Ein neuer Name und 31 Euro mehr

Ein neuer Name und 31 Euro mehr

Bürgergeld: Das soll der große sozialpolitische Wurf sein?

Was haben die Parteien, die jetzt ihre Ampel-Koalitionsverhandlungen führen, im Wahlkampf getönt? Alle drei, vor allem aber SPD und Grüne überboten sich gegenseitig mit salbungsvollen Worten und großen Versprechungen.

Von gis
Bürgergeld: Das soll der große sozialpolitische Wurf sein?
Herbstdemonstration in Leipzig (rf-foto)

"Die Grundsicherung werden wir grundlegend überarbeiten und zu einem Bürgergeld entwickeln", heißt es im Wahlprogramm der SPD. „Sinnwidrige und unwürdige Sanktionen schaffen wir ab.“ Und auch im Sondierungspapier für die Koalitionsverhandlungen heißt es großspurig, dass das neue Bürgergeld die „Würde des und der Einzelnen achten“ und „zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen“ soll.

 

Der Berg kreiste und gebar eine Maus. Worüber verhandeln die Koalitionäre konkret?

  • Sie denken darüber nach, den Regelsatz um 31 Euro auf 480 Euro zu erhöhen. Die alte Bundesregierung hat allen Ernstes im September eine Erhöhung von 446 auf 449 Euro ab 2022 beschlossen, da sollen jetzt noch 31 Euro dazukommen. Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein angesichts der derzeitigen Inflationsrate. Ein Korrespondent schreibt an Rote Fahne News: "Bis zum 31.10.2021 hat mir mein Anbieter einen Gaspreis von brutto 4,24 Cent pro kwh sowie einen Grundpreis im Monat von brutto 12,50 € errechnet. Ab dem 1.11.2021 wurde dann eine Erhöhung auf brutto 7,46 Cent pro kwh angekündigt bei gleichem Grundpreis. Das entspricht einer Erhöhung von 75% vom Gaspreis.... Jetzt kostet bei Mitgas Gas brutto 10,47 Cent pro kwh zu einem Grundpreis von 8,00 € brutto im Monat - also wieder eine Erhöhung vom ursprünglichem Angebot von 76%." Das zum Gaspreis. Insbesondere die Preise für grundlegende Lebensmittel sind weit überdurchschnittlich gestiegen.
    Die Kölner Montagsdemo berichtet: "Bei der Montagsdemo am 8.11.2021 stand im Mittelpunkt die derzeitige Teuerungsrate und ihre Auswirkungen auf die Menschen, die Leistungen nach SGB II beziehen. Die Bundesregierung hatte im September die Erhöhung des Regelsatzes von 446 € auf 449 € beschlossen. Bei der derzeitigen Inflationsrate von 4,5 % bedeutet das: Real werden die Betroffenen in 2022 17 € weniger im Portemonnaie haben. Die Erhöhung entpuppt sich als Kürzung. Für 'Wohnungsmieten, Energie und Wohninstandhaltung' sind im Regelsatz 2022 38,07 € enthalten – allein bei Energie liegt die Preissteigerung bei 14,5% derzeit." Unterdessen sind die Monopolprofite u. a. durch verschärfte Ausbeutung der Arbeiter und Arbeiterinnen und durch großzügige staatliche Subventionen explodiert: So hat Daimler einen Betriebsgewinn von 3,6 Milliarden Euro gemeldet, das sind 17 Prozent mehr als im Vorjahr. Dabei haben sie 25 Prozent weniger Fahrzeuge als im Vorjahr abgesetzt.
  • Die Hartz-Gesetze, die 2005 von der damaligen SPD-Grünen-Regierung als Teil der Agenda2010 eingeführt wurden, sind die am meisten verhassten Gesetze in Deutschland. Durch den Zwang, jede Arbeit anzunehmen, wurde das Lohnniveau in Deutschland massiv gesenkt, die Unterbeschäftigung ausgedehnt und die Leiharbeit salonfähig gemacht. Die Massen wollen die Hartz-Gesetze vom Tisch haben. Die Montagsdemobewegung als soziales Gewissen fordert seit 17 Jahren "Hartz IV muss weg!" Und was tut die Ampel? Sie gibt dem Ganzen einen neuen Namen, eine neue Fassade - "Bürgergeld" - und lässt den Kern bestehen. Warum beschließen sie nicht die Weiterzahlung des Arbeitslosengelds I für die gesamte Dauer der Arbeitslosigkeit? Das hat die Arbeiterklasse längst erarbeitet! Ein solcher Beschluss würde dann die Bezeichnung "grundlegende Überarbeitung" eher verdienen. Montagsdemo, Internationalistisches Bündnis, MLPD und REBELL werden an diesen Forderungen festhalten und sie verbreiten, bis Hartz IV wirklich vom Tisch ist.
  • Die von Hartz IV betroffenen Menschen werden wegen kleinster "Vergehen" wie dem Versäumen eines Termins mit Sanktionen überzogen. Das Schlimmste ist diese demütigende und entwürdigende Behandlung, das hört man oft. Im Gegensatz zu den Wahlkampfversprechen der bürgerlichen Parteien wollen sie, so berichten Medien von den Koalitonsverhandlungen, an den Sanktionen festhalten.

 

Kleine Zugeständnisse sind die Ausweitung der Hinzuverdienstgrenzen und dass in den ersten beiden Jahren des Bürgergeld-Bezugs Wohnungsgröße und "Schonvermögen" möglicherweise nicht kontrolliert werden. Das erleichtert das Leben der Betroffenen für eine gewisse Zeit, aber es steht doch in keinem Verhältnis zu den Wahlversprechen. In einem der reichsten Länder der Welt werden Arbeitslose und Geringverdiener mit Brosamen abgespeist!

 

  • Für die volle Durchsetzung der gewerkschaftlichen Forderungen in den aktuellen Tarifrunden!
  • Kampf für einen Lohnnachschlag!
  • Inflationsausgleich bei allen Sozialleistungen!
  • Kampf der Abwälzung der Krisenlasten auf die Arbeiter und auf die breiten Massen!
  • Hartz IV muss weg!