Tarifrunde im öffentlichen Dienst der Länder
Volle Durchsetzung der gewerkschaftlichen Forderungen!
Vor der dritten Runde der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst der Länder am 27. und 28. November 2021 in Potsdam haben die DGB-Gewerkschaften GdP, GEW, IG BAU und ver.di in der vergangenen Woche zu Warnstreiks aufgerufen. Bundesweit sind tausende Beschäftigte dem Aufruf der Gewerkschaften gefolgt. Sie fordern fünf Prozent mehr Lohn und Gehalt, mindestens aber 150 Euro.
Kämpferische gewerkschaftliche Warnstreiks, Kundgebungen und Demonstrationen in dieser Tarifrunde setzen die Reihe von Kämpfen der Arbeiter und Angestellten fort, die schon während des Wahlkampfs eingesetzt haben - in einer Situation, in der sonst oft eher abgewartet wurde, was die Parteien versprechen und die neue Regierung dann umsetzt. Nicht so heuer: Die Eisenbahner erkämpften entschlossen wichtige Zugeständnisse, obwohl sie erheblichen Gegenwind zu spüren bekamen. Die Beschäftigten von Charité und Vivantes ließen sich nicht einschüchtern, wenn ihnen wegen ihres berechtigten langandauernden Streiks, der sich auch gegen den Berliner Senat richtete, die Schuld für unzureichende Patientenversorgung in die Schuhe geschoben wurde. Dieser Kampf hat wiederum die jetzigen Warnstreiks inspiriert. An den Aktionstagen der IG Metall am 29. Oktober und am 19. November (Bosch) nahmen Tausende teil und setzten sich kämpferisch für ihre Rechte und Forderungen ein. Der Kampf der Eisenacher Opelaner um jeden Arbeitsplatz, der Erfahrungen der Bochumer Opelaner verarbeitete, erfuhr konzernweite und länderübergreifende Unterstützung.
In München streikten am Donnerstag Beschäftigte der Universitätskliniken, verschiedener Museen und Theater, von Gerichten und bei der Polizei. Bei einer Demonstration auf dem Münchner Odeonsplatz stand im Mittelpunkt "Forderungen voll durchsetzen! Streik für mehr Personal!" Der Münchner ver.di-Geschäftsführer empört sich über das Angebot der Tarifgemeinschaft der Länder: "Das Angebot der Arbeitgeberseite ist bisher: Null Euro. Das ist eine Watschn für jede Krankenschwester." Skandalös besonders die Begründung für das Null-Angebot: Die Belastung des Klinik-Personals durch die Corona-Krise sei ja nur temporär! Erstens dauert diese "temporäre" Belastung jetzt schon zwei Jahre und wird durch das verantwortungslose Krisenmanagement der Regierungen immer schlimmer. Zweitens war der Personalmangel in den Kliniken schon vor der Corona-Krise haarsträubend und die Bezahlung miserabel.
Bei einer Demonstration mit 4.000 Beschäftigten des Öffentlichen Diensts in Düsseldorf am Donnerstag rief ver.di-Chef Frank Werneke: "Wir akzeptieren keinen Corona-Notabschluss!“ ver.di fordert 300 Euro mehr für alle im Gesundheitswesen Beschäftigten, die dieses am Laufen halten, also auch für Reinigungskräfte, Küchenhilfen und Handwerker. Die Länder haben das Bundesverfassungsgericht angerufen, um eine Flexibilisierungsoffensive juristisch durchzusetzen. Sie wollen Personal flexibel nach "Arbeitsanfall" einsetzen – und die fixe Eingruppierung in Tariflöhne auflösen. Die Gewerkschaften wenden sich zu Recht dagegen. Vor Arbeitsgerichten gibt es Tausende Streitfälle. Vor allem neu Eingestellte würden dann mit Niedriglöhnen abgespeist und alle müssten sich mit unsäglich flexibilisierten Arbeitszeiten und Schichtplänen herumschlagen. Als Erfolg der kampfstarken Warnstreiks haben die Länder diesen Angriff erstmals vertagt. Angesichts der immensen Preissteigerungen müssen die Lohnforderungen unbedingt voll durchgesetzt werden. Der Chef des Deutschen Beamtenbunds, Ulrich Silberbach, sagte in der laufenden Tarifrunde, eigentlich müssten die Gewerkschaften ihre Forderung von fünf Prozent mehr sogar nachträglich erhöhen.
Von der Demonstration am Donnrstag in Düsseldorf berichten Korrespondenten: "Mehrere Tausend Kollegen des öffentlichen Dienstes in NRW versammelten sich in Düsseldorf und demonstrierten zum Landtag für die Durchsetzung ihrer Forderung nach 5% mehr Lohn und Gehalt. Angesichts der Inflation ist diese Forderung das Mindeste. Für Geringverdiener dürfte sie kaum ausreichen, die Steigerung der Lebenshaltungskosten auszugleichen. Die Tarifgemeinschaft der Länder ging bisher gar nicht auf die Forderung ein. Demenstprechend sollte mit der Aktion auf die Landesregierung Druck ausgeübt werden, womit die Demo direkt politischen Charakter hatte. Vertreten waren die verschiedensten Bereiche des öffentlichen Dienstes."
In Erlangen fanden gleichzeitig ein Streik an der Uni-Klinik und ein Warnstreik der GEW statt. Zu der Auftaktkundgebung am 25. November vor der Kantine des Internistischen Zentrums der Universitätsklinik kamen 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) provoziert die Beschäftigten massiv mit der Aussage, dass durch die Pandemie die Belastung nicht gestiegen sei. Ein Hammer ist es, dass streikende Schülerinnen und Schüler der Schule für Gesundheitsberufe einen Verweis bekommen haben. Hier entwickelt sich trotz des heftigen Gegenwinds durch disziplinären und moralischen Druck auf die Kolleginnen und Kollegen eine große Kampfbereitschaft, die in der jetzigen Phase der Regierungsbildung über den Kampf um höhere Löhne hinaus politische Bedeutung hat. In Augsburg streikten am Donnerstag die Auszubildenden der Uniklinik im Rahmen der Tarifrunde. Es waren auch viele ältere Kollegen, auch von anderen Gewerkschaften, dabei. Die Stimmung war kämpferisch. Die Aufgeschlossenheit gegenüber der Unterschriftensammlung "Gib Antikommunismus keine Chance!" war groß. Die Umweltgewerkschaft Augsburg unterstützte die streikenden Azubis mit einer Solidaritätserklärung.
Die MLPD Heilbronn schreibt in einer Solidaritätserklärung an die Beschäftigten und Streikenden im Öffentlichen Dienst: "Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Öffentlichkeit wird diskutiert, ob es der geeignete Zeitpunkt für Streiks im Öffentlichen Dienst sei. Wir möchten uns dazu klar positionieren: Gerade in der Krise können und müssen wir um unsere Rechte und unsere Löhne kämpfen! ... Allein im Gesundheitswesen benötigen wir 150.000 Neueinstellungen und die Durchsetzung der von ver.di geforderten 300 Euro. Daher verdient Euer Tarifkampf die volle Unterstützung der Bevölkerung. Sie macht jeden Tag Erfahrungen mit den Folgen des flächendeckenden Personalproblems:
- Warteschlangen in Bürgerämtern
- Überlastung in Sozial- und Gesundheitsämtern
- fehlende KiTa-Plätze
- Lehrermangel in den Schulen und
- Überlastung der Kliniken und Pflegeeinrichtungen usw.
Daher fordern wir alle auf, die gestern den 'Alltagsheldinnen' freundlich applaudiert haben: Unterstützt aktiv den Tarifkampf der Gewerkschaften! Denn ihr kämpft nicht nur für Euch, sondern für alle Betroffenen. Unsere MLPD-Mitglieder sind aktiv dabei. Im Nachrichtenportal Rote Fahne News kommen die Streikenden selbst zu Wort, die bundesweite Solidarität wird organisiert. Wir wünschen Euch Ausdauer und viel Erfolg!"
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