Besuch beim GDL-Streikposten
Die mit uns Eisenbahnern solidarisch an der Feuertonne stehen, gehören zur Eisenbahnerfamilie!
Eine Korrespondentin aus Köln hat gemeinsam mit streikenden GDL-Kollegen darüber berichtet, worüber die Eisenbahner sauer sind, wie bei ihnen ein Streiktag verläuft und wie sie mit der Hetze gegen ihren berechtigten Kampf fertig werden.
Letzte Woche machte ich mich auf den Weg zum Streikposten der GDL, die dort sonst den Güterverkehr meistern. Weil die Kollegen im Streikfall eigentlich nicht das Betriebsgelände betreten dürfen, wurde das Streikzelt direkt neben dem Werksgelände im Vereinsheim des Fußballplatzes eröffnet. Ich wurde sehr herzlich begrüßt! Eine offensive, kämpferische Stimmung erfasste mich. Ich traf dort Olli, 29 Jahre alt und einer der Streikleiter. Auf die Frage, warum die Kollegen sich beim Streik beteiligen, wurde klar, dass die dreiste Streichung der Betriebsrente nur das Fass zum Überlaufen gebracht hatte. Den Kollegen stinkt es gewaltig, wie sie behandelt werden, dass immer unmöglichere Schichtzeiten durchgedrückt werden und unter den Kollegen gespalten wird.
Ohne die Werkstatt und das Bahnhofspersonal läuft der Laden überhaupt nicht
„Es geht in diesem Streik auch um die Vertretung des Personals durch die GDL. Wenn man die Medien hört, gibt es bei diesem Tarifkonflikt nur Lokführer und den DB-Vorstand. Aber es geht hier um Berufe, die keinen bisher interessiert haben und dazu gehören unter anderem auch die Werkstatt und das Bahnhofspersonal, ohne die hier im Laden überhaupt nichts läuft. Und ich freue mich sehr, dass wir immer mehr Kollegen aus der Werkstatt für die GDL gewinnen können. In unserer Ortsgruppe sind ca. 400 Kollegen bei der GDL organisiert. Jede Woche haben wir regen Zulauf“, berichtet Olli.
Mich als Besucherin bewegt die Frage nach der Einheitsgewerkschaft. Eigentlich, finde ich, gehören alle Gewerkschaften in die DGB-Gewerkschaften. Andererseits bin ich schockiert, das allen Ernstes Jörg Hoffmann vom DGB-Vorstand der GDL nun schon mehrfach in den Medien in den Rücken gefallen ist. Bei meinem Besuch berichtete ein Kollege, warum er in die GDL gewechselt ist. Er hat sich früher bei der EVG für die Jugend engagiert. Die EVG hat ihm ständig Steine in den Weg gelegt und sich nicht für die Kollegen eingesetzt. Anders die Kollegen der GDL, die selbstlos, ohne Druck, überzeugen und sich kümmern. „Ihnen geht es wirklich um die Sache. Bei der GDL wurde ich ernst genommen und konnte mitwirken.“ Die EVG ist bei den Kollegen unten durch. Viele erinnern an den Skandal von Norbert Hansen, der Vorsitzender der EVG Gewerkschaft war, in den DB Vorstand wechselte und dann nach 11 Monaten eine Abfindung von 1,75 Mio. Euro bekam.
Wie sieht ein solcher Streiktag aus?
Nach der Frage, wie so ein Streiktag aussieht, sprudelte es aus den Kollegen. „Gestern war unser Standortleiter uns hier besuchen und machte Sprüche - uns wäre wohl langweilig, weil wir am Tag auch mal grillen. Von Langweile kann hier keiner sprechen. Wir diskutieren den ganzen Tag über alle Dinge im Leben, Politik, Familie, Arbeit. Endlich lernen wir uns mal richtig kennen und können uns austauschen. Der meinungsverzerrende DB-Vorstand betreibt hier Hetze und überflüssige Polemik gegen die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und hat uns so näher zusammengebracht. Jeder Kollege macht hier am Streikzelt seine ordentliche Schicht. Wenn man kommt, trägt man sich in die Liste ein und dann wird alles weitere organisiert.“
Wie verarbeiten die Kollegen die Hetze in den Medien?
Auf die Frage, wie die Kollegen die Hetze der Medien verarbeiten, erklärte Olli: „Die Spalter sitzen doch im DB-Vorstand. In einem Interview wurde vom DB Vorstand gesagt, dass die Kunden der Bahn jetzt die Opfer sind. Und was heißt das? Wo Opfer sind, da sind auch Täter. Die unterschwellige Botschaft lautet: „die Eisenbahner sind die Täter“. Das ist die Meinungsmache, die von den Medien aufgegriffen wird. Wir werden hier als Asoziale, Geiselnehmer, Erpresser, Undankbare hingestellt. Es waren auch die Eisenbahner, die im Ahrtal den Leuten geholfen haben. Wertschätzung kann man vom DB Vorstand nicht mehr erwarten! Es wurde ernsthaft in der Pandemie eine Hotline geschaltet, in der man DB-Personal anschwärzen konnte, wenn es keine Maske trägt. Diese Hotline gab es genau 24 Std. und sie musste wegen Protesten der Gewerkschaften gelöscht werden!“
„Wir werden hier als die hingestellt, die nicht genug bekommen können. Aber was ist denn mit dem DB Vorstand? Den 3500 Führungskräften, von denen keiner so genau weiß, was die eigentlich den ganzen Tag machen, soll eine 'Verlustausschüttung' von ca. 210 Mio. Euro ausgezahlt werden.“
Auf die Kollegen kann man sich verlassen!
„Wenn jetzt gesagt wird, wir würden den Kunden schaden? Streik ist nun mal eine der letzten Möglichkeiten. Nur so können wir auf uns aufmerksam machen. Ziel ist es nicht, den Kunden und Fahrgästen zu schaden. Der DB Vorstand legt das Land lahm, in dem er unsere Forderungen nicht ernst nimmt.“
„Leider widerspiegeln die meisten Medien auch nicht die Wirklichkeit. Wer fragt uns denn mal? Wer kennt unsere Schichten. Ich habe jeden Tag einen anderen Dienstbeginn. Wir sollen immer flexibler werden und mit Tricks werden zum Beispiel auch unrealistische Wegezeiten geplant.“
„Im Internet ist Hetze dann anonym. Die meisten haben doch keine Ahnung von einem Alltag eines Eisenbahners. Man sieht doch, dass das Internet, die sozialen Medien überhaupt nicht neutral sind.“
Empört berichtet Olli, dass versucht wird, die GDL in eine politische Ecke zu drängen. "Wir sind keine Partei, sondern eine Gewerkschaft und damit überparteilich. Gerne verweisen wir auf das Interview von Claus Weselsky bei Jung und Naiv. Wir werden Rassismus und Diskriminierung hier in der Gewerkschaft nicht dulden. Wir organisieren hier Respekt und Wertschätzung für die verschiedenen Religionen und Kulturen. Wir halten hier zusammen und lernen voneinander.“ Olli telefoniert und fragte dann: „Habt ihr fünf Leute für morgen für den Bus nach Essen? Wir könnten Unterstützung von der Bevölkerung und Parteien gebrauchen. So kann man uns auch nicht mehr in irgendeine Ecke stellen.“
„Die DB will Global-Player sein, sollte sich aber erstmal wieder auf ihr eigentliches Kerngeschäft konzentrieren. Es werden Milliarden an Euro im Ausland verbrannt. Beispielsweise für ein Busunternehmen in Malta, eine Sortierhalle für Luxus-Füllfederhalter in China usw., während bei uns vor der Haustür Züge stehen bleiben müssen, durch z.B. defekte Weichen."
Und Olli meinte wieder: „Also mal im Ernst, man kann die Zukunft bei der DB nicht voraussehen. Jedes Jahr versucht man das Rad neu zu erfinden. Aber man kann sich hier auf die Kollegen verlassen. Das gibt uns Mut. Wir haben hier in vielen Dingen die gleichen Ansichten und in den letzten Jahren einiges bewegt!“