Statement zur Bundestagswahl 2021
„Internationalistische Liste / MLPD hat Stimmen verloren aber Einfluss gewonnen - Instabilität überschattet bürgerliche Regierungsbildung"
Die Internationalistische Liste / MLPD (InterListe/MLPD) zieht zum Bundestagswahlkampf 2021 ein insgesamt erfolgreiches Resümee. Unsere Aktivistinnen und Aktivisten haben den Wahlkampf in die Tiefe geführt, haben sich über grundsätzliche Fragen mit den Menschen auseinander gesetzt und die Bewusstseinsbildung der Massen deutlich voran gebracht. 800.000 Wahlzeitungen und 100.000 Wahlprogramme wurden zum größten Teil diesmal persönlich überreicht. 460 Kundgebungen führten wir in Innenstädten, in Wohngebieten, an Betrieben und Unis durch. Gleichzeitig haben wir ein deutlich schlechteres Ergebnis als in vorangegangenen Wahlen erreicht.
Gabi Fechtner, Spitzenkandidatin der InterListe / MLPD und Vorsitzende der MLPD, ordnet das Ergebnis so ein: "Wie wurde diese Wahl im Vorfeld hochstilisiert? Als Schicksalswahl - die letzte Wahl, die über den Kampf gegen den sogenannten Klimawandel entscheidet, als existentielle Entscheidung gegen einen Linksrutsch oder als Neuanfang. Nach der Wahl befassen sich die bürgerlichen Parteien mit profaneren Problemen. (...) Mit einer unvergleichlichen Manipulation der öffentlichen Meinung, die einen an Präsidentschaftswahlkämpfe in den USA erinnert, wurde die Wahl zu einem Triell zwischen den drei Kanzlerkandidaten umgewidmet. Es gelang den Herrschenden mit der Mobilisierung der kleinbürgerlich-parlamentarischen Denkweise, den fortschrittlichen Stimmungsumschwung zugunsten von Wahlstimmen für SPD und Grüne abzusaugen. Das hat nicht zuletzt die MLPD etliche Stimmen gekostet."
Uns steht eine instabile Regierungsbildung bevor. Es ist Teil der Ergebnisse der Bundestagswahl, dass das Monopolkapital seine unverblümt ausgesprochene Forderung nach einer CDU-FDP-Regierung unter Laschets Kanzlerschaft nicht durchsetzen konnte. In Folge des Wahlkampfs stürzt die CDU in eine Parteienkrise, die den rechten Flügel der Partei deutlich stärken könnte. Parallel befindet sich auch die AfD in einer Krise, denn ihr Ergebnis bleibt weit hinter ihren Erwartungen zurück, auch wenn sie sich als stärkste Kraft in Sachsen und Thüringen durchsetzen konnte.
Grüne und FDP gewannen vor allen Dingen unter den Jungwählerinnen und Jungwählern - bei den unter 30-Jährigen ersetzen sie die ehemaligen selbsterklärten "Volksparteien" CDU und SPD als stärkste Kräfte mit soliden Ergebnissen über 20 Prozent. Im Gegensatz dazu konnte die SPD größtenteils Stimmenzugewinne in der Altersgruppe über 60 erzielen.
Dass die Demagogie der FDP insbesondere unter der Jugend so verfangen konnte, überraschte uns. Wir müssen also als eine Schlussfolgerung aus dem Wahlkampf klären, was konkret an ihrer Propaganda die Jugend erreichen konnte.
Das Stimmenergebnis der InterListe / MLPD ist insgesamt deutlich schlechter als bei den vergangenen Wahlen. Unsere Direktkandidaten konnten wieder mehr Stimmen gewinnen, als wir Zweitstimmen erhielten, was die Wichtigkeit der Wahlkämpferbewegung ebenfalls unterstreicht. Dabei ordnet sich unser Ergebnis vom Verhältnis her in die allgemeine Wahlniederlage als links wahrgenommener Parteien, ob tatsächlich systemkritisch oder nicht, ein. Hierfür sehen wir eine Ursache klar in der Manipulation der Wahl durch die Umprägung der Bundestagswahl auf eine völlig fiktive "Kanzlerwahl". Der CDU-Kandidat Laschet ist in der Bevölkerung so unbeliebt, dass eine Verhinderungskampagne gegen ihn vor allen Dingen die SPD stärken konnte. Diese Stärkung ist allerdings nur an das Anliegen der Verhinderung von Laschet als Kanzlerkandidaten der CDU gebunden (über zwei Drittel der SPD-Wähler geben das als Grund an, SPD gewählt zu haben). Dieses Bild deckt sich mit den Berichten, die wir aus verschiedenen Wählerinitiativen schon im Wahlkampf erhalten haben.
Unser Wahlkampf hatte auch Schwächen: So ist uns die Ausrichtung auf die Jugend oder auch die Entfaltung einer breiten Wahlkämpferbewegung nur teilweise gelungen. Die Schwächen, die unser Wahlkampf im Einzelnen hatte, müssen wir gemeinsam diskutieren und auswerten. Hierzu könnt Ihr Beiträge auch an die zentrale Koordinierungsgruppe senden, besonders zur Vorbereitung des vor uns liegenden Bündnisrats.
Anna Vöhringer, Spitzenteam und Jugendverband REBELL erklärt zur Jugend: „Die Rebellion der Jugend meldete sich in diesem Wahlkampf lautstark zu Wort, mit dem Fridays-for-Future-Aktionstag am 24. September mit 670.000 Beteiligten in Deutschland. In zahlreichen Gesprächen mit Jugendlichen zeigte sich eine gewachsene Aufgeschlossenheit unter der Jugend für die Diskussion über den Sozialismus. Das Wahlergebnis zeigt aber auch, dass gerade unter jungen Leuten noch viele Illusionen in die bürgerlichen Parteien bestehen, dass sie unsere Probleme lösen. Die drohende Werksschließung von Opel Eisenach zeigt: Wir müssen den Kampf um unsere Zukunft selbst in die Hand nehmen und uns besser organisieren! Als Internationalistischen Liste / MLPD müssen wir es noch besser verstehen, uns dazu wirklich an die Jugend zu wenden. Das gelang z. B. mit Jugendkonzerten bei einigen Abschlusskundgebungen, aber noch nicht durchgehend im ganzen Wahlkampf.“
Für uns als zentrale Koordinierungsgruppe des Internationalistischen Bündnisses ist besonders hervorzuheben, dass dieser Wahlkampf mehr als alle vorangegangenen eine wirkliche Bündnis-Sache wurde, dass die Zusammenarbeit der Trägerorganisationen im Wahlkampf deutlich höherentwickelt werden konnte und viele es auch zu ihrem eigenen Anliegen gemacht haben, dass der gemeinsame Wahlkampf lebendig, prägend und erfolgreich wird. ...
Auch wir kommen zu dem Schluss, dass wir im Ergebnis dieses Wahlkampfs gute Grundlagen für die weitere Arbeit und den Aufbau des Bündnisses gelegt haben. Wir sagen: Vielen Dank Euch allen und an alle Mitstreiterinnen und Mitstreiter für diesen lebendigen Wahlkampf! ...
Mit internationalistischen Grüßen
i.A.
Ulja Serway und Fritz Ullmann
für die zentrale Koordinierungsgruppe (zKOG)