Dramatische Zuspitzung in Israel / Palästina
Vor einer dritten Intifada?
Seit Tagen protestieren in Ostjerusalem und in der Jerusalemer Altstadt Tausende Palästinenser gegen Zwangsräumungen im Stadtviertel Sheikh Jarrah und Provokationen des israelischen Staatsapparats. Dieser geht gegen die Proteste mit brutaler Gewalt vor. Es sind die härtesten Zusammenstöße seit 2017.
Reaktionäre und auch faschistische zionistische Siedler betreiben unter dem Schutz der Netanjahu-Regierung mit aller Gewalt die Zwangsräumung von Wohnungen und Häusern der palästinensischen Bevölkerung im Ostjerusalemer Stadtteil Sheikh Jarrah. Israel hat den Ostteil der Stadt 1967 besetzt und später völkerrechtswidrig annektiert. Die Siedler versuchen, in arabischen Vierteln Ost-Jerusalems Fuß zu fassen. Arabische Familien haben Räumungsbescheide erhalten, wenn sie nicht Folge leisten, droht die Zwangsräumung.
Die Räumungsklagen wurden von der Organisation Nahalat Shimon eingereicht. Sie will das Land von zwei jüdischen Organisationen gekauft haben, die das Stück Land bereits Ende des 19. Jahrhunderts (!) im Besitz gehabt haben sollen. Die imperialistische israelische Gesetzgebung verwehrt es Palästinensern, Besitztum oder Entschädigung für Besitz einklagen zu können, den sie im Zuge des Israelisch-Arabischen Kriegs von 1948 verloren haben - anders als Israelis, die damals verlorenes Besitztum einklagen können. Das ist Besatzungsrecht! "Die legale Grundlage dieser Räumungen ist eine diskriminierende Gesetzgebung," sagt Hagit Ofran von Peace Now, einer israelischen Anti-Siedlungs-Organisation.
Die fortschrittliche israelische Publizistin Amira Hass, selbst Jüdin, schreibt in der israelischen Zeitung Haaretz: "Jeden Tag liefert Israel den Palästinensern Dutzende guter Gründe, um eine neue Intifada zu entfachen, einen Volksaufstand. Das palästinensische Volk - einschließlich der Bevölkerung von Ost-Jerusalem - wird von fremder Polizei und fremdem Militär unterdrückt und provoziert."
Nach Angaben des Palästinensischen Roten Halbmondes wurden 305 Menschen verletzt, sieben davon lebensgefährlich. Knapp 290 Menschen seien in Krankenhäusern behandelt worden. Eine ungeheure Provokation der palästinensischen Bevölkerung ist es, dass israelische Polizeikräfte über das Gelände der al-Aqsa-Moschee marschierten, über die Gebetsteppiche der muslimischen Gläubigen trampelten. Israelisches Militär feuerte gummi-ummantelte Stahlgeschosse, Tränengas und Blendgranaten auf palästinensische Gläubige. Weiter verschärft wurde die Lage durch die Vorbereitungen der ultrarechten jüdischen Organisation Lehava auf den sogenannten Jerusalem-Tag und einen nationalistischen zionistischen Marsch aus diesem Anlass. Es ist der Tag, an dem Ostjerusalem 1967 von Israel besetzt wurde.
Ibrahim Ibrahim vom Demokratischen Komitee Palästinas e.V. sagte heute im Gespräch mit der Roten Fahne:
„Die Zusammenstöße in Jerusalem ereignen sich seit Beginn des Fastenmonats Ramadan. Zionistische Siedler wollten in dieser für gläubige Palästinenser und Araber wichtigen Zeit mit Israel-Fahnen durch die Al-Axa-Moschee ziehen. Das und die Versuche, die Al-Axa-Moschee aus dem Zentrum Jerusalems zu verlagern, ist eine Provokation, gegen die viele Menschen protestieren, nicht nur Gläubige - auch Atheisten und Kommunisten sind darunter.
Seitdem Donald Trump die US-amerikanische Botschaft nach Jerusalem verlegt und Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt hat, erleben wir systematische Vertreibung durch zionistische jüdische Siedler. Aktuell sollen 500 Menschen aus ihren Häusern in Ostjerusalem vertrieben werden. Das ist ethnische Säuberung. Sie betrifft nicht nur Jerusalem, sondern auch Westbank und Haifa, und weitere Städte wie Om-al-haem-Fahem, in denen schon vor 1948 Palästinenser gelebt haben.
In den Medien im Westen werden die Proteste nur als Aktivitäten der Hamas dargestellt, um sie zu diffamieren. Das stimmt aber nicht. Viele palästinensische Kräfte sind daran beteiligt. Inzwischen haben sich die Proteste zu einem Aufstand gegen rassistische Siedler und israelische Soldaten entwickelt. Wir haben die Hoffnung, dass sich aus dieser Entwicklung eine dritte Intifada herausbildet. Aber eine Intifada ist es noch nicht. Dazu brauchen die Proteste eine Führung, in der die verschiedenen palästinensischen Organisationen zusammenarbeiten. Und der Kampf braucht eine Perspektive.
Wir unterscheiden uns in der Ideologie grundlegend von der Hamas. Wir vom Demokratischen Komitee Palästinas e.V. und den Sympathisanten der PFLP kämpfen für das Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes, das erste Etappenziel ist ein eigener unabhängiger palästinensischer Staat. Unser strategisches Ziel ist ein demokratisches, ein sozialistisches Palästina, in dem alle Menschen dieser Region, egal welcher Hautfarbe oder Religion gleichberechtigt zusammenleben.
Weltweit haben am vergangenen Sonntag Solidaritätsdemonstrationen mit dem palästinensischen Befreiungskampf stattgefunden, auch in Deutschland. U.a. in Berlin werden wir auch an diesem Sonntag auf die Straße gehen“.
Die Situation spitzt sich immer mehr zu und überschreitet bereits die Schwelle zu einer kriegerischen Auseinandersetzung.
Die MLPD erklärt ihre Solidarität mit dem berechtigten Befreiungskampf des palästinensischen Volkes. Die Aggression gegen das palästinensische Volk geht eindeutig vom imperialistischen Staat Israel aus. Die MLPD lehnt zugleich islamisch verbrämte faschistische Organisationen wie den "Islamischen Dschihad" oder reaktionär-fundamentalistische Kräfte wie die Hamas grundsätzlich ab, die Raketen auf israelische Zivilisten abschießt. Das nimmt Israel wiederum zum Vorwand für Flugzeugangriffe auf den Gazastreifen.
Die MLPD tritt ein für:
- Stoppt die zionistische Aggression!
- Für eine demokratische und gerechte zwei-Staaten-Lösung auf dem Weg zu einem freien demokratischen Palästina!
- Gegen Imperialismus, Zionismus, arabische Reaktion und islamisch verbrämten Faschismus!
- Solidarität mit dem Kampf um nationale und soziale Befreiung in Palästina!
- Kampf für Frieden, Völkerfreundschaft – Sozialismus!
- Gib Antikommunismus, Faschismus, Rassismus und Antisemitismus keine Chance!
- Hoch die internationale Solidarität!