Hamburg

Hamburg

Esther Bejarano im Alter von 96 Jahren gestorben

Das Herz einer großen Kämpferin hat aufgehört zu schlagen: Heute Nacht ist Esther Bejarano, Überlebende der faschistischen Konzentrationslager Auschwitz und Ravensbrück, im Alter von 96 Jahren gestorben.

gis
Esther Bejarano im Alter von 96 Jahren gestorben

Den 3. Mai 1945 nannte sie ihren zweiten Geburtstag: An diesem Tag trafen Soldaten der Roten Armee und der US-Armee kurz nacheinander in der kleinen Stadt Lübz ein, wo sie mit einigen Freundinnen aus dem KZ Ravensbrück Unterschlupf gefunden hatte, nachdem sie gemeinsam dem Todesmarsch entflohen waren. Als unermüdliche antifaschistische Zeitzeugin trat sie jeder Verharmlosung von Faschismus, Rassismus und Antisemitismus entgegen.

 

Noch am diesjährigen 8. Mai forderte sie als eine der letzten Holocaust-Überlebenden, dass der Jahrestag der Befreiung vom Hitlerfaschismus endlich gesetzlicher Feiertag in Deutschland werden müsse. "Wir erinnern uns, um zu verändern. Der Schlüssel dafür ist die Jugend. ...Ich fordere: Der 8. Mai muss ein Feiertag werden! Ein Tag, an dem die Befreiung der Menschheit vom NS-Regime gefeiert werden kann. Das ist überfällig seit sieben Jahrzehnten. Und hilft vielleicht, endlich zu begreifen, dass der 8. Mai 1945 der Tag der Befreiung war, der Niederschla­gung des NS-Regimes. Am 8. Mai wäre dann Gelegenheit, über die großen Hoffnungen der Menschheit nachzudenken: Über Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – und Schwesterlichkeit."

 

Bis ans Ende ihres langen Lebens nahm Esther Bejarano aktiv an der gesellschaftlichen Auseinandersetzung teil. Sie war empört über neofaschistische Umtriebe und darüber, dass der deutsche Staatsapparat oft nicht gegen diese Umtriebe vorging. Die Rechtsentwicklung der Regierungen und der bürgerlichen Parteien waren ihr ein Dorn im Auge; entschieden prangerte sie den Versuch an, der VVN-BdA die Gemeinnützigkeit zu entziehen.

 

Sie setzte sich für den Befreiungskampf des palästinensischen Volks ein. Sie habe bereits schon bald nach Ende des II. Weltkrieges, in den ersten Jahren ihres Aufenthalts in Palästina bzw. Israel, zu den damaligen Repräsentanten des Zionismus, David ben Gurion und Golda Meir, Widerspruch gehabt. Diese hatten die Losung ausgegeben: „Das Land gehört uns.“ Nachdem sie, Bejarano, sich gemeinsam mit ihrem Mann offen gegen diese Position gestellt habe, seien sie beide derartigen Repressionen ausgesetzt gewesen, dass sie sich zur Auswanderung gezwungen sahen und nach Deutschland ausgereist seien. „Ich bin der Meinung, die Palästinenser haben das Recht, sich gegen das, was Israel ihnen antut, zur Wehr zu setzen. Das ist völlig berechtigt. Sollen wir zulassen, dass sie von den Israelis umgebracht werden?"

 

Dass sie - selbst Jüdin, selbst Holocaust-Überlebende - für diese Position von einigen Reaktionären des Antisemitismus bezichtigt wurde, fand sie und fanden mit ihr viele Demokraten empörend. Die MLPD wird Esther Bejarano ein ehrendes Andenken bewahren.