Ampel-Regierung
Jugendpolitik im Koalitionsvertrag der neuen Regierung
Klima, Digitalisierung und Jugendpolitik im engeren Sinn werden im Koalitionsvertrag der neuen Regierung am höchsten gehängt. Der Vertrag ist offensichtlich eine Reaktion auf die Rebellion der Jugend.
Seine neuen Töne sollen vor allem die Jugend gewinnen. Dazu werden große Ankündigungen, wie die eines „Nationalen Aktionsplans für Kinder- und Jugendbeteiligung“ in der Politik (S. 98) gemixt mit konkreten Verbesserungen wie der Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre (S. 12). Das fordert die MLPD seit Jahren.
Originalton: „Wir wollen allen Menschen unabhängig von ihrer Herkunft beste Bildungschancen bieten, Teilhabe und Aufstieg ermöglichen und durch inklusive Bildung sichern.“ (S. 93) Da legt die SPD-GRÜNE-FDP-Regierung die Latte aber hoch! Ist Deutschland doch geradezu berüchtigt dafür, dass die Bildungschancen wie kaum in einem anderen Land davon abhängig sind, aus welchem Elternhaus man stammt. (so die OECD -Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in ihrer aktuellen Studie). Hierzulande haben Kinder aus Arbeiterfamilien bei gleichen Leistungen in der 4. Grundschulklasse nach wie vor bis zu viermal geringere Chancen auf eine Empfehlung zum Übergang in eine höhere Schule als Kinder aus sozial bessergestellten Familien. „Soziale Ungleichheiten werden im Laufe der Schulzeit sogar noch verstärkt“, stellt GEW –Vorstandsmitglied Ilka Hoffmann fest. Ein Studium beginnen schließlich nur 21% der Kinder aus Nichtakademikerhaushalten, während 74% der Akademikerkinder studieren. Wobei die MLPD und ihr Jugendverband REBELL ein Universitätsstudium nicht als das am meisten erstrebenswerte Bildungs- und Berufsziel ansehen.
Derart großspurige Versprechungen der neuen Regierung nehmen die Massen von vorneherein nicht so ernst. Gefährlicher wird es für die „Ampel“, wenn Worte und Taten regelrecht abgerechnet werden können. Beispielsweise anhand der Ansage im Koalitionsvertrag zu den Kitas: „Verbesserung der Betreuungsrelation, Sprachförderung und ein bedarfsgerechtes Ganztagsangebot (S. 95). Sorgt die neue Regierung dafür, dass über 100.000 weitere Erzieherinnen eingestellt werden, die derzeit für eine angemessene Betreuung von Kindern im Vorschulalter fehlen? (nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung, taz 26.9.21)
Einer der allergrößten Skandale ist, dass in einem der reichsten Länder der Welt mehr als jedes 5. Kind in Armut aufwachsen muss, in Ruhrgebietsstädten inzwischen sogar mehr als jedes 3. Kind. Diese „unbearbeitete Großbaustelle“ (so die Bertelsmann-Stiftung)mit 2,8 Millionen Kindern will die „Ampel“ mit einer Kindergrundsicherung erledigen. Zu einem einkommensunabhängigen Garantiebetrag für jedes Kind in gleicher Höhe soll ein Zusatzbetrag kommen - abhängig vom Elterneinkommen. Ob diese hehren Pläne nicht angesichts der gigantischen Staatshilfen auf den Teppich geholt werden, die im selben Koalitionsvertrag den Konzernen zugesichert werden?
Schon die Ankündigung im Koalitionsvertrag „Modernisierung des Schulsystems durch die Anschaffung neuer digitaler Technik“ ist angesichts der katastrophalen Rückständigkeit deutscher Schulen ein großes Wort. Kein Wort steht aber im Koalitionsvertrag zu der von MLPD / REBELL schon immer und erst recht in Corona-Zeiten erhobenen - mindestens so wichtigen - Forderung nach kleineren Klassen, Einstellung von mehr Lehrern, Renovierung der maroden Schulgebäude.
„Wir wollen jeder und jedem eine möglichst sichere Beschäftigungsbiografie ermöglichen und die Beschäftigungsfähigkeit durch Qualifizierung und gesunde Arbeit erhalten.“ Solche Sätze (auf S. 65 im Vertrag) sind hohle Worte angesichts von 2,1 Millionen ohne Berufsabschluss (= fast 15 Prozent der 15 – 25-Jährigen). Und die Forderung einer „Ausbildungsgarantie“, für alle Jugendlichen („stets vorrangig im Betrieb“ – S. 66) geht ebenfalls um den heißen Brei herum. Dahingegen sprechen MLPD / REBELL Klartext mit „Für die Verpflichtung der Großbetriebe zu einer Ausbildungsquote von mindestens 10 Prozent der Beschäftigten!“, „Unbefristete Übernahme aller Azubis entsprechend der Ausbildung!“
Zum Abschied von Kanzlerin Merkel werden in bürgerlichen Medien deren Regierungszeit als „Jahre des Stillstands“ bewertet, den die Massen satt sind. Da kann die neue Regierung gar nicht anders, als mit großen neuen Versprechungen rüber zu kommen, besonders für die Jugend. Aber gerade die Jugend verzeiht inzwischen am wenigsten, wenn Versprechungen nicht eingehalten werden. Das wissen die Jugendorganisationen der bürgerlichen Parteien und der Vorstand der Grünen Jugend macht prompt die kritische Begleitmusik: „In der Ampel gibt es wenige Rückschritte und einige wichtige Verbesserungen."
Mit den jugendpolitischen Versprechungen im Koalitionsvertrag soll eine Denkweise erhalten werden, die sich mit dem „Machbaren“ zufrieden gibt. Sprich mit dem, was die Monopole zulassen. Bis dahin, wo die Monopole ihre roten Ampeln nicht überfahren lassen. Alle, die über diese Grenze hinaus gehen, werden als „Extremisten“ verteufelt. So wie die MLPD, die von den Bedürfnissen der Massen ausgeht und dem, was längst (und erst recht in einer sozialistischen Zukunft), möglich ist.