Athen und Thessaloniki
Große Demonstrationen am Jahrestag des Aufstands gegen die Militärjunta
Am 17. November 1973 schlug die griechische Militärjunta einen Aufstand von Studenten, Arbeitern und Schülern an der technischen Universität in Athen blutig nieder. Mehrere junge Leute wurden getötet, zahlreiche Demonstranten schwer verletzt.
Dieser Aufstand und der auf die gewaltsame Unterdrückung folgende weltweite Aufschrei, die nationale und internationale Solidarität waren der Beginn des Endes der griechischen Militärdiktatur. 1974 stürzte das griechische Volk die Diktatur, die es mehr als sieben Jahre geknebelt hatte. An jedem Jahrestag des mutigen Aufstands am Athener Polytechnion finden in den griechischen Großstädten machtvolle Demonstrationen statt. Sie widmen sich keineswegs nur dem Gedenken an die Ereignisse von 1973, sondern stellen aktuelle politische Unterdrückungsmaßnahmen wie ein neues Polizeigesetz, die ultrareaktionäre Flüchtlingspolitik der griechischen Regierung und der EU sowie die gesamte Rechtsentwicklung in Griechenland an den Pranger. Bei den diesjährigen Vorbereitungen der Demonstrationen an der technischen Universität, die wir während eines aktuellen Aufenthalts in Athen in Augenschein nehmen konnten, gab es auch Solidarität mit dem Streik der Cosco-Arbeiter im Hafen von Piräus und sogar Parolen gegen die Zerstörung des Hambacher Walds in Deutschland.
Am 17. November 2021 demonstrierten in Athen und Thessaloniki Zehntausende zum Gedenken an den Aufstand 1973 und besonders gegen das von der Regierung unter Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis 2019 durchgepeitschte Gesetz, das eine "Universitätspolizei" vorsieht. Es hebt ein seit 1982 geltendes Gesetz auf, das Polizei und Militär untersagte, die griechischen Universitäten zu betreten. Dieses Gesetz war einmalig in Europa. Im Volksmund heißt es "Uni-Asyl", das den Studierenden, Universitätsbeschäftigten und zum Teil auch politisch Verfolgten von außerhalb Schutz vor Polizeiübergriffen gewährleistete. Seit seiner Verabschiedung hören Protest und Widerstand gegen das Gesetz nicht auf; sie werden von vielen Teilen der Bevölkerung unterstützt. Anfang 2021 hielten Studenten und Dozenten deswegen die Universität Thessaloniki besetzt, bis sie von der Polizei geräumt wurde. Eine ständige bewaffnete Campus-Polizei an den griechischen Universitäten entsprechend dem Gesetz von 2019 konnte die Mitsotakis-Regierung bisher nicht durchsetzen.