Tarifrunde Berlin-Brandenburg-Sachsen
„Dafür haben wir nicht gestreikt!“
Gestern haben die Verhandlungsführer des Verbands der sächsischen Metall- und Elektroindustrie e.V. (VSME) und des Bezirks Berlin-Brandenburg-Sachsen der IG Metall in der hart umkämpften Tarifrunde ein Ergebnis präsentiert.
Fast 130.000 Metallerinnen und Metaller hatten sich zuvor am Streik zur Angleichung der Arbeitszeit beteiligt. 1800 Solidaritätserklärungen schrieben die Arbeiterinnen und Arbeiter aus ganz Deutschland. Die Unternehmerverbände gingen provokativ vor. Statt den Kampf auszuweiten, wurde ein fauler Kompromiss vereinbart.
Dem Ergebnis muss allerdings bis 31. Mai noch von den zuständigen Gremien zugestimmt werden. Noch sind nicht alle konkreten Ergebnisse aus den Verhandlungen veröffentlicht, doch die wichtigsten Eckpunkte sind klar:
- Der faule Kompromiss des Pilotabschlusses von NRW soll übernommen werden. Sprich: Eine weitere tarifliche Nullrunde, die Möglichkeit für Betriebe, die Arbeitszeit zeitweilig zu senken, wobei die Kollegen einen Teillohnausgleich aus der eigenen Tasche bezahlen müssen.
- Keine Einigung über eine Angleichung - weder in Form eines von der IG Metall geforderten „tariflichen Angleichungsgeldes“ noch in Form der von den allermeisten Kolleginnen und Kollegen gewünschten 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich.
- Stattdessen wurde „vereinbart, für den Einstieg in betriebliche Angleichungsprozesse bis zum 30. Juni 2021 einen tariflichen Rahmen zu schaffen,“ so Birgit Dietze, Verhandlungsführerin und IG-Metall-Bezirksleiterin Berlin-Brandenburg-Sachsen. [1]
- Während Birgit Dietze davon spricht, dass dabei festgelegt werden soll, „im Rahmen welcher Eckpfeiler sich die Betriebsparteien bewegen dürfen,“ meint der VSME in seiner Pressemitteilung schon klarer.:Man habe sich geeinigt, „im Juni 2021 Verhandlungen aufzunehmen mit dem Ziel, eine Tarifregelung zu schaffen, die freiwillige Betriebsvereinbarungen zur Angleichung ermöglicht und dazu Kompensationsleistungen regelt.“ [2]
Den 126.000 Kolleginnen und Kollegen, war in den drei Warnstreikwellen vor allem wichtig, endlich mit der Ungerechtigkeit der unterschiedlichen Arbeitszeiten und Löhne Schluss zu machen! Während die meisten Kolleginnen und Kollegen vor allem für die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich waren und subjektiv dafür auf die Straße gegangen sind, ist die IG-Metall-Führung dieser Auseinandersetzung ausgewichen und hat stattdessen ein „tarifliches Angleichungsgeld“ beschlossen.
Die Monopole und die Bundesregierung hatten ganz offensichtlich ein dringendes Interesse daran, die sich zu einem bundesweiten Politikum entwickelnde Tarifauseinandersetzung in Berlin-Brandenburg-Sachsen möglichst schnell zu beenden.
Das Ergebnis ist auch inakzeptabel angesichts all der Kolleginnen und Kollegen, die in ganz Deutschland die Solidarität organisiert und sich wie die Betriebsgruppen der MLPD für einen gemeinsamen Kampf stark gemacht haben. Eine Kollegin von VW sagt empört: „Dafür haben wir nicht gestreikt!“
Was bedeutet das Ergebnis, wenn es angenommen wird, konkret?
- Die Kapitalisten würden sich mit ihrem Diktat weitgehend durchsetzen! Was soll bei unverbindlichen Gesprächen schon rauskommen?
- Statt verbindliche Festlegungen im Flächentarifvertrag soll es lediglich „freiwillige betriebliche Vereinbarungen“ geben.
- Für mögliche Zugeständnisse sollen die Kolleginnen und Kollegen ihrerseits Zugeständnisse machen. Sprich, was die Kolleginnen und Kollegen in die eine Tasche bekommen, wollen die Kapitalisten ihnen aus der anderen wieder rausnehmen.
Es ist davon auszugehen, dass das vorliegende Verhandlungsergebnis nicht ohne Absprache und Zustimmung des Monopolverbands Gesamtmetall und dem IG-Metall-Bundesvorstand zustande kam. Diese Auseinandersetzung ist für alle Arbeiterinnen und Arbeiter, für die gesamte IG Metall bedeutsam, weil sie aufzeigt, welchen Kurs die Monopole künftig fahren wollen:
- Der Versuch der sächsischen Metallkapitalisten, die Warnstreiks der IG Metall verbieten zu lassen, zeigt, dass die Monopole selbst das auf Tariffragen beschränkte Streikrecht noch weiter einschränken wollen.
- Sie wollen den Flächentarifvertrag weiter aufweichen und durch einen Flickenteppich „freiwilliger Betriebsvereinbarungen“ ersetzen.
Unter vielen Gewerkschaftern gibt es bereits Kritik am Verhandlungsergebnis in Sachsen. Es ist im Sinne der Arbeiterinteressen richtig, das abzulehnen! Schickt Briefe und Erklärungen an die Tarifkommission der IG Metall, gebt Euren Mitgliedern der Tarifkommission klare Aufträge! Stärken wir die Gewerkschaften als Kampforganisationen!