MAN Nürnberg

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Erste Betriebsversammlung nach zwei Jahren - Die Kollegen hatten viele Fragen!

Bei MAN Truck & Bus in Nürnberg gab es am 24. September die erste Betriebsversammlung nach zwei Jahren Corona-Pause. Diese fand im Fußballstadion des 1. FC Nürnberg statt! Die Kollegen waren sehr diszipliniert. Sie trugen die ganzen vier Stunden über Masken, saßen auf ihren zugewiesenen Plätzen und bewiesen, dass man auch in Corona-Zeiten sehr wohl eine Betriebsversammlung in Präsenz abhalten kann.

Korrespondenz

Gleich zu Beginn schickte die Jugend eine Videobotschaft an die Geschäftsleitung: „MAN braucht Zukunft! Wir sind die Zukunft! Nicht ohne uns.“ MAN hat von heute auf morgen die Gesamtbetriebsvereinbarung zur Ausbildung gekündigt. Für die letzten Auslerner im Sommer musste die Übernahme und im September 2021 musste die Einstellung neuer Azubis erst erstritten werden. Die gekündigte Vereinbarung wirkt noch bis Ende des Jahres nach, danach ist alles offen. Mutig stellten Jugendvertreter der Geschäftsleitung ihre Fragen: Wann kehrt der Vorstand an den Tisch zu den Verhandlungen zurück? Wir brauchen langfristige Vereinbarungen, keine kurzfristigen. Wie siehts mit der Digitalisierung in der Ausbildung aus? Wie ist die Entwicklung der Ausbildung? Geschäftsleitung und Betriebsrat sicherten zu, dass sie darüber verhandeln werden. Doch wirkliche Antworten auf ihre Fragen erhielten die Azubis nicht. Das unterstreicht, dass es nicht ausreicht, auf gute Verhandlungen zu setzten, sondern dafür müssen Jung und Alt gemeinsam kämpfen.

 

Herr Tostmann, Vorstandsvorsitzender von MAN, bewertete das erste Halbjahr 2021, als "kein schlechtes". MAN hat 179 Millionen Euro Gewinn gemacht. Doch das reicht dem Vorstand nicht aus, denn „nach vorne gesehen ist es negativ. 3,3 Prozent Rendite ist gut, aber wir brauchen mehr. 8 Prozent oder mehr. Unser Wettbewerber Volvo hat sogar 11 Prozent.“

 

Besser könnte man es nicht auf den Punkt bringen, dass von den Kollegen erwartet wird, sich der Profitlogik des Konzerns unterzuordnen. Der Zukunftstarifvertrag, der vor nicht mal einem Jahr abgeschlossen wurde und insgesamt 3500 Jobs vernichtete, wurde vom Vorstand noch als „Meilenstein“ gepriesen. Im Moment kämpft die ganze Autoindustrie mit gewaltigen Halbleiterproblemen. Herr Zimmer, Werkleiter von Nürnberg, wurde deutlicher: „Wir haben einen Plan bis 2026. Die Planungen bis 2030 werden noch diskutiert, soweit sind wir noch nicht. Das Werk wird voll und ganz auf den CBE-Motor (common base engine, ein Scania-Motor, der bei MAN gebaut wird) ausgerichtet. 270 Mitarbeiter werden dort einmal beschäftigt.“ Was er nicht sagte ist, wie viele Beschäftigte dafür an anderer Stelle wegfallen. Denn allein die Schließung der Gießerei betrifft über 150 Arbeitsplätze. Für Herrn Zimmer zählt dagegen, „damit sparen wir 7,4 Millionen Euro. Das verbessert unser Ergebnis.“

 

Die Strategiediskussion verfolgten die Kollegen sehr aufmerksam und stellten später auch selber Fragen. Auch vonseiten des Betriebsrats wurde kritisiert, dass hier Arbeitsplätze abgebaut werden, ohne eine Strategie für neue Arbeit und Produkte zu haben. Der Betriebsrat fordert eine Batterieserienfertigung in Nürnberg, das würde einen Teil der wegfallenden Arbeitsplätze ersetzen. Doch wie steht es mit der deutschen Autoindustrie? 90 Prozent der Produktion ist nach wie vor auf Verbrenner ausgerichtet. Batterien werden bisher nur im Ausland gefertigt. Wir brauchen Ersatzarbeitsplätze hier und sofort und nicht erst in ferner Zukunft. Neben der Strategie wurden auch die aktuellen Compliance-Affären heiß diskutiert. Ähnlich den Tafeln-Nummern, bekannt aus der Sendung Die Anstalt, wurden in einem Beitrag sämtliche Verstrickungen die es mittlerweile auch im MAN-Konzern gibt, aufgezählt - darunter einige bekannte Mitglieder des Managements und des Vorstands, welche sich des Verdachts auf bandenmäßigen und kriminellen Betrugs schuldig machten. Dem ehemaligen VW-Betriebsrat Bernd Osterloh wurde gar ein Gehalt von 750.000 Euro im Jahr zugestanden.

 

Jetzt wurden Fälle auch bei MAN in München bekannt, während gleichzeitig die Kollegen mit ihren Altersteilzeitverträgen auf bis zu 30 Prozent ihres Einkommens verzichten müssen. Die Schwerbehindertenvertretung brachte ein, wie verzweifelt viele, ältere und kranke Kollegen sind. Sie bangen, ob sie es in Zukunft überhaupt noch packen. Viele können es sich nicht leisten, die Altersteilzeit zu unterschreiben und sie bat die Geschäftsleitung diese Kollegen doch einfach in Ruhe zu lassen. Kollegen bemängelten das es zu wenig Personal gibt und forderten die Übernahme von Leiharbeitern und auch die finanzielle Gleichstellung bei der Corona-Prämie.

 

Insgesamt gab es zehn Wortbeiträge aus dem Publikum – ein Rekord. Viele Fragen wurden aufgeworfen und diskutiert und nicht wenige Kollegen machen sich sehr grundsätzliche Gedanken „wo die Reise hingehen soll“. Da passte es sehr gut ins Bild, dass vor dem Stadion ein Einsatz der Internationalistischen Liste / MLPD stattfand. Die Betriebsgruppen der MLPD zu stärken, gemeinsam Kämpfe zu organisieren und zu führen. ist das Gebot der Stunde.