Keine Nebensächlichkeiten

Keine Nebensächlichkeiten

Bundestagsabgeordnete und ihre Nebenverdienste

10.083 Euro Diäten bekommt ein Bundestagsabgeordneter im Monat. Doch damit nicht genug: Mit 14,5 Millionen Euro Nebenverdiensten liegen die Bundestagsabgeordneten der CDU/CSU klar vor allen anderen Fraktionen, berichtet die Frankfurter Rundschau am 15. September. Das sind im Schnitt 59.000 Euro pro CDU-Abgeordnetem on top.

Von lg
Bundestagsabgeordnete und ihre Nebenverdienste
Keine Peanuts: Die Nebenverdienste der deutschen Parlamentariert (shutterstock_1697488540)

Abgeordnetenwatch zählt dafür einige Beispiele auf:

  • So sitzt der ehemalige Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, im Aufsichtsrat des Bergbaukonzerns Saxony Minerals & Exploration AG und ist für diesen auch als Berater tätig. Als solcher verdient er monatlich zwischen 3.500 und 7.000 Euro zusätzlich.
  • Christian Lindner erhält offizielle Nebeneinkünfte von 424.500€. "Unter anderem hielt Lindner in dieser Legislaturperiode 66 Vorträge gegen Bezahlung, so zum Beispiel bei der Unternehmensberatung Baker Tilly, der Allianz Global Investors Deutschland GmbH und der BBBank eG."
  • Die "CDU-Abgeordnete Karin Maag ... ist gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion und Mitglied im Bundestagsausschuss für Gesundheit. Neben ihrem Abgeordnetenmandat sitzt Maag im Beirat der Barmenia Krankenversicherungen und berät die DaVita Medical Group Deutschland, einen US-amerikanischen Anbieter von Dialysedienstleistungen für Patienten mit chronischem und akutem Nierenversagen. Auf Anfrage von abgeordnetenwatch.de erklärt Maag, dass sie das Unternehmen zum Gesundheitssystem in Deutschland berate. 'Insofern gibt es keinen Interessenskonflikt zu meinen Aufgaben als gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Mitglied im Ausschuss für Gesundheit, so Maag."

 

Man muss ihr leider beipflichten: Tatsächlich besteht kein wesentlicher Interessenskonflikt zwischen dem Organ des Bundestags, der CDU und ihrer Tätigkeit bei Gesundheitskonzernen. Doch eben das spricht Bände über die sogenannten Nebenverdienste, die meist eben nicht das "Neben", sondern das Wesen ausmachen. Sie geben vielmehr tiefen Einblick in die Funktionsweise des staatsmonopolistischen Kapitalismus. Hier haben die Monopole sich den Staat untergeordnet und sind mit seinen Organen verschmolzen. Das kritisiert Abgeordnetenwatch ausdrücklich nicht. Sehr wohl besteht aber ein Interessenskonflikt zu den Wählerinnen und Wählern, den Beschäftigten in der Gesundheitsindustrie, in der Pflege sowie den Patienten und Angehörigen! Doch eindeutig ist Maag nicht auf deren Seite: Still und leise schied sie zum 30. Juni 2021 aus dem Bundestag aus, um zum 1. Juli ein „spannendes Angebot aus dem Gesundheitsbereich" anzunehmen, nämlich beim Gemeinsamen Bundesausschuss, der Spitzenorganisation der Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland.

 

Am Rande: Auch der frühere Fraktionsvorsitzende der Linken, Gregor Gysi, verdient gut. Er verdient v.a. mit Vorträgen und Reden: "Seit 2017 wurde er für mehr als 100 Veranstaltungen gebucht und hat beispielsweise mit dem Unternehmer Dirk Rossmann oder dem Schauspieler Lars Eidinger gesprochen. Sein Gesamtverdienst in der laufenden Legislaturperiode durch Vorträge, Buchhonorar und als Rechtsanwalt: mindestens 470.000 Euro."

 

Die Einführung eines Lobbyregisters wurde damals groß gehypt als demokratischer Akt. Doch die Haken sind offenkundig:

  • Zum einen macht das Register zwar etwas publik, doch ändert nichts an den staatsmonopolistischen Tatsachen.
  • Viele Informationen bleiben schwammig: "Einkünfte unterhalb einer Bagatellgrenze von 1.000 Euro müssen nicht gemeldet werden, eine Obergrenze für die Höchststufe 10 (mehr als 250.000 Euro) gibt es ebenfalls nicht. Hinzu kommt: Die Spanne in den einzelnen Stufen ist groß. So meint Stufe 1 Einnahmen in Höhe von 1.000 bis 3.500 Euro, Stufe 8 reicht von 100.000 bis 150.000 Euro."
  • Bei mindestens 56 Abgeordneten ist für die Öffentlichkeit nicht ersichtlich, von wem diese ihr Geld erhalten. Da sie die Vertragspartner nur in anonymisierter Form aufführen müssen (z.B. "Mandant 1"), bleibt die Herkunft von 11,2 Millionen Euro unklar."
  • Zahlreiche Verbands- und Interessensvertreter haben mittels eines Hausausweises ungehinderten Zutritt zum Bundestag. "Die begehrten Zugangskarten beantragten unter anderem mehrere Lobbyverbände der Rüstungs-, Pharma- und Immobilienwirtschaft." Nach einer Klage von Abgeordnetenwatch können Unternehmen keine solche direkten Zugangskarten mehr erhalten. Auch aufgrund der öffentlichen Empörung ist die Zahl der ausgestellten Ausweise seit Jahren rückläufig: "Verfügten bis zur Zugangsverschärfung 2016 noch 1.103 Interessenvertreter über einen ungehinderten Zugang zum Parlament, waren es 2020 nur noch 764. In diesem Jahr ist Zahl der ausgestellten Ausweise – vermutlich pandemiebedingt – auf gerade einmal 296 gesunken."

 

Doch die Monopole haben ihre Methoden geändert: Zum einen treffen sie sich einfach außerhalb des Bundestags mit Abgeordneten und Beamten der Ausschüsse. Außerdem haben sie sich nun Zugang verschafft über Interessensverbände: "Der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie vertritt unter anderem die Interessen der Rüstungskonzerne Rheinmetall, Krauss-Maffei Wegmann oder Diehl. Der Bundesverband Investment und Asset Management macht sich bei den Abgeordneten im Bundestag für BlackRock, JP Morgan und mehrere Immobiliengesellschaften wie Patrizia oder Quantum stark. Hinter dem Verband Forschender Arzneimittelhersteller stehen unter anderem die Pharmaunternehmen Biontech, Pfizer, AstraZeneca, Sanofi und Roche. Der Zentrale Immobilien Ausschuss betreibt bei den Parlamentarier:innen Lobbyarbeit für Immobilienkonzerne wie Accentro, Deutsche Wohnen und Vonovia."


(alle Zitate von https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/nebentaetigkeiten/das-verdienen-die-abgeordneten-aus-dem-bundestag-nebenher)