Tarifrunde öffentlicher Dienst der Länder

Tarifrunde öffentlicher Dienst der Länder

Dieser faule Kompromiss ist nicht zu akzeptieren!

Gestern haben sich ver.di, GEW, IG BAU, GdP und Beamtenbund mit der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) auf ein Verhandlungsergebnis für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder - mit Ausnahme von Hessen - geeinigt.

Von gp
Dieser faule Kompromiss ist nicht zu akzeptieren!

Tausende Beschäftigte aus allen Bereichen haben sich wochenlang an kämpferischen Warnstreiks und Demonstrationen beteiligt. Das sind Kolleginnen und Kollegen in der Verwaltung, in Unikliniken, Schulen, Kitas, bei Polizei und Feuerwehr, Straßenmeistereien, Forst- oder auch Abfallbetrieben. Sie waren bereit, für ihre Forderungen zu kämpfen, auch eine Schippe drauf zu legen. Die strikte Ablehnung der Forderungen der Gewerkschaften durch die TdL hat die Beschäftigten erst recht herausgefordert.

 

Letzte Woche gingen nochmal tausende Menschen auf die Straße und forderten nachdrücklich die volle Durchsetzung  der gewerkschaftlichen Forderungen: 5 Prozent mehr Lohn / Gehalt, mindestens aber 150 Euro und 300 Euro für alle, die das Gesundheitswesen am Laufen halten. Den Kolleginnen und Kollegen war besonders wichtig, dass diese Forderung auch für Reinigungskräfte aufgestellt wird, nicht nur in der Pflege. Bei der Demo mit 4.000 Beschäftigten des Öffentlichen Diensts in Düsseldorf am Donnerstag rief ver.di-Chef Frank Wer­ne­ke: "Wir ak­zep­tie­ren kei­nen Co­ro­na-Not­ab­schluss!“

 

Das Verhandlungsergebnis, auf das er sich eingelassen hat, enthält ein paar Zugeständnisse, ist aber in der Gesamtheit ein fauler Kompromiss, weit entfernt von den Forderungen, die die Gewerkschaften mit vollem Recht aufgestellt und für die die Kolleginnen und Kollegen gekämpft haben. Soll das ein Stillhalteabkommen als Ansage an die designierte  Regierung sein, die Krisenlasten auf die Massen abzuwälzen?

 

  • Bis März 2022 soll es einen steuerfreien „Corona-Bonus“ von 1.300 Euro geben, für Azubis, Praktikantinnen und Praktikanten und studentische Beschäftigte 650 Euro. Das bedeutet ein Nullrunde für die Löhne, denn erst ab Dezember 2022 soll es eine Lohnerhöhung von 2,8 Prozent geben. Für Azubis, Praktikantinnen und Praktikanten und Studierende sollen 50 Euro mehr bzw. 70 Euro gezahlt werden. Die Gewerkschaften hatten 5% mehr Lohn, mindesten aber 150 Euro bzw. 300 für das Gesundheitswesen bei einer Laufzeit von 12 Monaten gefordert! Jetzt soll der Tarifvertrag eine Laufzeit von 24 Monaten haben.
  • Der "Corona-Bonus" ist eine nicht tabellenwirksame Einmalzahlung!
  • An Unikliniken wird ab Januar 2022 die Intensiv- und Infektionszulage von 90 auf 150 Euro erhöht. Auch Physiotherapeuten oder Laborbeschäftigte profitieren von dieser Erhöhung. Und was ist mit den ganzen anderen Beschäftigten im Gesundheitswesen, die es am Laufen halten?
  • Zum 1. Januar sollen außerdem einige Zulagen steigen: Pflegezulage von 125 auf 140 Euro, die Schichtzulage für Beschäftigte, die ständig in Schichten arbeiten müssen, von 40 auf 60 Euro und die Wechselschichtzulage für diejenigen, die ständig in verschiedenen Schichten arbeiten, von 105 auf 150 Euro. Das gilt aber nicht für Reinigungskräfte, Küchenhilfen und Handwerker, die ebenfalls dazu beitragen, das Gesundheitswesen am Laufen zu halten!
  • Positiv zu werten ist die Vereinbarung, dass die Übernahmeregelung für Auszubildende wieder in Kraft gesetzt wird. Erfolgreich wurde durch die große Kampfbereitschaft der Kollegen vorläufig der Angriff der Tarifgemeinschaft der Länder auf die Eingruppierungsregeln abgewendet, der zu massiven Lohneinbußen führen würde.

 

Für die meisten Beschäftigten im Öffentlichen Dienst bedeutet das Verhandlungsergebnis angesichts der Inflation Reallohnabbau. Mit welchem Recht sagt der ver.di-Vorsitzende, dass „nicht mehr drin gewesen sei“, wenn die Gewerkschaften auf den vollen Einsatz der gewerkschaftlichen Kampfkraft verzichtet haben? Zumal die Forderungen große Zustimmung unter der Bevölkerung hatten. Ver.di will eine Mitgliederbefragung zu dem Verhandlungsergebnis durchführen. Innergewerkschaftlich muss jetzt diskutiert werden, zu diesem faulen Kompromiss Nein zu sagen!

 

Das Ifo-Institut erwartet, dass die offizielle Inflationsrate bis auf fünf Prozent zum Jahresende und 2022 über drei Prozent steigen wird. Denn die Unternehmen geben die Preiserhöhungen bei Vorprodukten und Rohstoffen ungeniert an die Kunden weiter. Die EZB-Präsidentin Christine Lagarde erklärte dagegen noch vor kurzem, dass die Inflation nicht von Dauer sei. Meint sie, die Leute bilden sich die Preissteigerungen ein? Streiks für Lohnnachschlag sind die richtige Antwort - die Arbeiter und Angestelltem haben keinen Grund, der neuen Regierung ein Stillhalteabkommen anzubieten!