Volksaufstand

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Massenrebellion in Kolumbien

Am Mittwoch, dem 15. Tag der landesweiten Protesbewegung in Kolumbien, demonstrierten erneut Zehntausende beim nationalen Streiktag "paro nacional". In einem Telefonat mit dem Vertreter der ICOR aus Kolumbien drückte ICOR-Hauptkoordinatorin Monika Gärtner-Engel die Solidarität der ICOR aus und informierte sich über die Entwicklung.

Von dm
Massenrebellion in Kolumbien

Er berichtet aktuell: "Eine ungeheure Masse an Leuten füllte die Straßen. Vor allem Jugendliche demonstrierten nicht nur in der Hauptstadt Bogotá, sondern auch in den anderen Städten und sehr vielen Orten. Regierung und Presse hatten überhaupt nicht damit gerechnet. Sie dachten, durch die extreme faschistische Gewalt von Polizei und Militär gegen Demonstranten, die schon 42 Tote gefordert hat, wären die Leute eingeschüchtert. Das Gegenteil ist der Fall! Es sind inzwischen sicher 12 Millionen Menschen beteiligt. Man kann von einer Art Volksaufstand reden. Präsident Duque gibt vor, einen Dialog mit der Jugend zu suchen, aber er spricht nur mit Leuten aus den reaktionären Parteien, nie und nimmer mit der Basis. Die allgemeine Forderung der Bewegung ist jetzt: 'Die Regierung muss die Brutalität der Repression eingestehen und sich entschuldigen! Schluss mit der Militarisierung!''"

 

Eine massive faschistisch geprägte antikommunistische Hetze wird in Kolumbien losgetreten. Der Volkswiderstand wird dabei als "Narcoterrorismus" mit der Rauschgiftmafia in Verbindung gebracht. In Wahrheit ist es so, dass die Rauschgiftmafia in der Regierung ihren Platz hat. Ihre Banden sind die faschistischen Stoßtrupps gegen die Proteste, sie morden, entführen, foltern. Besonders in der Stadt Cali organisieren Polizei- und Militäreinheiten mit einem faschistischen Mob Hetzjagden gegen Demonstranten. Gleichzeitig versucht der Präsident Duque, mit Bonbons die Proteste zu besänftigen, wie eine Reduzierung der Studiengebühren, was die Leute erst recht empört und sie ermutigt, weiter zu kämpfen und sich zusammenzuschließen.

 

Der ICOR-Vertreter berichtet: "Die Hauptkraft der Bewegung ist derzeit die Jugend. Die Regierung vergießt das Blut der Mädchen und Jungens. Die Masse sind jugendliche Arbeitslose und Jungarbeiter – durch die Pandemie sind sie oft besonders betroffen, natürlich auch Schüler und Studenten. Industriebetriebe und Bergwerke werden im Moment nicht bestreikt. Aber viele Industriearbeiter sind aktiv am "paro" beteiligt: Oft sind sie an ihren Wohnorten aktiv, das hat gerade bei den Bergleuten Tradition. Ein Novum ist auch, dass nach einer kürzlichen Umfrage 75% der Bevölkerung den 'paro nacional' unterstützen."

 

Und weiter: "So etwas habe ich noch nie erlebt. Es ist eine sehr komplizierte und eine sehr schöne Situation! Trotz der Repression sind die Leute nicht niedergedrückt, sondern es herrscht eine revolutionäre Stimmung. An vielen Orten werden Volksversammlungen gebildet, um sich zu beraten und den Kampf weiter zu planen und abzustimmen. Eine wichtige Frage ist die Führung. Das nationale Streikkomitee setzt sich v.a. aus den Gewerkschaftszentralen zusammen. Es gibt eine Auseinandersetzung, dass diese zentrale Führung ausgeweitet wird auf Organisationen, die an den Erhebungen beteiligt sind, wie besonders der Jugend. Das ist wichtig gegen Spaltungsversuche, um die einheitliche Organisiertheit zu stärken. Das Bestreben, sich zu organisieren, nimmt allgemein zu, meist noch vor allem bezogen auf die derzeitige Bewegung. Der Wunsch nach einem 'anderen, besseren Kolumbien' wird überall laut. Das ist der Boden, um zu diskutieren, wie das möglich werden kann, warum der Sozialismus die Alternative ist."

 

Monika Gärtner-Engel wünschte alles Gute und viel Erfolg für den weiteren Kampf. Sie sagte, dass nach ihrer persönlichen Meinung die Kämpfe in Kolumbien derzeit die fortgeschrittensten sind weltweit. Die Erfahrungen in Kolumbien sind auch ein Lehrbeispiel für kommende noch härtere Zeiten für die Arbeiter und Unterdrückten in der Welt, wo ähnliche Entwicklungen in vielen Ländern zu erwarten sind. Deshalb wird die revolutionäre Weltorganisation ICOR weltweit darüber informieren - Informationen aus erster Hand verbreiten, die man sonst nirgendwo erhält. In vielen Ländern werden die Menschen die Solidarität organisieren. Die länderübergreifende Kooperation und Koordination stärken heißt auch, dass die ICOR-Organisationen aus dem Kampf der kolumbianischen Volksmassen Schlussfolgerungen für ihr eigenes Land ziehen.