Risiko einer Covid-19-Infektion ernst nehmen
Allgemeinmediziner Günter Wagner gibt Ratschläge
Im bisherigen Verlauf der Corona-Pandemie bagatellisierte die Bundesregierung das neue Virus. Der Gesundheitsschutz wurde sträflich vernachlässigt, die Gesundheit der Bevölkerung aufs Spiel gesetzt. Die Bundesregierung ist mit verantwortlich für zigtausend Corona-Tote. Viele dieser Menschen hätten nicht sterben müssen, wenn nicht die Interessen der Monopole Vorrang vor Menschenleben gehabt hätten.
Jetzt lässt die Regierung es so erscheinen, als sei die Pandemie mehr oder weniger vorbei. Dabei sind wir mitten in einer vierten Welle. Durch diese falschen Signale besteht die Gefahr, dass Menschen nachlässig werden, dass man die Gefahr einer möglichen Corona-Infektion und -Erkrankung nicht mehr ernst nimmt. Dabei ist es gerade jetzt wichtig, sich weiter voll verantwortungsbewusst zu verhalten. In Brasilien sandte der faschistische Präsident Jair Bolsonaro von Anfang an bis heute diese verhängnisvollen Signale. In den USA war Ex-Präsident Trump der größte Corona-Leugner. In Rumänien hatte im Sommer der damalige Premier Florin Citu versichert, die Pandemie sei „eliminiert“ worden. Jetzt herrscht in Rumänien eine dramatische Lage, die Kliniken sind völlig überfüllt. Dort, wo die Corona-Pandemie verharmlost oder geleugnet wurde und wird, erkranken und sterben die meisten Menschen.
Rote Fahne News führte ein Interview mit Günter Wagner, Facharzt für Allgemeinmedizin und Mitautor des im Verlag Neuer Weg erschienenen Buchs "Covid 19 - neuartig, gefährlich, besiegbar!" zu aktuellen gesundheitlichen Fragen.
Masken tragen, AHA-Regeln einhalten, sich impfen lassen
Rote Fahne News: Die Ansteckungszahlen gehen wieder hoch, es gibt Impfdurchbrüche und mit der kalten Jahreszeit halten wir uns wieder mehr in Räumen auf. Was sind Deine konkreten Verhaltensvorschläge für Erwachsene und Jugendliche in der derzeitigen anwachsenden 4. Welle der Corona-Pandemie?
Günter Wagner: Bei der derzeitigen Entwicklung der 4. Welle der Corona-Pandemie muss man Covid-19 und das Risiko der eigenen Erkrankung oder Verbreitung des Virus ernst nehmen. Das bedeutet: Außerhalb der eigenen vier Wände in geschlossenen Räumen und auch bei engen Zusammenballungen im Freien (Haltestelle, Demonstration, Weihnachtsmarkt etc.) Masken tragen und die AHA-Regeln einhalten. Es ist wichtig, sich zügig impfen zu lassen, wenn das noch nicht geschehen ist. Auch wer zweimal geimpft ist, kann sich erneut infizieren, die Viren an andere weitergeben oder selbst wieder an Covid-19 erkranken, wobei dies meist milde Verläufe sind. Das Impfen ist also unbedingt sinnvoll und nötig: Zum Eigenschutz und Schutz von anderen. Das zeigen auch meine eigenen täglichen Erfahrungen in der Praxis.
Empfehlungen zu Masken
Rote Fahne News: Was sind deine Empfehlungen zu Masken?
Günter Wagner: Die einfachen chirurgischen Masken bieten keinen ausreichenden Schutz. Sie filtern nur ca. 40 Prozent der Viren. Ihr Hauptzweck ist, dass der Operateur keine Bakterien in das Operationsfeld einbringt. Sie sind nicht für Viren konstruiert. Die FFP-2-Masken filtern ca. 95 Prozent der Viren und die FFP-3-Masken 98-99 Prozent. Im täglichen Leben zB. beim Einkaufen genügen FFP-2-Masken. Bei Treffen von mehreren Menschen in geschlossenen Räumen, z.B. Spiele-Abend, Versammlungen, Studienwochen, Veranstaltungen usw., sind sogar FFP-3-Masken dann dringend zu empfehlen, wenn keine Lüftungsanlage vorhanden ist oder Abstand nicht eingehalten werden kann. Ausreichend auf die Raumgröße dimensionierte Luftfiltergeräte sind in geschlossenen Räumen eine wirksame Methode, die mögliche Virenlast zu senken.
Worauf muss man bei Tests achten?
Rote Fahne News: Es gibt ja viele unterschiedliche Tests und auch mit sehr unterschiedlicher Qualität. Worauf muss man dabei achten?
Günter Wagner: Die Antigen-Schnelltests sind eine geeignete Methode, um Infizierte sofort zu finden. Allerdings gibt es da große Unterschiede. Da diese Tests gerade bei der jetzt verbreiteten Delta-Variante im Anfangsstadium einer Infektion im Vergleich zu einem PCR Test nicht so genau sind, muss auf die Qualität geachtet werden. Als erstes muss ein Schnelltest im Nasen-Rachen-Raum gemacht werden, also tief eingeführt werden, und nicht nur vorne in der Nase. Eine Liste der geprüften Test erhält man auf der Webseite des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Ich empfehle einen solchen Test mindestens einmal pro Woche. Bei Versammlungen über mehrere Tage, z. B. bei einer Studienwoche, soll vor Antritt und ein weiteres Mal während der Woche ein solcher Test gemacht werden.
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Fundierte Aufklärung - gegen Verharmlosung und Panikmache gleichermaßen
Empfehlung: Mund- und Nasenspülungen
Rote Fahne News: Sind die Tests ausreichend oder gibt es weitere Maßnahmen, wie man sich und andere schützen kann?
Günter Wagner: Da alle Schnelltests eine Lücke aufweisen, empfehle ich täglich zweimal Mund- oder Nasenspülungen. Bei gut feuchten Schleimhäuten werden die Viren herausgespült. Für die Mundspülungen (gurgeln) eignen sich: Listerine Cool Mint, Salbei Tee, der etwas stärker abgebrüht werden soll als zum Trinken. Für die Nasenspülungen nimmt man einen gehäuften Esslöffel Speisesalz auf einen Liter Wasser. Die Mund- und Nasenspülungen sind eine gute und wichtige Methode. Damit wird eine gegebenenfalls vorhandene Viruslast im Mund-Rachen-Bereich sofort erheblich reduziert. Man schützt sich selbst vor einer Infektion und behindert die Verbreitung. Für die Stärkung des Immunsystems ist eine vollwertige vitaminreiche Ernährung sowie regelmäßiger Ausdauersport und Bewegung an der frischen Luft unverzichtbar. Größere Mengen Alkohol, Rauchen und hoher Zuckerkonsum schwächen das Immunsystem. Im Einzelfall ist auch die tägliche Einnahme von Vitamin C, Zink, Vitamin D und Probiotika sinnvoll.
Booster-Impfung?
Rote Fahne News: In den Medien wird jetzt verbreitet, dass eine dritte Impfung nötig sei. Wie siehst du das?
Günter Wagner: Die STIKO (Ständige Impfkommission) empfiehlt eine dritte Impfung oder Booster bei über 70-jährigen; bei Bewohnern in Pflegeeinrichtungen; bei Pflegepersonal; bei Personal in medizinischen Einrichtungen und bei Patienten mit Immundefizit. Darunter fallen nicht nur Patienten mit einer Immunschwäche-Erkrankung, sondern auch Patienten mit Therapien, die das Immunsystem schwächen oder unterdrücken (Chemotherapie, Cortison, Bestrahlung, Immunsupressiva nach Organtransplantationen oder bei Autoimmunkrankheiten).
Außerdem sollen bisher nur mit einem Vektor-Impfstoff Geimpfte eine Auffrischung mit einem mRNA-Impfstoff bekommen. Der Mindestabstand zur zweiten Covid-Impfung sollte in der Regel sechs Monate betragen. Im begründeten Einzelfall kann die Booster-Impfung aber vorgezogen werden. Auch können impfende Ärzte Booster-Impfungen empfehlen und durchführen, wenn keines der obigen Kriterien erfüllt ist, aber individuelle Gründe dafür sprechen. In solchen Fällen und auch für die Beschäftigten im Gesundheitswesen ist eine Bestimmung des vorhandenen Antikörper-Spiegels ratsam (ca. 17 Euro), in Einzelfällen sogar ein Test der zellulären Immunität (ca. 130 Euro). Damit kann die Sicherheit erhöht werden, einen unzureichenden Impfschutz rechtzeitig zu erkennen, bzw. bei hohen Antikörpern Komplikationen durch eine zu frühe Booster-Impfung zu vermeiden. Es ist ein Unding, dass die Krankenkassen bisher die Kosten solcher Untersuchungen nicht übernehmen, hier ist entschiedener Protest angesagt! Ebenso muss das Testen wieder Kassenleistung werden! Auch vor einer Booster-Impfung sollte vorher ein Antigen-Schnelltest stattfinden, um nicht in eine beginnende Infektion hinein zu impfen. Am Tag der Impfung und mindestens noch am Folgetag müssen körperlich anstrengende Tätigkeiten und erhöhter Stress vermieden werden.