Flutkatastrophe

Flutkatastrophe

RWE trägt Mitverantwortung für die regionale Umweltkatastrophe

Doch, ihr Herren Minister Laschet, Reul und Seehofer, es ist genau die richtige Zeit, jetzt nach den Ursachen der Katastrophe zu forschen. Das gehört zum Mitgefühl mit den schwer Betroffenen und ist ihnen und künftigen Generationen gegenüber eine große Verpflichtung.

Von Korrespondent aus Wuppertal
RWE trägt Mitverantwortung für die regionale Umweltkatastrophe
Braunkohle-Tagebau Hambach (foto: Elsdorf-blog.de (CC BY 3.0))

Vertagen ist feige Spurenverwischung und liegt ganz auf der Linie, dass es mit einigen Verbesserungen und rechtzeitigen Warnhinweisen getan wäre. CSU-Chef Markus Söder hält die Katastrophe gar für einen „unglaublichen Weckruf der Natur“. Wer schlaftrunken ist von Sirenengesängen der Profitwirtschaft, ist blind für die seit die 2008 weltweit immer häufigeren und stärkeren Überschwemmungen, Stürme, Fluten und Erdrutsche – sowie für die seit Jahrzehnten veröffentlichten wissenschaftlichen Warnhinweise. Das betrifft insbesondere die dramatischen klimatischen Veränderungen durch die Erderwärmung und die Instabilität der Jetstreams, aber auch die zunehmende Versiegelung der Böden, den Ausbau der Siedlungen an Flussläufen, die schleppende Renaturierung begradigter Flussläufe und so weiter.

 

Kaum erwähnt und tunlichst verschwiegen wird eine Spur, die zum Braunkohletageabbau durch RWE führt. Mit der Kohleverbrennung ist RWE einer der größten Klimakiller in Europa und mitverantwortlich für den beschleunigten Übergang zu einer globalen Klimakatastrophe. Der höchstprofitable Tagebau untergrub die ganze Region mit gravierenden Auswirkungen auf ihr Ökosystem, Wasserhaltung und Fließgewässer. In Wechselwirkung mit den Extremniederschlägen erklärt sich so die besondere Betroffenheit von Erftstadt und Umgebung.

Wasser sucht sich seinen Weg!

Für den Braunkohletagebau wurden unter anderem:

  • der Grundwasserspiegel gesenkt; nach Ende des Kohleabbau steigt er langwierig wieder an;
  • riesige Flächen landwirtschaftlicher Nutzflächen sowie Wald vernichtet. Die Rekultivierung führt nicht dazu, dass neue Ackerflächen die gleiche Erdschichtung und Bodenbeschaffenheit haben werden;
  • der Fluss Erft fünfmal komplett verlegt sowie im Zuge des Tagebaus Inden ein etwa fünf Kilometer langer Flussabschnitt der Inde (die Erft hat sich mit der jetzigen Hochwasserkatastrophe wieder ihr altes Bett gesucht und die Grube Hambach geflutet; die Inde überspülte einen Deich und fand den Weg in die Grube Inden);
  • die riesigen Abbaugruben nur in geringem Teil verfüllt, stattdessen wurden die Gruben geflutet und es entstanden eine ganze Reihe großer künstlicher Seen: Der Liblarer See liegt nur neu Kilometer vom hauptbetroffenen Erftstadt-Blessem entfernt. Gegen Proteste aus der Bevölkerung, von Umweltverbänden und der Stadt Düren ist für das Ende des Tagebaus wegen der hohen Verfüllungskosten eine Riesenflutung in Vorbereitung, unter Einbeziehung der Rur, gegebenenfalls des Rheins. Dieser „Indesche Ozean“ hat dann eine Fläche von 1.100 Hektar, rund 180 Meter Tiefe und ein Volumen von 800 Millionen Kubikmetern. Der endgültige Pegel soll im Jahr 2065 erreicht und ab 2035 eine Nutzung möglich sein mit Wassersport und so weiter. RWE posaunt, dass sie alles im Griff haben, keine Schäden durch Abbruchkanten und Fluten zu befürchten seien.
  • für den vorrückenden Kohleabbau Bundesstraßen verlegt - die Autobahn A44 um einen Kilometer -, ein Teilstück der A61 abgerissen und 2018 das neue Autobahnkreuz Jackerath freigegeben (Kosten: 110 Millionen Euro, 55 Millionen aus Landesmitteln). Das wirft die Frage auf, ob eine gründliche Prüfung der Bodenbeschaffenheit stattfand - unter Berücksichtigung von starkem Verkehrsaufkommen, Flussnähe, möglicher Wassereinbrüche und Klimaveränderungen. Auf die Frage, warum auf einmal der Erdboden nachgibt und viele Meter tiefe Abbruchstellen entstehen wie in Erftstadt-Blessem erklärt Prof. Jürgen Herget, Geomorphologie-Professor der Uni Bonn: „Der Erdboden besteht im Wesentlichen aus feinkörnigen Bestandteilen. Zwischen diesen Körnern gibt es kleine Hohlräume. Füllen diese sich mit Wasser – wie es derzeit beim Hochwasser durch den Niederschlag oder das Hochwasser selbst der Fall ist – wird der Boden schwerer. Liegt er beispielsweise an einem Hang, rutscht er leichter ab.“1

 

Extremregen-Niederschläge erzeugen einen ungeheuren Druck. Man kann nur erahnen, wie sich dies auf die künstlichen Seen, Fließgewässer und Wasserhaltung im ganzen Gebiet ausgewirkt hat und künftig auswirkt.

 

Der Vertrag der Bundesregierung mit der RWE vom 10. Februar 2021 zum Braunkohleausstieg muss sofort gekündigt und das Ende des Tagebaus direkt zeitnah vollzogen werden. Es gibt genug zu tun angesichts der von RWE mitverursachten Hochwasserschäden. Das schafft auch für die Braunkohlekumpel und Beschäftigten der Kraftwerke ausreichend vergleichbare Ersatzarbeitsplätze. Die 2,6 Milliarden Euro, die RWE zur Deckung sogenannter Tagebaufolgekosten aus Steuergeldern abkassieren will, sind sofort für die betroffenen Menschen in der Region und die Kommunen zur Verfügung zu stellen.

 

Renaturierung auf Kosten von RWE, statt unverantwortliche Flutung von Gruben!

Solidarität, aktiver Widerstand und ein gesellschaftsverändernder Kampf zur Rettung der Umwelt vor der Profitwirtschaft sind das Gebot der Stunde!

 

Hier ein Artikel zum Kohlekraftwerk Datteln IV, das Mehremissionen von 40 Millionen Tonnen des Treibhausgases CO2 verursacht