Regierungsbildung - Sondierungspapier
Welche Freiheit und Demokratie meinen sie?
Ungefähr zeitgleich mit der Veröffentlichung des sogenannten Sondierungspapiers von SPD, Grünen und FDP zur Regierungsbildung nach der Bundestagswahl wurde Monika Gärtner-Engel, Mitglied des ZK der MLPD und Hauptkoordinatorin der revolutionären Weltorganisation ICOR, ein Brief des Verfassungsschutzes zugestellt. Sie wird darin als eine „erhebliche Gefahr für die innere oder äußere Sicherheit der BRD“ bezeichnet, die zur Fahndung ausgeschrieben war.
Diese Kennzeichnung entspricht der „Gefährder-Ansprache“ gegenüber Stefan Engel, dem ehemaligen Parteivorsitzenden der MLPD. Diese Gefährderansprache wurde inzwischen für rechtswidrig erklärt.
Der Hintergrund ist in beiden Fällen der Beschluss des Koalitionsvertrags von CDU/CSU und FDP 2009, in dem der „Kampf gegen Extremismus“ erweitert wurde um den Kampf gegen den sogenannten Linksextremismus.* Damit sind alle Menschen, Organisationen, Parteien gemeint, die dem Übel Kapitalismus und Imperialismus an die Wurzel gehen wollen. Das ist in Deutschland in erster Linie die MLPD, die seit einiger Zeit erfolgreich gegen zunehmende Unterdrückung, Kriminalisierung und Repression vonseiten des Staates kämpft.
Würde eine neue Regierung wohl solche Repression rückgängig machen? Diese Frage kann klar verneint werden, auch wenn viel von Freiheit und Demokratie die Rede ist im „Sondierungspapier“. Es legt den Kurs fest: „Wir werden in allen Bereichen entschlossen gegen Antisemitismus, Rassismus, Rechtsextremismus, Islamismus, Linksextremismus, Queer-Feindlichkeit und jede andere Form der Menschenfeindlichkeit vorgehen, damit Vielfalt auch in gleicher Sicherheit für jede und jeden möglich ist.“
Das hört sich auf den ersten Blick als Stellungnahme gegen Antisemitismus und Rassismus gut an. Schließlich wissen die „Sondierer“ genau, dass die Mehrheit der Menschen in Deutschland (wie auch ihrer Wähler) positiv zu internationaler Solidarität und gegen Rassismus, Diskriminierung und Faschismus eingestellt ist. Man muss schon genauer hinschauen.
Die neuen Möchtegerne-Regierer gehen sogar noch weiter als ihre Vorgänger 2009 und kennzeichnen sozialistische und kommunistische Bestrebungen als „Menschenfeindlichkeit“, selbstredend ohne jede Begründung. Da muss man schlucken – und erwartet unter Menschenfeindlichkeit eine Stellungnahme gegen Frontex, Pushbacks und Tausende Tote im Mittelmeer. Weit gefehlt!
So ist der Bezug zur Genfer Flüchtlingskonvention Wortgeklingel; statt Kritik an dem Faschisten Erdogan, seiner gewaltsamen Unterdrückung der Kurden etc. gibt es nur ein „Weiter so“: „Die Asylverfahren, die Verfahren zur Familienzusammenführung und die Rückführungen wollen wir beschleunigen und legale Wege schaffen. Abkommen mit Drittstaaten über Migration sollen dabei helfen.“ Eine positive Aussage zum Asylrecht fehlt.
Wer sind denn die wahren Verfechter der Menschenrechte? Doch nicht das allein herrschende internationale Finanzkapital. Sondern alle diejenigen, die sich dagegen wenden, dass es Menschen erster und zweiter Klasse geben soll! Und natürlich diejenigen, die für die Befreiung von kapitalistischer Ausbeutung und Unterdrückung eintreten. Marxisten-Leninisten lehnen die heutige Klassenteilung der Gesellschaft in eine verschwindend kleine Gruppe von Menschen, die von der Ausbeutung der arbeitenden Menschen leben, und eine übergroße Mehrheit von Ausgebeuteten und Unterdrückten grundsätzlich ab, und treten für ihre revolutionäre Überwindung ein.
Das ganze Papier fordert von den Bürgern eine positive Einstellung zum Staat. Das ist der weltanschauliche Kern. „Demokratie lebt von Vertrauen in alle staatlichen Institutionen und Verfassungsorgane.“ Da können natürlich revolutionär eingestellte Menschen wie Marxisten-Leninisten nicht zustimmen! Denn der Staat ist der Staat der Monopole, eine Diktatur über die Arbeiter und über die Volksmassen.
Das Papier spricht geschickt die kleinbürgerliche-parlamentarische Denkweise an, deren Wirkung ein wesentlicher Faktor bei der Abwahl der CDU/SPD-Regierung war. Hoffnungen in das Parlament werden geweckt: „Wir werden daher das Parlament als Ort der Debatte und der Gesetzgebung stärken. Wir wollen die Entscheidungsfindung verbessern, indem wir neue Formen des Bürgerdialogs, wie etwa Bürgerräte nutzen, ohne das Prinzip der Repräsentation aufzugeben.“
Bürgerdialog? Wer führt hier Dialoge mit wem? Das ist doch armselig im Vergleich zur proletarischen Demokratie, in einer Diktatur des Proletariats über die Ausbeuter und Unterdrücker: „Die Mitglieder der Staatsorgane in sozialistischen Ländern unterscheiden sich grundlegend von bürgerlichen Parlamentariern. ‚1. nicht nur Wählbarkeit, sondern auch jederzeitige Absetzbarkeit; 2. eine den Arbeiterlohn nicht übersteigende Bezahlung; 3. sofortiger Übergang dazu, daß alle die Funktionen der Kontrolle und Aufsicht verrichten, daß alle eine Zeitlang zu 'Bürokraten' werden, so daß daher niemand zum 'Bürokraten' werden kann.‘“ (Lenin, zitiert in Stefan Engel, „Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Antikommunismus“, S. 201/202)
Die Bewegung „Gib Antikommunismus,Faschismus, Rassismus & Antisemitismus keine Chance!“ klärt auch auf über das Wesen dieses Staates, einschließlich der Rolle des bürgerlichen Parlaments!