1. September
Antikriegstag 2021: Kämpferische Kundgebungen und Demonstrationen
Am gestrigen Antikriegstag 2021 fanden Kundgebungen und Demonstrationen in über 180 Städten statt, von DGB, Friedensbündnissen, vom Internationalistischen Bündnis oder von weiteren kämpferischen Aktionseinheiten organisiert.
Die MLPD hatte dazu mit einem Aufruf mobilisiert (siehe hier)
In Hamburg demonstrierten 800 Menschen: „In den Reden am offenen Mikrofon, mit Livemusik und Sprechchören wurde jede imperialistische Politik angegriffen. Dies war nicht unumstritten, da es auch Stimmen gab, die mit der Losung 'Frieden mit China und Russland' versuchten, diese imperialistischen Räuber aus der Schusslinie zu nehmen. Gerade die leidvolle Geschichte Afghanistans zeigt: die Völker können nur sich selbst befreien, gegen die US-Besatzer, die NATO , die faschistischen Taliban, aber eben auch jede imperialistische Einmischung!“
Im Mittelpunkt der Reden stand oft die Kritik an der Afghanistan-Politik der Bundesregierung, was überhaupt nicht ins Konzept des Wahlkampfes bürgerlicher Parteien passt. So verließ die SPD-Kandidatin Leni Breimeyer in Aalen zeitweise die DGB-Kundgebung, als die Bundesregierung und ihre Afghanistan-Politik von dem DGB-Redner Josef Mischko kritisiert wurde und der Großen Koalition „Staatsversagen“ vorgeworfen wurde. Der Redner dieser klar antifaschistischen und antikapitalistischen Kundgebung nahm auch engagiert Stellung gegen Militarisierung, wachsende Kriegsgefahr und gegen die katastrophale Flüchtlingspolitik der EU. Zwei Bücher „Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Antikommunismus“ fanden in Aalen interessierte Käufer, alleine wegen des Titels.
Von CDU/CSU über SPD, Grüne bis zur FDP waren alle Regierungsparteien aktiv am imperialistischen Krieg in Afghanistan beteiligt, weshalb sie am liebsten das Debakel dieser Niederlage der NATO aus dem Wahlkampf heraus halten wollen. Es ist sicher kein Zufall, dass in diesem Jahr weder ARD noch ZDF oder die Funke-Mediengruppe in der überregionalen Presse auch nur mit einer Silbe über die Aktionen am Antikriegstag berichteten.
In Eisenach wollte der DGB-Vertreter verhindern, dass eine Erklärung gegen die faschistischen Ausschreitungen am Wochenende abgestimmt wird. Daraufhin hat eine klare Mehrheit der Teilnehmer die Erklärung unterschrieben. Der antifaschistische Kampf gehört untrennbar zum Friedenskampf. Auch hier wurde ein Buch „Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Antikommunismus“ verkauft und es wurden neue Mitstreiter für die Wählerinitiative der Internationalistischen Liste / MLPD gewonnen.
Auch in Lübeck kaufte eine Zuhörerin der kämpferischen Kundgebung des Internationalistischen Bündnisses in der Innenstadt ein MLPD-Programm und das Buch „Krise der bürgerlichen Ideologie..“. Sie will an der Wählerinitiative sowie einer Studiengruppe teilnehmen.
In Hattingen kamen 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, vor allem aus der IG Metall, zur kulturvollen, würdigen Kundgebung vor den Gräbern der Zwangsarbeiter der Henrichshütte. Aus Halle an der Saale berichtet der Korrespondent: „Größere Aufgeschlossenheit der Leute als im letzten Jahr, vor allem über die Frage der gesellschaftlichen Perspektive des echten Sozialismus, das war am Weltfriedenstag im Stadtzentrum von Halle deutlich zu spüren.“
Auch die Linkspartei hat Probleme mit kämpferischen Aktionen, wie eine Korrespondenz aus Chemnitz zeigt: „Die Chemnitzer Friedensinitiative führte zum Weltfriedenstag am 1. September eine Kundgebung durch. Es gab ein offenes Mikrophon auf antifaschistischer Grundlage. Die Redner bezogen sich auf die Situation nach dem verlorenen Afghanistan-Krieg. (…) Einhellig war die Forderung nach Beendigung aller Auslandseinsätze der Bundeswehr. Die imperialistische Politik wurde in mehreren Reden beim Namen genannt. (...) Für die MLPD/internationalistische Liste sprach der Kandidat Bernd Blickle. Mit Informationsständen nahmen teil die Junge Welt, die DKP, das internationalistische Bündnis, die VVN. Die Linkspartei hatte allerdings ein gemeinsames Auftreten mit der Friedensinitiative abgelehnt und führte gleichzeitig eine eigene Wahlveranstaltung durch.“
Die Antikriegstags-Kundgebung in vier Stationen in Freiburg mit ca. 100 Teilnehmern hatte das Hauptthema Afghanistan. "Es ist ein Desaster, was gerade passiert", sagt Uta Pfefferle vom Freiburger Friedensforum bei ihrer Eröffnungsrede auf dem Rathausplatz: "20 Jahre Krieg, und die Bundesregierung ist beteiligt an diesem Verbrechen." In Heilbronn kritisierte der baden-württembergische DGB-Vorsitzende Martin Kunzmann vor allem den Umgang der EU mit Flüchtlingen und Asylbewerbern, weshalb sie den Friedensnobelpreis zurückgeben müsse.
Beim Antikriegstag in Sonneberg haben sich 15 afghanische Flüchtlinge, Männer und Frauen, insgesamt 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Diskussion am Offenen Mikrofon beteiligt und Parolen gerufen. Der Korrespondent berichtet:
„Insgesamt war es eine lebendige Veranstaltung, die Aufmerksamkeit erregte und zu einer Reihe von Gesprächen führte. Direktkandidat Andreas Eifler verband die Fragen der aktuellen Kriege und imperialistischen Einmischungen mit der Flüchtlingssolidarität und einem klaren Angriff auf die Hetze gegen Flüchtlinge von AfD und Maaßen (CDU-Direktkandidat im gleichen Wahlkreis). Aber auch die anderen Krisen, mit denen wir uns rum zu schlagen haben kamen zur Sprache sowie die Frage der Zukunftsperspektive Sozialismus.“
Angesichts des Desasters des Afghanistan-Krieges gerät der imperialistische Pazifismus mit seiner angeblich humanitären Rechtfertigung von Kriegen selbst verstärkt in die Kritik. Die imperialistische Politik wird kaum noch umschrieben. Die Forderung des EU-Kommissars Thierry Breton nach einer EU-Eingreiftruppe mit eigener militärischer Kommandozentrale kam provokativ zum Antikriegstag, offenbar abgestimmt mit dem Außenbeauftragten Josep Borrell und dem Ratspräsidenten Charles Michel: Die EU als „Wirtschaftsmacht“ müsse auch militärisch mit den anderen Großmächten mithalten: "Europäische Verteidigungspolitik wird aber nur glaubhaft sein, wenn wir auch in der Lage sind, außerhalb unserer Grenzen komplizierte militärische Operationen zu starten." Solche Leute merken gar nicht mehr, dass sie ihre eigene Propaganda Lügen strafen: Wie kann „Verteidigungspolitik“ außerhalb der Grenzen stattfinden? Die EU als imperialistischer Block, der im Wahlkampf speziell von der „Volt“-Partei hochgejubelt wird, muss stärker von der Friedensbewegung angegriffen werden.