Impfgipfel der Bundesregierung

Impfgipfel der Bundesregierung

Höchste Zeit für die Aufhebung von Grundrechte-Einschränkungen

Am 26. April hielt die Bundeskanzlerin ihren Impfgipfel mit den Länderchefs ab. Viel Konkretes kam dabei nicht heraus.

Von dvp
Höchste Zeit für die Aufhebung von Grundrechte-Einschränkungen
Eine Biontech-Pfizer-Impfdose (foto: Alfredo Mora - https://www.flickr.com/photos/190037699@N06/51049026753/ (CC BY-SA 2.0))

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) feierte den Gipfel dennoch als „Hoffnungs-Ministerpräsidentenkonferenz“. Außer vagen Hoffnungen ging von dort auch nichts aus.

 

Die Kanzlerin nannte als oberstes Ziel, "allen Menschen ihre Grundrechte schnellstmöglich wiederzugeben". So sollen der wachsenden Zahl von Geimpften genauso wie getesteten und von Corona genesenen Menschen Erleichterungen beim Einkaufen, beim Besuch kultureller Einrichtungen und bei der Einreise aus dem Ausland eingeräumt werden. Das ist nur recht und billig, doch Entscheidungen dazu wurden auf Mai vertagt.

 

Die Einschränkung von Grundrechten muss aufgehoben werden, sobald die Begründung dafür wegfällt. Die Impfung mit den bisher zugelassenen Impfstoffen schützt zuverlässig vor schweren Corona-Krankheitsverläufen. In allen bisherigen Untersuchungen zeichnet sich ab, dass sich mit dem Biontech- und Astrazeneca-Impfstoff geimpfte Menschen kaum mehr infizieren und so das Virus auch kaum mehr weitertragen können. Durch intensive Forschung und Nachverfolgung müssen diese Ergebnisse weiter verifiziert und gegebenenfalls modifiziert werden.

Ausgangssperren mit Gesundheitsschutz nicht zu rechtfertigen

Allerdings fragen sich Millionen bisher nicht geimpfter Menschen zu Recht, warum sie weiterhin erhebliche Einschränkungen hinnehmen müssen - wie derzeit die nächtliche Ausgangssperre, die nach Einschätzung fast aller Wissenschaftler für die Eindämmung der Infektionen weitgehend sinnlos ist. Die Einschränkung zahlreicher Grundrechte, die nicht dem Gesundheitsschutz dient, sondern nur dem Abbau bürgerlich-demokratischer Rechte und Freiheiten, muss umgehend aufgehoben werden.

 

Hätte die Regierung konsequenten Gesundheitsschutz in allen Bereichen - wie Massentestungen, Kontaktverfolgung und angesichts der dritten Welle der Pandemie einen konzentrierten, konsequenten Lockdown auch in den Industriebetrieben auf Kosten der Monopolprofite - durchgesetzt, würden auch gesundheitlich gebotene Beschränkungen wie Maskenpflicht und Abstandsgebot bald der Vergangenheit angehören.

Warum der BDA-Chef die Betriebsärzte entdeckt hat

Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Rainer Dulger, fordert, dass ungeachtet der bisherigen Priorisierung möglichst viel Impfstoff an die großen Konzerne und deren Betriebsärzte geliefert wird. Dort seien mittlerweile Impfzentren und Impfstraßen so vorbereitet, dass "direkt mit der Impfung gestartet werden kann". VW in Sachsen, Daimler in Stuttgart und BASF in Ludwigshafen sind Vorreiter, VW in Wolfsburg und Bayer stehen ebenfalls in den Startlöchern.

 

Man reibt sich verwundert die Augen. Bisher wollten die Konzerne und ihre Verbände von der Forderung der MLPD und anderer, die Impfkampagne vor allem über die Hausärzte und Betriebsärzte voranzubringen, nichts wissen. Allerdings will Dulger den Impfstoff möglichst auch von den Hausärzten an die Konzerne umleiten. Hier könne "deutlich effizienter geimpft werden als in Arztpraxen".

 

Der Sinneswandel in den Konzernzentralen hat weniger mit der Sorge um die Beschäftigten zu tun als vielmehr damit, dass mit einer raschen Durchimpfung der Beschäftigten Betriebsschließungen unter allen Umständen vermieden werden sollen. Gerade angesichts wieder wachsender Fälle von Corona-Hotspots in den Betrieben. Jüngstes Beispiel: Das Fahrzeugwerk von Brüggen in Lübtheen (Mecklenburg-Vorpommern). Heute wurden dort 180 Infizierte bei 1.000 Beschäftigten gemeldet. Das entspricht einer Inzidenz von 18.000 (!). Die Produktion muss für zwei Wochen ruhen.

Söder: In Firmen "mit das größte Ansteckungsrisiko"

Passend dazu gibt nun auch CSU-Chef Söder zu, "dass in Unternehmen ... mit das größte Ansteckungsrisiko" bestehe. Genau das hatten bürgerliche Politiker und Monopolverbände seit Monaten kategorisch bestritten. "Schnee von gestern" für Wendehals Söder - schließlich gilt es jetzt, die Impfkampagne der BDA zu rechtfertigen.

 

Natürlich ist gegen schnelles Impfen der Arbeiterinnen und Arbeiter durch Betriebsärzte nichts einzuwenden, wenn es genügend Impfstoff dafür gibt. Das ist aber immer noch nicht der Fall. Eine über 70-jährige Rote Fahne News-Leserin (Priorität 2) in Niedersachsen wartet bis heute auf einen Impftermin. Seit Wochen stehen sie und ihr Mann auf der Warteliste und haben sich zwischenzeitlich mit Covid-19 infiziert. Bis Ende April sollten in Niedersachsen alle über 70-jährigen ein Impfangebot erhalten. Am 27. April standen noch immer rund 430.000 Menschen auf der Warteliste.