Corona-Pandemie

Corona-Pandemie

Alarmstufe Rot – endlich entschlossene Maßnahmen durchsetzen!

Die vierte Welle der Corona-Pandemie türmt sich auf, ungebremst, mit exponentiellem Verlauf – quantitativ schlimmer als je zuvor.

Von gb
Alarmstufe Rot – endlich entschlossene Maßnahmen durchsetzen!
Foto: Dennis Skley

Am 14.  November betrug die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland 289,9. Täglich werden neue Rekordzahlen seit Beginn der Pandemie gemeldet. Immer mehr Kliniken und Intensivstationen sind vollgelaufen und können keine Notfälle mehr versorgen. Es gibt Landkreise mit Inzidenzwerten über 1000. Bei den Neuinfektionen liegt der Wochentrend bei 58 Prozent Zunahme.

 

Es geht laut dem Virologen Christian Drosten um die ernsthafte Gefahr weiterer 100.000 zusätzlicher Toter: „Wir haben eine echte Notfall-Situation.“¹ Ärzte und Pflegepersonal sind am Ende ihrer Kräfte. In den Flüchtlingsheimen in NRW gibt es eine skandalöse Impfquote von nur 21 Prozent.2 Empörende Karnevals-Genehmigungen wie in Köln garantieren schon die nächsten Hot-Spots. Eine übergroße Mehrheit in der Bevölkerung ist sauer und fordert mehr Entschlossenheit. Laut aktuellem ZDF-Politbarometer sagen 49 Prozent, die Corona-Schutzmaßnahmen „müssten härter ausfallen“. Richtig! 71 Prozent fordern eine Impfpflicht für Beschäftigte in Gesundheitswesen und Pflege, 65 Prozent befürworten dies für Beschäftigte in Schulen und Kitas.

Völlige Unfähigkeit der Herrschenden

Doch was machen die Regierungsverantwortlichen? RKI-Chef Lothar Wieler verkündet zwar dramatisch: „Es ist fünf nach zwölf.“3 Aber was wird wirklich getan? Bis vor wenigen Wochen erweckten die Regierenden den Eindruck, man habe die Pandemie nun im Griff. Verantwortungslos verweigern sie die längst dringend gebotenen Maßnahmen.

 

Noch schlimmer: Sie entschärfen das Bundesinfektionsschutzgesetz so, dass nur noch „Maßnahmen mit geringer Eingriffstiefe“ im Ermessen der Länder möglich sind. Sie folgen dem Diktat der Monopole, die sich jegliche Einschränkung ihrer Profitwirtschaft verbitten, ohne Rücksicht auf Verluste. Lediglich bei den Bürgertests musste die Regierung nach massenhafter Kritik zurückrudern: Seit dem 13. November sind sie wieder kostenlos.

 

Dass die Impfkampagne bei 67 Prozent vollständig Geimpften stagniert und die Booster-Impfung nur mäßig in Gang kommt, liegt ebenfalls in der Verantwortung der Regierenden. Ihr pragmatisches „Auf-Sicht-Fahren“ entwickelt sich gerade zur Massenkarambolage im dichten Nebel. Dabei kann man bei wissenschaftlicher Analyse und Handlungsweise im Interesse der breiten Massen durchaus klar sehen.

Aktiver Widerstand – jetzt!

Die MLPD hat in der Roten Fahne 23/2021 (Seite 23) und auf Rote Fahne News am 10. November (mehr dazu hier) einen ausführlichen Forderungskatalog zur vierten Welle der Pandemie zur Diskussion gestellt: Maskenpflicht, kostenlose Tests, Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen, breite Überzeugungsarbeit und individuelle Impfberatung, Booster-Impfungen für Risikogruppen und für andere nach vorherigem Antigen- und Antikörpertest, Forschung und beschleunigte Zulassung von wirkungsvollen Therapien und neuen noch nebenwirkungsärmeren Impfstoffen, bei Zusammenkünften in Innenräumen „2G plus“, umgehende Lohnerhöhungen und Neueinstellungen im Gesundheitswesen und in der Altenpflege!

 

Volle Solidarität mit den kämpfenden ver.di-Kolleginnen und -Kollegen in der gegenwärtigen Tarifrunde der Bundesländer!

Das alles gilt uneingeschränkt weiter – ist aber inzwischen zu wenig!

Deshalb muss die Diskussion entschlossener geführt werden: Eine Option ist die früher schon von der MLPD aufgestellte Forderung nach einem begrenzten und massenfreundlichen Lockdown, vor allem einschließlich der Industrie und auf Kosten der Profite. Dazu meint der Duisburger Arzt Dr. Günther Bittel, Mitglied der Medizinerplattform des Internationalistischen Bündnisses:

 

„Ein kurzer, schlagkräftiger Lockdown kann geeignet sein, die vierte Welle zu brechen. Zwei Wochen Ferien für die Republik, volle Weiterzahlung von Löhnen und Gehältern sowie des Verdienstausfalls bei kleinen Selbständigen auf Kosten der Monopole! Sinnvolle Kontaktbeschränkungen sind geboten. Demonstrationen und Versammlungen im Freien unter Bedingungen des Gesundheitsschutzes müssen jederzeit möglich sein!“

 

Dr. Bittel erhält Zustimmung von weiterer kompetenter Seite. So fordert die Physikerin Viola Priesemann vom Max-Planck-Institut „einen kurzen, harten Lockdown“: „Wenn wir in einer verzweifelten Situation sind, müssen wir zwei Wochen lang alles herunterfahren.“4 Auch darf die Diskussion über eine Ausdehnung der Impfpflicht auf weitere soziale Berufe bis hin zu einer allgemeinen Impfpflicht kein Tabuthema mehr sein.

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Der Aufschrei der Corona-Leugner bis hin zu schweren Bedenken von um die Freiheitsrechte Besorgten wird bei diesem Vorschlag nicht auf sich warten lassen. Nicht nur die neue Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), sondern auch einige fortschrittliche Menschen, die eigentlich aus medizinischen Gründen für eine Impfpflicht wären, lehnen sie dennoch mit der Begründung ab, dies würde die Spaltung der Gesellschaft vertiefen. Dieses Ausweichen vor einer prinzipiellen und klärenden Auseinandersetzung trägt aber gerade zur Spaltung und vielseitigen Schwächung der Arbeiter- und Volksbewegung bei, die von den bürgerlichen Parteien bewusst betrieben wird.

Was ist mit der „Freiheit der anderen“?

Alles was reaktionären Kräfte von der FDP bis hin zu AfD oder „Querfront“ zu entschiedeneren Maßnahmen einfällt, ist ihr Gejammer vom „Ende der Freiheit“. Selbst eine 2G-Regelung wird teilweise als „Impfpflicht durch die Hintertür“ demagogisch bekämpft. Doch wer sich notorisch gegen den notwendigen Gesundheitsschutz der Allgemeinheit stellt, darf sich nicht wundern, wenn seine individuelle „Freiheit“ eingeschränkt wird. Wer als Impfverweigerer freien Zugang zu allen Events und Veranstaltungen fordert, der besteht damit auf seinem „Recht“, mit erheblich höherem Risiko alle anderen mit Corona anzustecken.

 

Was ist das für ein egoistischer und rücksichtsloser Freiheitsbegriff, der die Gesundheit oder sogar das Leben anderer Menschen und den Zustand der Gesellschaft, die Perspektive der Menschheit, der eigenen Lust und Laune unterordnet? Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass im Gesundheitswesen der Impfstatus für Hepatitis kontrolliert und nach Kanülen-Verletzungen ein HIV-Test gemacht wird. Feuerwehrleute wie Stahlarbeiter, Lokführer wie Piloten müssen sich regelmäßig arbeitsmedizinisch untersuchen lassen – wo ist das Problem? Eine grobe Fahrlässigkeit wäre es, dies zu unterlassen!

 

Mit der Überbelegung von Krankenhausbetten werden auch Leben und Gesundheit von Herzinfarkt-, Schlaganfall- und Krebspatienten aufs Spiel gesetzt. Die Flucht völlig überlasteter und enttäuschter Pflegekräfte aus den Intensivstationen hat bereits begonnen - mit der Konsequenz stillgelegter Intensivbetten. Der Freiheitsbegriff der bürgerlichen Ideologie meint im Kern die Freiheit der Kapitalisten, auszubeuten und zu unterdrücken, predigt als kleinbürgerlich-individualistischen Freiheitsbegriff den eigenen egoistischen Vorteil und die Rücksichtslosigkeit gegenüber allen anderen.

„Die Freiheit, die ich meine ...“

Die von der MLPD seit Monaten angestoßene Freiheitsdiskussion zieht nun erfreulich breite Kreise. So kann man unter anderem auch in der Frankfurter Rundschau vom 12. November lesen: „Eine Pandemie ist keine Privatsache. Und die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt, soll der Philosoph der Aufklärung, Immanuel Kant, im 18. Jahrhundert gesagt haben. Aufklärung gab es genug. Jetzt braucht es für die Zeit der Bekämpfung der Pandemie, deren Ende maßgeblich durch Impfverweigerer verzögert wird, eine Impfpflicht – zumindest für einzelne Berufsgruppen.“

 

Richtig! Doch noch weitaus überzeugender polemisierte der dialektische Materialist Friedrich Engels im „Anti-Dühring“ gegen den reaktionären Freiheitsbegriff, knapp zusammengefasst in dem Leitsatz „Freiheit ist Einsicht in die Notwendigkeit“: „Nicht in der geträumten Unabhängigkeit von den Naturgesetzen liegt die Freiheit, sondern in der Erkenntnis dieser Gesetze, und in der damit gegebnen Möglichkeit, sie planmäßig zu bestimmten Zwecken wirken zu lassen. … Freiheit des Willens heißt daher nichts andres als die Fähigkeit, mit Sachkenntnis entscheiden zu können. “5

Impfdurchbrüche – kein Argument gegen die Impfung

Gegenwärtig erkranken auch vollständig Geimpfte zunehmend an Corona oder weisen einen positiven Test auf, ohne dass sie wesentliche Symptome hätten. Hämische Kommentare aus den Reihen der Impfskeptiker, die Impfung würde nichts bringen und sei nur gefährlich, sind trotzdem völlig daneben. Geimpfte haben überwiegend einen leichten Verlauf, 90 Prozent der Corona-Patienten auf den Intensivstationen sind Ungeimpfte. Ohne die Impfungen hätten wir aktuell schon das perfekte Chaos und Zehntausende Tote mehr.

 

Die Delta-Variante ist ungleich infektiöser als das ursprüngliche Virus. Nach drei Monaten beginnt der Verbreitungsschutz der Impfung zu sinken. Das rechtfertigt eine Booster-Impfung für alle bisher vollständig Geimpften, beginnend mit den Risikogruppen – aber zu einem optimalen Zeitpunkt! Deshalb muss alles getan werden, um eine fast vollständige Impfquote zu erreichen – in Spanien und Portugal ist das gelungen, mit dem Ergebnis niedriger Inzidenzwerte. Vor allem aber muss auch entschieden und schnell vorgegangen werden, weil jedes Warten die Option einer neuen Mutation heraufbeschwört.

 

Auch deshalb muss unbedingt weltweit die rasche Impfung durchgesetzt werden, die vielen armen Ländern immer noch aus Profitgier und imperialistischem Machtkalkül verweigert wird!

Aus der vierten Welle herausimpfen?

Eine wachsende Zahl von Ärzten und Wissenschaftlern betont, dass es unmöglich wäre, sich aus dieser Welle „herauszuimpfen“, kritisiert die Untätigkeit der Regierenden und fordert drastische Maßnahmen. Eine 21-köpfige Gruppe um die Physikerin Viola Priesemann, die Virologinnen Sandra Ciesek und Ulrike Protzer, die Epidemiologin Eva Grill, den Immunologen Carsten Watzl, den Intensivmediziner Christian Karagiannidis und den Soziologen Armin Nassehi betont in ihrem gerade veröffentlichten Strategiepapier, dass Schulschließungen nur ein letzter Schritt zur Entlastung der Kinder- und Jugendmedizin sein dürften.

 

Sie fordern ein Maßnahmenbündel, das sie "Not-Schutzschalter" oder "Not-Aus" nennen: Homeoffice und engmaschige Testpflicht am Arbeitsplatz, verkleinerte Gruppen in Kindergärten und Schulen, (Teil-)Schließung von Geschäften, Restaurants, Dienstleistungen und Veranstaltungen, generell deutliches Reduzieren von Kontakten in der Arbeitswelt, der Öffentlichkeit und im Privaten. Es sei wichtig, einen solchen Schritt frühzeitig zu planen und „so stark wie möglich durchzuführen, damit sich der Aufwand überproportional auszahlt“.6

 

Diese Hinweise aus der Wissenschaft sind wichtig und wertvoll. Sie erfordern aber umso mehr, den Kampf gegen diese verheerende Krisenpolitik selbst in die Hand zu nehmen und dies mit einer breiten Bewusstseinsbildung im eigenen Umfeld zu verbinden. Die Regierenden sind resistent gegen wissenschaftlichen Rat, sofern er ihnen nicht in den Kram als Dienstleiter der Monopole passt.

Pandemie brechen – kämpferische Opposition handlungsfähig halten und stärken!

Aus dem brisanten Gemisch von Corona-Desaster, Verschärfung der Weltwirtschafts- und Finanzkrise, Umwelt- und Flüchtlingskrise, Abwälzung der Krisenlasten und steigender Inflation ergibt sich umfassender Handlungsbedarf für die kämpferische Opposition.

 

Die Arbeiter- und Volksbewegung, die Kräfte des Internationalistischen Bündnisses müssen in einer solchen Situation ihre bewusstseinsbildende Arbeit intensivieren; klärende Massendiskussionen im direkten Kontakt mit den Menschen sind das Gebot der Stunde. Sie müssen darauf aufbauend ihre Mobilisierungs- und Kampfkraft erheblich ausweiten. Die stärkste Investition in die Zukunft ist dabei die Stärkung von MLPD und Jugendverband REBELL.

 

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