Linkspartei
Streit um zweierlei Postmodernismus
Die Linkspartei hat bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt mit einem Minus von 5,4 Prozentpunkten die größten Verluste aller Parteien eingefahren. Dabei hatte der Landesvorsitzende Stefan Gebhardt ein Wahlziel von 20 Prozent plus X ausgerufen gehabt.
Damit setzt sich ein Trend fort. In Brandenburg war DIE LINKE schon 2019 auf 10,7 Prozent abgestürzt, in Sachsen kam sie im selben Jahr auf 10,4 Prozent. Ein Faktor für das schlechte Abschneiden der Linkspartei war, dass die Sachsen-Anhalt-Wahl eine "Anti-AfD-Wahl" war.
Absurde Spalterlosung
Im Internet kommentiert ein Wähler: "Partei der sozialen Gerechtigkeit? Seit Beginn dieser Krise hat sie sich allerdings ausgeprägt bundesregierungskonform und viel zu wenig kritisch hinterfragend gezeigt. Leider!!! Bis zum heutigen Tage." Nur noch jeder fünfte Befragte in Sachsen-Anhalt schreibt der Linken eine "sehr hohe Kompetenz" zu, wenn es um die Sorgen und Nöte der Leute geht; da kommt die CDU noch besser weg (21 Prozent). Das habe weh getan, sagte die Spitzenkandidatin in Sachsen-Anhalt, Eva von Angern. Allen Ernstes wollte sie "die Ost-West-Unterschiede" mit dem absurden Wahlplakat "Nehmt den Wessis das Kommando" aufgreifen. Die hanebüchene Tatsache, dass 30 Jahre nach der Wiedervereinigung Arbeiterinnen und Arbeiter in Ostdeutschland immer noch weniger verdienen, eine längere Arbeitszeit haben und auch die Renten noch nicht angeglichen sind, empört die Menschen in Ostdeutschland, sie empfinden dies zu Recht als Riesenungerechtigkeit. Was sie ganz und gar nicht brauchen, ist eine spalterische Parole von einer Partei, die sich links nennt und gibt. Wenn manche Politikerinnen und Politiker der Linkspartei ohne jedes Fingerspitzengefühl die Lebensleistung der Menschen in der DDR kleinreden, sorgt dies weiter für berechtigten Unmut. Zumal diese Leute auch aus antikommunistischen Motiven die hoffnungsvollen Ansätze des sozialistischen Aufbaus in den Anfangsjahren attackieren.
Das Kreuz der Linkspartei: Ihr Postmodernismus*
In vielen Fragen stellt die Linkspartei fortschrittliche Forderungen auf, man kann mit ihr in der antifaschistischen Arbeit, der Flüchtlings-Solidarität, dem Kampf um finanzierbaren Wohnraum für die Massen, dem Kampf zur Überwindung der Corona-Pandemie und anderen Bereichen gut zusammenarbeiten. Aber sie schätzt die Arbeiterklasse gering, leugnet ihre führende Rolle und zum Teil sogar ihre Existenz. Dabei gibt es in Ostdeutschland die modernsten Großbetriebe der Automobilindustrie. Tausende Metaller haben sich wochenlang in der Tarifrunde in den Bezirken Brandenburg - Berlin - Sachsen an Warnstreiks und Aktionen beteiligt, um für die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, die Angleichung Ost-West zu kämpfen. Die MLPD hat dafür gesorgt, dass dieser Kampf als Kampf der gesamten deutschen Arbeiterklasse geführt wird.
Das Kreuz der Linkspartei ist, dass sie sich an die postmodernistische Weltanschauung der Herrschenden komplett angepasst hat. Damit macht man seinen Frieden mit dem Kapitalismus. Zum diesjährigen 1. Mai machte der Linken-Bundestagswahlkandidat Dietmar Bartsch die Entdeckung: "Es wird wieder Klassenkampf geben. Angesichts der steigenden Zahl von Kurzarbeitern und der für viele drohenden Arbeitslosigkeit sind Gewerkschaften und sozial engagierte Parteien deshalb besonders gefragt." Der Klassenkampf ist aber nichts, was es in Zukunft geben wird, und er besteht auch nicht hauptsächlich aus dem Abwehrkampf von Arbeitslosigkeit. Vonseiten der Arbeiterklasse ist es ein Freiheitskampf für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung. Da hat Dietmar Bartsch seine postmodernistische Gesinnung nur ein wenig verklausuliert. DieTatsächlich wächst das internationale Industrieproleriat. Die MLPD als revolutionäre Arbeiterpartei gründet ihre Arbeit auf die feste Überzeugung, dass die internationale Arbeiterklasse die führende Rolle in der Vorbereitung der internationalen Revolution spielt.
Wagenknechts "Gegenprogramm" ist nicht weniger postmodernistisch
Gleich am Wahlabend trat Sahra Wagenknecht bei Anne Will auf und erläuterte das Wahldebakel. Dabei brachte sie richtige Kritik vor, an einem abgehobenen Politikstil, der sich auf "Gendersternchen und Lifestyle-Fragen“ konzentriere, von den Sorgen und Nöten der "kleinen Leute" nichts wissen will, sich nicht konsequent für einen bundesweiten Mietendeckel einsetze und anderes mehr. Allerdings hat die einstmalige Ikone der kommunistischen Plattform mit ihrer sang- und klanglos gescheiterten "Aufstehen"-Bewegung auch nicht die Arbeiterinnen und Arbeiter zusammengeschlossen. In ihrem neuen Buch "Die Selbstgerechten" trauert Wagenknecht noch einmal um den angeblichen Sozialstaat vor der Zeit des durch die Internationalisierung der Produktion "entfesselten Kapitalismus". Im früheren "Sozialstaat" (ein Mythos) hätten Arbeiter und Unternehmer gleichermaßen ihr Auskommen gehabt. In Verkennung der Realität sagt sie: "Bereits Mitte der Siebziger zeigten sich die ersten Anfänge einer Entwicklung, die den gesellschaftlichen Einfluss der Industriearbeiterschaft in den folgenden Jahrzehnten mehr und mehr zurückdrängen … sollte“. Die Hauptklassen sind nun das sogenannte Prekariat als "Verlierer der Globalisierung" und die "neue Mittelschicht" als Gewinner. Kapitalisten, Monopole und Arbeiter sucht man vergeblich, ebenso den fortschrittlichen Stimmungsumschwung unter den Massen. Wagenknechts Programm "Zusammenhalt und Gemeinsinn" ist ein antikommunistisches Klassenzusammenarbeitsprogramm. In ihrer überheblichen herablassenden Einstellung gegenüber den Arbeitern meint sie, durch Übernahme reaktionärer Standpunkte diese gewinnen zu können. So positioniert sie sich gegen das Recht auf Flucht und gegen den Umweltprotest.
Der Streit zwischen den Fraktionen in der Linkspartei ist ein Streit zwischen verschiedenen Ausformungen der bürgerlichen postmodernistischen Weltanschauung und offenbart eine tiefe Krise. Die MLPD wird in ihrer Offensive für den echten Sozialismus und gegen den Antikommunismus mit ihrem Profil der revolutionären Arbeiterpartei punkten und mit ihren Direktkandidaten und -kandidatinnen, neuen Politikerinnen und Politikern. Es ist das Alleinstellungsmerkmal der MLPD, dass sie sämtliche gesellschaftliche Auseinandersetzungen, den Kampf der Arbeiter, die Befreiung der Frau, den Kampf gegen die Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur vom proletarischen Klassenstandpunkt aus angeht.