IG-Metall-Aktionstag in 50 Städten

IG-Metall-Aktionstag in 50 Städten

Tausende Arbeiterinnen und Arbeiter auf der Straße - Debatte über weiteren Weg des Kampfes

In 50 Städten Deutschlands rief die IG Metall heute Kolleginnen und Kollegen zum Aktionstag #fairwandel auf. Neben wichtigen Industriezentren wie Hannover/Wolfsburg, Stuttgart, Duisburg oder Leipzig fanden auch Aktionen am Kanzleramt und am Reichstag in Berlin und an Standorten wie von Opel/Stellantis in Eisenach oder Airbus in Hamburg statt.

Von Landesleitung Ost der MLPD
Tausende Arbeiterinnen und Arbeiter auf der Straße - Debatte über weiteren Weg des Kampfes
Heute beim IG-Metall-Aktionstag in Eisenach (rf-foto)

Gerade hier nutzten die Kolleginnen und Kollegen den Aktionstag für eine breite Diskussion im Kampf um jeden Arbeitsplatz auf der Straße.

Eisenach: Demonstration mit 2000 Teilnehmern setzt Zeichen

„Tous ensemble“ - alle zusammen! Das war der bewegende Schlachtruf von 35 Kollegen der Gewerkschaft cgt aus acht französischen Standorten des Stellantis-Konzerns, der ans Herz ging. Gemeinsam mit dem Solidaritätskreis bei Opel Eisenach und seinem offenen Mikrophon begrüßten sie die Opel-Belegschaft vor der Betriebsversammlung und anschließend den Demonstrationszug aus dem Werk. Tassilo Timm, Landesvorsitzender der MLPD Thüringen warf am offenen Mikrophon auf, dass sich zwei Wege gegenüber stehen: Der Weg der Illusionsmacherei in die bürgerlichen Politiker, des Abwartens, der Sozialtarifverträge zur Abwicklung von des Werks und der Weg des gemeinsamen länderübergreifenden Kampfes. Ein Opel-Kollege deckte auf, dass in einer Nacht- und Nebelaktion ein Kollege angewiesen wurde, in Eisenach Motorhauben zu produzieren, damit das Facelift des Grandland X in Sochaux/Frankreich anlaufen kann: „Kein Teil darf mehr das Werk verlassen!“. Viele Opelaner sind nachdenklich, hin und her gerissen und zugleich froh und stolz, dass mit der Demonstration mit mindestens 2000 Teilnehmern ein Zeichen gesetzt wurde. 200 Kollegen waren von VW Zwickau und verschiedenen Zulieferen mit vier Bussen angereist. Ihr Schlachtruf: „Hier gilt Solidarität, egal was auf dem Auto steht!“ Weitere Delegationen kamen von Opel Bochum und Rüsselsheim, sowie mehrere Busse von VW Kassel/Baunatal.

 

Man kann es dem 1. Bevollmächtigten der IG Metall Eisenach abnehmen, wenn er auf der Kundgebung nach der Demonstration erklärt: "Ich habe keine Lust, tausende Arbeitsplätze mit sozialem Klimbim und Sozialverträgen abzubauen. Alle Arbeitsplätze müssen in der Region bleiben.“ Das geht aber nur über den Weg des harten Kampfes über Ländergrenzen hinweg. Die „Gestaltung der Transformation“ und Hoffnung „auf eine Fortschrittskoalition in Berlin, die die richtigen Weichen stellt“, für die Wolfgang Lemb vom IG Metall-Vorstand eintrat, würde in die Niederlage führen. Ministerpräsident Ramelows (Linke) Beitrag war schon ein Abgesang. Er forderte Gespräche vom Stellantis-Chef Tavares ein und trat allen Ernstes dafür ein, „die Transformation aushalten zu können, und das braucht ein Transferkurzarbeitergeld von 1200,- €“.

 

Leider kamen die Redebeiträge der cgt-Kollegen und des Vertrauenskörpers von VW Zwickau erst ganz am Schluss, wo noch ca. 200-300 Kollegen auf dem Platz waren. Die Vertreter der cgt machten deutlich, dass die Verlagerung des Modells "Grandland X" nach Sochaux in Frankreich für sie keine gute Nachricht ist. Gegen das Gift der Spaltung müssen die Arbeiter den Weg der Einheit über Ländergrenzen hinweg gehen "Das ist möglich und der einzige Weg". Jörn Andre, Vertrauenskörperleiter von VW Zwickau, zeigte sich tief bewegt: "Wie gerade muss der Rücken sein, wenn man ein Produkt mit zusätzlicher Arbeit versprochen bekommt und man stattdessen mit Zug oder Auto hunderte Kilometer aus Frankreich kommt und hier seine Solidarität zeigt ... Auch wir versprechen: innerhalb von einer Woche haben wir ein Video mit 80 Kollegen zur Solidarität erstellt, mit 200 Kollegen sind wir heute hier und wenn die Schweinebande von PSA nicht einlenkt, dann werden wir beim nächsten Mal noch mit viel mehr kommen. Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“

Kollegen haben gezeigt: Man kann auch in Krisenzeiten kämpfen

Die IG-Metall-Führung reagierte mit dem Aktionstag auf ein gewachsenes Klassenbewusstsein in vielen Belegschaften. Dazu hatten wesentlich die Erfahrungen der Tarifstreiks der GDL-Beschäftigten, der Charitè- und Vivantes-Angestellten oder der Airbus-Belegschaften in den Wochen vor der Bundestagswahl beigetragen. Sie setzten damit ein Zeichen: Man kann auch in Krisenzeiten kämpfen, entgegen der im Wahlkampf von Regierung und Monopolen versuchten Dämpfung der Klassenwidersprüche. Allerdings ist auffällig, dass die Beteiligung in vielen Städten unter den Möglichkeiten blieb. Das zeigt, dass auch viele Arbeiter noch Hoffnungen in die neue Regierung haben und abwarten. Immerhin war die SPD wieder stärkste Partei unter Arbeitern geworden. Zudem wurde an vielen Orten von der Gewerkschaftsführung die Mobilisierung bewusst eingeschränkt. Auch wirkte die gesellschaftliche Verwirrung und Spaltung etwa durch die sozialfaschistische Demagogie der AfD.

700 Metaller in Berlin

An der Kundgebung in Berlin nahmen ca. 700 Metaller teil von Siemens, Daimler, Acelor Mittal Eisenhüttenstadt, Porsche und BMW Leipzig, Schaeffler, MAN und vielen weiteren Betrieben. Der Vertrauenskörperleiter von Acelor/Mittal Eisenhüttenstadt sagte im Gespräch mit dem Bundesgeschäftsführer Michael Kellner Bündnis90/Die Grünen: Ihren Worten müssen jetzt nur auch Taten folgen, das sehen wir als Stahlarbeiter erfahrungsgemäß sehr skeptisch. Dass die Kollegen in Eisenhüttenstadt bezahlt von der Arbeit für die Teilnahme freigestellt wurden, sahen viele mit gemischten Gefühlen. "Gut ist, dass vorneweg unsere Auszubildenden und IG-Metall-Jugend dadurch in großer Masse mitgekommen ist. Auch unter den Siemens- und Daimlerkollegen wurde über das "Greenwashing" der Konzerne vielfältig diskutiert. Hier versuchten die Geschäftsleitungen allerdings, eine breite Teilnahme an dem Aktionstag zu verhindern, indem sie die Desinformation ausgab, der Aktionstag würde sich nur an Betriebsräte und Gewerkschaftsfunktionäre richten.

 

Auch wenn die meisten Kollegen die Orientierung auf einen Dialog zwischen der IG-Metall-Führung und den Parteienvertretern von SPD, Grünen, CDU und Linkspartei kritisierten und immer wieder forderten, selbst zu Wort zu kommen, gibt es noch einigen Klärungsbedarf. Z. B. über die Aussagen von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), der betonte: "Gerade im letzten Jahr hat der Sozialstaat Unternehmen geholfen und damit die Wirtschaft am Leben gehalten." Dass durch das Kurzarbeitergeld Arbeitsplätze erhalten wurde, ist noch eine durchaus gängige Ansicht. Zugleich wächst die Offenheit für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, die Arbeitsplätze auf Kosten der Profite erhalten kann.

Nürnberg: Siemensianer wenden sich gegen die weitereZerschlagung des Siemens-Konzerns

400 Kollegen aus verschiedenen Südstadtbetrieben nahmen teil, v.a. aus den verschiedenen Siemens-Betrieben, sie wandten sich gegen die weitere Zerschlagung des Siemens-Konzern. Es kam auch eine größere Delegation von MAN und deren Lehrwerkstatt, weitere Delegationen von Leistritz, ZF. Die Teilnahme der Kollegen gerade aus der Produktion war teils richtig erkämpft. In Stuttgart beteiligten sich 10.000 aus wichtigen Betrieben aus ganz Baden-Württemberg

MLPD steht für den Weg der Arbeiteroffensive

Für den Weg der Arbeiteroffensive steht die MLPD, die aktiv an den Kundgebungen teilnahm, sich mit den Kolleginnen und Kollegen auseinandersetzte und u.a. das Buch "Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Antikommunismus" vertrieb. In Braunschweig war das allerdings nicht erwünscht. Paul Deutsch berichtet: "Gestern fand auf dem Besucherparkplatz der Salzgitter AG ein IG-Metall-Aktionstag statt. Er war von den Verwaltungsstellen der IG Metall in Salzgitter und Braunschweig gemeinsam organisiert. Als langjähriges Mitglied der IG Metall wollte ich natürlich auch daran teilnehmen. Und ich wurde schon erwartet. Allerdings weniger erfreut. Kaum bewegte Ich mich in Richtung Kundgebungsplatz, kam der Werkschutz auf mich zu: 'Sie kommen hier nicht rein!' 'Wieso?' 'Sie haben hier Hausverbot!' Das ist mir so noch nie passiert. Ohne etwas wie auch immer geartetes zu tun außer an der Kundgebung teilnehmen zu wollen -'Hausverbot!' Dazu muss man als Hintergrund wissen, ich habe in Salzgitter als Direktkandidat der Internationalistischen Liste MLPD bei der Bundestagswahl 2021 kandidiert mit dem Ziel, Industriearbeiter für den Kampf um eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung, den echten Sozialismus, zu gewinnen."

Beifall für "Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich"

Zwischen 250 und 300 Kolleginnen und Kollegen kamen in München zum Odeonsplatz . In den Betrieben war wenig mobilisiert worden. Viele der Teilnehmer waren Betriebsräte und Gewerkschaftsfunktionäre. Viel Beifall gab es, als die Rednerin Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich forderte. Eine Courage- Kollegin, die die Forderung nach der 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich trug, wurde zum begehrten Fotomotiv.