Kara Tepe / Griechenland
8. September 2020: Moria brennt!
Ein Jahr ist es her, dass das Flüchtlingslager Moria auf Lesbos abgebrannt ist und für die ganze Welt eine kurze Zeit die menschenverachtende Flüchtlingspolitik der EU deutlich wurde.
Anlässlich des Jahrestags der Brandkatastrophe im ehemaligen Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos hat die Regionalgruppe Emscher-Lippe der Solidaritäts- und Hilfsorganisation Solidarität International in einer Pressemitteilung daran erinnert sowie über die Lage der Flüchtlinge in Kara Tepe, dem "Nachfolgelager" von Moria, berichtet. Flüchtlinge in Kara Tepe ergreifen selbst das Wort: "Moria sollte nie vergessen werden, es war reines Glück, dass damals niemand getötet wurde. Nach diesem Tag sagten viele Politiker: ‚Nie wieder Moria‘, aber leider wurden nur sehr wenige Versprechen eingehalten“. Shirin schreibt aus Kara Tepe: "Heute ist es ein Jahr her, seit der Brand in Moria ausgebrochen ist. Moria war eine warnende Katastrophe - aber haben unsere europäischen Politiker etwas gelernt? Das Feuer in Moria war nur eine Frage der Zeit. Wir waren mehrere, die die Gefahr mehrere Monate und Jahre im Voraus gemeldet hatten. Bis zu 20.000 Menschen, die vor Krieg, Folter und Schlimmerem geflohen sind, wurden trotz Corona unter Bedingungen zusammengedrängt, die am besten als staatlich verwalteter Slumbereich bezeichnet werden können."
Bürgerliche Politiker legen menschenverachtende Haltung gegenüber Flüchtlingen an den Tag
Jetzt, ein Jahr später, leben immer noch Tausende in Kara Tepe in Zelten und schon wird spekuliert, dass die Flüchtlinge wohl noch einen zweiten Winter in den Zelten ausharren müssen. Nicht die unmenschlichen Lebensbedingungen, denen die Menschen in Kara Tepe immer noch ausgesetzt sind, stehen im Mittelpunkt der Berichterstattung in den bürgerlichen Medien zum Jahrestag des Brandes, sondern viel mehr, wie sich Griechenland und die EU „noch besser“ vor Flüchtlingen schützen können. So wird der griechische Migrationsminister Notis Mitarakis immer wieder zitiert: 'Wie jedes Land haben wir das Recht und die Pflicht, unsere Grenzen zu schützen.' Was ist das für eine reaktionäre Einstellung diesen Menschen gegenüber! Keineswegs nur in Worten, die klingen, als ob über eine Heuschreckenplage geredet wird. Zusammenarbeit mit der faschistoiden libyschen Küstenwache und Flüchtlinge in gebrechlichen Booten von der griechischen Küste zurück aufs offene Meer schieben - das sind Taten dieser Regierung! Mitarakis ist genauso wenig ein Minister für Migration und Integration wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Deutschland ein Amt für die Flüchtlinge ist. Durch die Ausbeutung der Naturressourcen z.B. in den afrikanischen Ländern ist die Politik der EU verantwortlich für die Fluchtursachen.
Stolz auf die gemeinsame Arbeit im Solidaritätspakt
Lange bevor Nichtregierungsorganisationen in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln auftauchten, hat Solidarität International mit der Selbstorganisation von Flüchtlingen und einheimischer Bevölkerung auf Lesbos einen Solidaritätspakt geschlossen und hervorragende Errungenschaften der Solidarität auf die Beine gestellt. Ausdrücklich mit der Bevölkerung von Lesbos, von der Medien wie die Bildzeitung glauben machen wollen, sie sei komplett gegen die Flüchtlinge! "SI ist stolz darauf, dass unsere gemeinsame Arbeit mit den Flüchtlingen erst in Moria und jetzt in Kara Tepe schon über 1,5 Jahre besteht", schreibt Marlies von SI Emscher-Lippe. "Seitdem sind 112.371,98€ Spenden gesammelt und übergeben worden, über deren Verbleib von ihnen exakt Rechenschaft abgelegt wird“. Die Flüchtlinge haben immer mehr mit ihren Selbstorganisationen ihr Leben in die eigene Hand genommen. Elektrik gelegt, Gräben gegraben, Schulen für die Kinder gebaut und vieles, vieles mehr. Selbstbewusst fordern sie immer deutlicher ihr Recht auf Flucht und ein menschenwürdiges Leben ein. "Unsere Schulklassen von Academia Moria sind seit zwei Wochen zu etwas Neuem umgewandelt. Ein selbstorganisierter Ort hauptsächlich von Afghanen für Afghanen, an dem Frauen und Mädchen herzlich eingeladen sind, zu lernen, zu unterrichten. Die Taliban können Afghanistan besetzen, aber sie können nicht die Gedanken der Afghanen besetzen."
Der Jahrestag "Moria brennt!" ist Mahnung
82,4 Millionen Menschen sind laut UNHCR 2020 weltweit auf der Flucht, davon 42 Millionen Kinder. Fluchtgründe sind Krieg, Hunger und Unterdrückung, Folter und Vergewaltigungen, Dürren und Überschwemmungen sowie Arbeitslosigkeit. Für Solidarität International, für die kämpferische Flüchtlingsbewegung in Deutschland, für das Internationalistische Bündnis und die MLPD ist dieser Jahrestag Mahnung, erneute Mahnung für den entschlossenen Kampf gegen die reaktionäre Flüchtlingspolitik der EU und der BRD. Viele Menschen unterstützen dies, schließen sich dafür zusammen. Die Welle von Solidarität mit dem Flüchtlingsaktivisten Alassa Mfouapon, den das BAMF nach Kamerun abschieben will, zeugt davon. Die MLPD unterstützt seit Jahren kämpferische flüchtlingspolitische Aktivitäten, darunter die Arbeit der überparteilichen Selbstorganisation Freundeskresi Flüchtlingssolidarität. Sie steht für eine proletarische Flüchtlingspolitik, die sie in ihrer Kleinarbeit entfaltet. In diese Arbeit und in die Diskussion bringt sie besonders ein, dass zur Beseitigung der Fluchtursachen der Imperialismus revolutionär überwunden werden muss.
Selbstverständlich machen wir in unserer Offensive für den echten Sozialismus im Zusammenhang mit dem Bundeswahlkampf das recht auf Flucht zum Thema. "Die Internationalistische Liste/MLPD steht für das Recht auf Flucht", heißt es im Wahlprogramm. "Das ist für die Masse aber keine Lösung der Probleme. Deshalb gehört unsere volle Solidarität Organisationen und Bewegungen, die in den Ländern Südamerikas, Afrikas, Asiens oder Osteuropas gegen den Imperialismus um eine lebenswerte Zukunft in ihrer Heimat kämpfen."
Für ein uneingeschränktes Asylrecht für alle Unterdrückten auf antifaschistischer Grundlage!