Kontaktbesuche
Essen: „Ich arbeite wirklich gerne, aber …“
„Ich arbeite wirklich gerne, aber …“, das sagte uns Rita, die wir auf der Abschlusskundgebung der Internationalistischen Liste / MLPD zur Bundestagswahl in Essen, Ende September, kennenlernten. Rita ist Putzfrau. Sie putzt Büros und vor allem Toiletten. Sie ist 54 Jahre alt und hat vier Kinder. Wir besuchen sie und Rita erzählt uns über ihre Arbeit.
Die Arbeitsbedingungen sind mehr als hart. Morgens ums 7 Uhr fängt sie an zu arbeiten, um 1 Uhr kommt sie nach Hause. Sie hat vier Putzjobs. „Ich weiß gar nicht, wie ich das durchgehalten habe, mittlerweile mache ich das seit fast 40 Jahren. Die Toiletten sind oft sehr schmutzig. Als Putzfrau bist du die Letzte im Glied. „Früher bekamen wir Kurzarbeitergeld, jetzt haben sie das Kurzarbeitergeld gestrichen und uns unsere Arbeitszeit reduziert. Wir bekommen jetzt viel weniger.“ Wir fragen, wer das Geld bekommt, das die Besucher auf der Toilette bezahlen. Sie lacht: „Viele denken, dass bekommen die Putzfrauen. Nein, das bekommt die Firma. Wir sind angestellt und die schleppen säckeweise das Geld nach Hause.“ Das bei der MLPD die Parteivorsitzende nicht mehr Geld erhält als der Pförtner, das gefällt ihr.
Sie erzählt, wie die Reinigungsfrauen von den Chefs oft schikaniert werden. „Eine Stunde vorher, sagen die dir, dass dein Plan sich jetzt geändert hat, dass du länger arbeiten musst. Die fragen nicht mal, sie befehlen. ‚Ihr Privatleben interessiert mich nicht‘, sagte meine Chefin zu mir.“ Das kam bei Rita nicht gut an. Sie lässt sich nicht gerne schikanieren. „Ich habe einmal meiner Chefin gesagt, dass ich auch das Fernsehen holen kann. Die hat nur gelacht. Als dann das Fernsehen da war, hat sie nicht mehr gelacht.“ Aber Rita wurde gekündigt.
Sie erzählt, wie sie unter der dem Druck einen Nervenzusammenbruch bekommen hat. Auch einen Bandscheibenvorfall bekam Rita. Sie ist zum Arzt gegangen. Der wollte sie krankschreiben, aber Rita wollte nicht. „Davon werde ich auch nicht gesund.“ Die Chefin versuchte Rita unter Druck zu setzen: „Wie kommen Sie dazu, während der Arbeitszeit zum Arzt zu gehen. Wir sind doch nicht im Wunschkonzert.“
Trotzdem sagt Rita: „Ich arbeite wirklich gerne.“ Was Sie ärgert ist die Geringschätzung ihrer Arbeit. Manche sagen doch glatt: „Hättest du Lesen und Schreiben gelernt, dann müsstest du nicht putzen. Ich komme aus der DDR und habe dort eine Ausbildung als Hauswirtschafterin gemacht. Manche Menschen verlassen die Toilette unter aller Sau. Da habe ich auch schon Mal die Security geholt und habe die Ihren Dreck wegputzen lassen.“
Sie ist nicht mehr in der Gewerkschaft. Da ist sie vor vielen Jahren bei einem Betriebswechsel rausgegangen. Wir sagen, „Du bist stark und lässt dich nicht verbiegen, aber alleine stehst du das nicht durch. Ohne Organisation sind die Arbeiter den Kapitalisten unterlegen.“ Sie kommt ins Nachdenken. Darüber müssen wir noch weiter diskutieren.
Sie sagt: „Die packen immer nur oben drauf, die Arbeitshetze wird immer größer.“ Ihr ist klar, dass der Kapitalismus die Ursache dafür ist. Wir sagen: „Der Antikommunismus verstellt den Arbeitern eine Perspektive. Die Kapitalisten behaupten, der Sozialismus sei ein Terrorsystem, der Kapitalismus sei perspektivlos.“ Die MLPD sieht das anders. Wir stellen ihr das Buch von Stefan Engel „Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Antikommunismus vor.“ „Das interessiert mich,“ sagt sie, kauft das Buch und gibt noch zwei Euro Spende oben drauf. Wir vereinbaren, dass wir uns bald wieder treffen.