Russland

Russland

Duma-Wahlen im Zeichen des internationalen Linkstrends

Noch wenige Tage vor der Wahl sagten fast alle Umfragen schwere Verluste für Putins Partei Einiges Russland und ein Ergebnis um 30 Prozent (gegenüber 54 Prozent in 2016) voraus. Ein Genosse der russischen ICOR¹-Organisation Marxistisch-Leninistische Plattform bestätigt: „Das war mehr als erwartbar angesichts der massiv wachsenden Widersprüche der Arbeiter und weiter Teile der Bevölkerung angesichts einer drastischen Verschlechterung der Lebenslage, Inflation, volksfeindlicher 'Rentenreformen', regionaler Umweltkatastrophen und allgegenwärtiger Korruption.“

Korrespondenz
Duma-Wahlen im Zeichen des internationalen Linkstrends
Genossinnen und Genossen der RMP am 1. Mai in Tscheljabinsk (foto: RMP)

Während sich die Prognose zunächst zu bestätigen schien, wuchsen die Stimmergebnisse von Einiges Russland am Montag plötzlich rasant bis auf 49 Prozent an und sicherten Putins Partei eine knappe absolute Mehrheit der Mandate und die Möglichkeit einseitiger Verfassungsänderungen. Bereits am Montag protestierten Hunderte Menschen in Moskau völlig zu Recht gegen die Wahlmanipulation. Die revisionistische KPRF (Kommunistische Partei der Russländischen Föderation) ruft mittlerweile zu einem landesweiten Protesttag gegen die Wahlmanipulation am heutigen Samstag auf.

 

Wie war so eine Wahlmanipulation möglich? Erstmals verliefen die Parlamentswahlen zur Staatsduma diesmal über drei Tage und mit der Möglichkeit elektronischer Stimmabgabe: vorgeblich wegen der Corona-Pandemie. Offenbar aber vor allem, um eine direkte Manipulation der Wahlergebnisse zu erleichtern. So berichtet die russische Wahlbeobachterorganisation Golos mittlerweile über mehr als 4.000 Verstöße: Packen von bereits ausgefüllten Wahlzetteln in den Urnen, doppelte Stimmabgaben, Hundertschaften von uniformierten Kräften in den Wahllokalen.

 

Weitestgehender Ausdruck der Wahlmanipulation ist, dass bereits im Vorfeld vor allem revolutionäre Oppositionskräfte massiv behindert und von der Kandidatur ausgeschlossen wurden. Treffend schrieb die RKRP (Russische kommunistische Arbeiterpartei) in ihrer Erklärung vom 14. September zu den Duma-Wahlen:

 

„Erstens wurde jede nicht durch den Kreml kontrollierte Opposition von der Möglichkeit zur Teilnahme an den Wahlen ausgeschlossen. Genau zu diesem Zweck war der Russischen Vereinigten Arbeitsfront (ROT FRONT) (Wahlbündnis unter Beteiligung der RKRP) im Jahr 2020 die Registrierung entzogen worden. Alle an den bevorstehenden 'Wahlen' teilnehmenden Parteien durchliefen den Filter der Administration des Präsidenten und sind, mit anderen Worten, Filialen der Hauptpartei der Herrschenden: von Einiges Russland, oder wie sie im Volk heißt: der Partei der Gauner und Diebe.“

 

Wichtigstes Ergebnis der Wahl ist aber, dass hier nicht nur eine Abwendung weiter Teile der Massen von Putins Regime zum Ausdruck kommt, sondern ein wachsendes Ansehen des Sozialismus unter den Arbeitern und gerade unter der Jugend. So legte die KPRF mit fast 20 Prozent gegenüber 13,3 Prozent in 2016 deutlich zu: Verschiedene oppositionelle Kräfte hatten zu ihrer Wahl aufgerufen in der Hoffnung, damit Putin zu schwächen. Das ist zwar eine Fehleinschätzung: Die Führung der KPRF ist vollständig in das neuimperialistische Machtsystem des Kreml integriert und keine kommunistische Partei. Bemerkenswert ist aber etwas ganz anderes: Sie führte ihren Wahlkampf mit Lenin, mit Lenin-Plakaten, mit revolutionären Slogans, mit Lenins Ansehen und mit dem Sozialismus. Damit hat sie diese Steigerung der Stimmenzahlen erreicht! Das ist natürlich eine Steilvorlage für die Stärkung revolutionärer Parteien wie der ICOR-Parteien MLP und RMP (Russische Maoistische Partei) muss die wichtigste Schlussfolgerung aus diesem Wahlkampf sein!

 

In Norwegen machte die reaktionäre Høyre das größte Minus, verlor nahezu ein Fünftel ihrer WählerInnen und landete bei 20,4 Prozent. Auch die übrigen drei Parteien des rechten Flügels in der norwegischen Politik waren Verlierer. Umgekehrt legten mit Ausnahme der Sozialdemokraten alle Parteien zu, die dem linken Flügel zugerechnet werden. Darunter die sozialistisch-grüne Rødt (Rote) konnte ihre Stimmen auf 4,7 Prozent fast verdoppeln und damit erstmals die 4-Prozent-Sperrgrenze nehmen.