100-Tage-Sofortprogramm der Grünen
Greenwashing auf Kosten der Masse der Bevölkerung
Annalena Baerbock und Robert Habeck stellten am 2. August das neue „Sofortprogramm für die nächste Bundesregierung“ der Grünen vor. Bescheiden erklären sie es zum “größten Klimaschutzpaket, dass es jemals gegeben hat“.
Die Grünen-Führung versucht damit, wieder aus dem Umfragetief im Vorfeld der Bundestagswahl zu kommen, indem sie von der breiten gesellschaftlichen Diskussion über die Flutkatastrophe im Westen Deutschlands und den Zusammenhang zur Umweltkrise profitieren.
Dazu greifen die Grünen auch einzelne Forderungen der Umweltbewegung auf. So soll der Ausbau von Wind- und Solarenergie um das Dreifache gegenüber dem bisherigen Tempo beschleunigt werden - was keine Kunst ist, wurde dieses doch von der Bundesregierung drastisch gedrosselt. Den Ausstieg aus der Kohleverbrennung wollen Baerbock und Habeck schon bis 2030 verwirklichen statt erst bis 2038, wie es der von der Bundesregierung ausgehandelte "Kohlekompromiss" vorsieht.
Grüne wollen "Investitionssicherheit" garantieren
Der eigentliche Kern des Programms ist jedoch die Stärkung der Konkurrenzfähigkeit der Monopole bei gleichzeitiger Abwälzung der Folgen der Umweltkrise auf die breiten Massen. So sollen „klimafreundliche Investitionen angereizt und abgesichert werden“, unter anderem durch verschiedene Förderprogramme. Mit „Klimaschutzverträgen“, die „finanziert werden … aus Haushaltsmitteln“, soll den Konzernen dafür "Investitionssicherheit" garantiert werden. So werden die Investitionen für die Monopole vergesellschaftet, während die daraus resultierenden Gewinne von ihnen weiterhin ganz privat einkassiert werden.
Gerechtfertigt wird das mit der angeblichen "Gefährdung des Industriestandorts Deutschland", wenn die Unternehmen im Kampf um "grüne Technologien" abgehängt würden. Stattdessen wollen die Grünen unter anderem „den Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur ... staatlich vorfinanzieren und vorantreiben“. Schon die Bezeichnung "grüne Technologien" in diesem Zusammenhang ist Betrug. Frankreich will etwa Atomstrom für die Wasserstofferzeugung einsetzen, die europäischen Stahlkonzerne Erdgas. Das daraus resultierende CO₂ soll in der Nordsee verpresst werden. Das nennt sich dann „Klimaneutralität“.
Trotz "Energiegeld" Mehrbelastungen für die Massen
Das 100-Tage-Sofortprogramm der Grünen verspricht den Konzernen Steuererleichterungen und Subventionen. Die Masse der Bevölkerung hat mit weiter steigenden Heizkosten, Mieten und Treibstoffkosten zu rechnen. Bereits bis 2023 wollen die Grünen den CO₂-Preis auf 60 Euro pro Tonne erhöhen. Das ergäbe allein beim Benzin ein Plus von 16,8 Cent pro Liter.
Ein Vierpersonenhaushalt würde durch die höheren Heiz- und Spritkosten um mindestens 477 Euro netto im Jahr mehr belastet werden.1 Im Gegenzug versprechen die Grünen ein Energiegeld von 75 Euro pro Kopf und Jahr. Selbst wenn dieser Ausgleich käme, blieben unterm Strich über 177 Euro Mehrkosten. Und der CO₂-Preis von 60 Euro pro Tonne soll nach dem Willen der Grünen erst der Einstieg sein und schrittweise weiter angehoben werden!
Verharmlosung der Umweltkrise
Zugleich verharmlost die Grünen-Führung die tatsächliche Dramatik der Umweltkrise. Die Klimakrise als Teil der gesamten Umweltkrise geht heute in eine globale Klimakatastrophe über, die mit dem völlig unzureichenden und unverbindlichen 1,5-Grad-Ziel der Pariser Klimakonferenz nicht verhindert werden kann. Eine aktuelle Risiko-Analyse des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung zeigt, dass Dominoeffekte - bei denen das Kippen eines Elements2 weitere Kipppunkte auslöst - bereits bei einer Klimaerwärmung zwischen ein bis zwei Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit auftreten.
Vor allem steht die Veränderung des Weltklimas in Wechselwirkung mit den anderen Hauptfaktoren des Übergangs zu einer globalen Umweltkatastrophe, wie unter anderem der drohenden Gefahr umkippender Weltmeere, dem rücksichtslosen Raubbau an Rohstoffen, dem Artensterben oder eine weltweiten Vermüllung der Erde. Kein Wort dazu im Grünen-Sofortprogramm.
Große Versprechungen und grüne Realpolitik
Ebensowenig über den notwendigen weltweiten Widerstand gegen die drohende globale Umweltkatastrophe. Und die wenigen unterstützenswerten Maßnahmen in ihrem Programm stehen selbstverständlich unter dem Vorbehalt zukünftiger Koalitionsverhandlungen, an deren Ende bekanntlich weitere "Kompromisse" zu Gunsten der Interessen der Herrschenden stehen werden.
Erinnert sei auch an die Realpolitik der Grünen in den Regierungen, an denen sie beteiligt waren oder sind. Es war die letzte SPD/Grünen-Landesregierung in Nordrhein-Westfalen, die dem weiteren Ausbau des Braunkohletagebaus und der Rodung des Hambacher Walds genauso zugestimmt hat, wie dem Bau und der Inbetriebnahme des neuen Kohlekraftwerks Datteln IV. In Hessen treiben die Grünen gemeinsam mit der CDU den Ausbau der A49 gegen den Widerstand von Umweltschützern voran.
"Stopp CO2-Steuer! Umweltschutz auf Kosten der Konzerne!"
Stefan Engel, Leiter der Redaktion des theoretischen Organs der MLPD, polemisierte auf der Kundgebung in Erfurt am 3. August erfrischend gegen die Umweltpolitik der bürgerlichen Parteien, die weder gewillt noch in der Lage sind, wirksam gegen die globale Umweltkrise vorzugehen: "Die allermeisten vollmundigen Ankündigungen der bürgerlichen Politiker wurden nicht umgesetzt. Denn wer nicht bereit ist, gegen die Profitinteressen der Monopole vorzugehen, der kann die Umwelt auch nicht retten."
Die Internationalistische Liste / MLPD steht im Unterschied dazu für einen gesellschaftsverändernden Umweltkampf. Sie lehnt Umweltpolitik auf dem Rücken der Massen entschieden ab. Dafür steht ihre Losung: "Stopp CO2-Steuer! Umweltschutz auf Kosten der Konzerne!"
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