Wintersemester 21/22 gestartet

Wintersemester 21/22 gestartet

Hörsaalbesetzung an der Uni Hamburg

Die Corona-Pandemie hat den Alltag und die Studienbedingungen der ca. 3 Millionen Studierenden in Deutschland in den vergangenen anderthalb Jahren erheblich verkompliziert und verschärft.

Von gs
Hörsaalbesetzung an der Uni Hamburg

Viele Studierende sind da zunächst einmal froh, dass es nach anderthalb Jahren Home-Studium jetzt mit Präsenz-Studium im Wintersemester 21/22 endlich wieder losging. Bei einer Umfrage der Uni Hildesheim unter 2000 Studierenden wurde festgestellt, dass über 84 % vor allem den direkten Kontakt zu ihren Mit-Studierenden und das soziale Campusleben vermissten. Auch die 500 Euro einmalige Corona-Überbrückungshilfe war völlig unzureichend und auch noch an die unsinnige Bedingung geknüpft, dass nur derjenige sie entsprechend anteilig erhielt, der weniger als 500 € auf seinem Konto hatte. Die kompletten 500 € erhielt man nur bei Kontostand Null!

 

Nur noch weniger als 15 % der Studierenden bekommen heute überhaupt BAföG, abhängig vom Einkommen der Eltern, maximal 752€ monatlich. Das ist für ein unabhängiges Leben und eine Konzentration auf das Studium unzureichend und wird von der Inflation zusätzlich aufgefressen. Das verstärkt die soziale Auslese. Vor allem Studierende aus Arbeiterfamilien oder aus dem Ausland haben so immer größere Probleme, überhaupt noch studieren zu können. Viele Studentenjobs fielen in den letzten anderthalb Jahren durch Corona völlig weg. Es grassiert eine sich verschärfende Wohnungsnot. Insbesondere billige Studentenunterkünfte sind völlige Mangelware. Das Studentenwerk bietet gerade mal 196.000 „günstige“ Wohnheimplätze für die ca. 3 Millionen Studierenden an. In München existieren Wartelisten von 15.000 jungen Leuten, in Berlin sind es 4000, in Frankfurt am Main 3000 und in Heidelberg 2300 Studierende, die für diese begehrten Wohnheimplätze Schlange stehen.

 

Wir erleben zugleich an den Hochschulen eine politische Unterdrückung und Disziplinierung wie schon lange nicht mehr. An der Universität Hamburg hat nun ein Zusammenschluss aus Studierendenvertreterinnen und -vertretern und Beschäftigten Anfang Oktober einen Hörsaal im Fachbereich Sozialökonomie besetzt. 80 Leute beteiligten sich an der Auftaktkundgebung. Am Hörsaalgebäude des Hamburger Uni-Gebäudes hängt ein Transparent: „Her mit dem Tarifvertrag für studentische/wissenschaftliche Hilfskräfte und Tutor*innen“. Ein solcher Kampf für ein berechtigtes Anliegen der Masse der Studierenden gemeinsam mit Universitätsbeschäftigten ist genau richtig.

 

Neben den Protesten gegen prekäre Arbeitsbedingungen im wissenschaftlichen Betrieb richtet sich die Besetzung auch gegen die miserable finanzielle Lage der Masse der Studierenden, insbesondere derer, die aus Arbeiterfamilien kommen, während und nach der Pandemie. Sie fordern berechtigt eine deutliche Erhöhung des BAFÖG. Darüber hinaus fordert das Bündnis einen Tarifvertrag für studentische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Hochschulen. Diese halten den Universitätsbetrieb bekanntlich mit am Laufen und müssen auch in den Tarifverhandlungen der Länder berücksichtigt werden, was von den Unibesetzern richtig gefordert wird.

 

In vielen Ländern rebellieren Studentinnen und Studenten gegen faschistoide Regierungen, für Erhalt und Erweiterung der bürgerlich-demokratischen Rechte, gegen Faschismus, Rassismus, Antikommunismus und reaktionäre Kriege sowie gegen den beschleunigten Übergang in eine globale Umweltkatastrophe. Zugleich sind sie im Zentrum der Einflussnahme der bürgerlichen Weltanschauung, ihrer Ausrichtung auf persönlichen Aufstieg und Karriere. Einer wachsenden Suche und Offenheit für eine gesellschaftliche Alternative zum Kapitalismus unter ihnen steht eine ausgeprägte Unverbindlichkeit und viel an weltanschaulichen Fragen aber zum Teil auch Verwirrung entgegen. Die Hochschulgruppen der MLPD diskutieren mit den Studierenden über diese Fragen und werben dafür, sich mit der Arbeiterbewegung und der sozialistischen Perspektive auseinanderzusetzen.

 

Zur Zeit rühren sie und der Jugendverband REBELL die Werbetrommeln für den 1. Studentenpolitischen Ratschlag am 20. November in Göttingen. "Für welche Welt wollen wir lernen und studieren? Das fragen sich viele angesichts zig Krisen auf der Welt!" heißt es auf der Webseite des Jugendverbands REBELL. "In schreiendem Widerspruch dazu steht, dass freie politische Betätigung an den Unis immer mehr unterdrückt wird: Durch geistige Bevormundung, hohe Belastung im Studium oder weltanschauliche Knebel. Dazu sagen wir nein! Die Krisen verändern, wie wir leben und studieren. In vielen Ländern sind Studierende Aktivposten gegen die Rechtsentwicklung der Regierungen. Aber mit wem und mit welcher Perspektive führen wir diese Kämpfe? Wir brauchen fortschrittliche Bündnisse, den Zusammenschluss mit den Arbeitern, rebellischen Geist und internationalen Austausch. Das wollen wir diskutieren und organisieren: Die Zeit ist reif für den 1. Studentenpolitischen Ratschlag am 20. November 2021!"