einem Artikel auf Rote Fahne News das Thema behandelt, dass zwischen der Monopolpropaganda und den Erfahrungen der Menschen eine gewaltige Lücke klafft. Am Donnerstag hat Altmaier sich bei einem Gipfeltreffen mit 40 Wirtschaftsverbänden gegen eine Testpflicht der Kapitalisten positioniert. Angeblich könne man das nicht kontrollieren. In Wirklichkeit setzt Altmaier als treuer Vasall der Kapitalistenverbände deren Argumentation um. Wer denn die Kosten tragen solle von „schätzungsweise einer Milliarde Euro im Monat", so einer der Verbandsvertreter beim Treffen mit Altmaier.

 

Da könnte man glatt Mitleidstränen vergießen. Eine Milliarde Euro im Monat sollen die Betriebe berappen! Während sie aus den Arbeitern in der ungehindert weiterlaufenden Produktion Maximalprofite herauspressen und gleichzeitig riesige staatliche Subventionen kassieren. Selbst die Ausgabe für Corona-Tests für die Beschäftigten, damit sie bei einer Infektion behandelt werden und nicht weitere Kollegen anstecken, selbst das ist den Monopolen und Konzernen zu teuer. Null Interesse für die Gesundheit der Arbeiterinnen und Arbeiter! So funktioniert die Diktatur der Monopole.

 

Wir brauchen keine Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes und schon gar nicht einen "befristeten Notstand", sondern einen zeitlich befristeten Komplettlockdown auf Kosten der Monopole, um die dritte Welle zu brechen!