Deutsche Regierung bislang größte Bremse
Impfstoffpatente endlich freigeben!
Der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph E. Stiglitz, Professor an der Columbia-Universität in New York, plädiert dafür, dass die Impfstoff-Patente freigegeben werden - zumindest vorübergehend.
Nach den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) für geistiges Eigentum können die Impfstoffhersteller ihre Patente unter Verschluss halten, die Herstellung limitieren und allein ihren Maximalprofit damit machen. Der neue deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach, damals noch in der Opposition, hat sich Mitte September für eine WTO-Ausnahmeregelung ausgesprochen. Damit könnten viel mehr Impfdosen in und für Entwicklungsländer hergestellt werden. Bislang ist die deutsche Regierung der wichtigste Bremser. Frankreich, Italien und Spanien unterstützen die Ausnahmeregelung. Die Merkel-Scholz-Regierung hatte sogar andere EU-Staaten dazu zu bewegen versucht, sie abzulehnen.
Mitte November 2021 waren etwa 53 Prozent der 7,9 Milliarden Menschen weltweit mindestens einmal gegen Covid-19 geimpft. In den ärmeren Ländern der Welt waren es weniger als sieben Prozent. Die Impfraten sind in Afrika besonders niedrig. In Kenia beispielsweise sind nur 2,6 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft. Schon bevor das Boostern notwendig und die Impfung von Kindern freigegeben wurde, benötigte die Welt, je nach Schätzung, zwischen 11 und 15 Milliarden Dosen – was die derzeitigen Produktionskapazitäten weit übersteigt.
Die WTO-Ausnahmeregelung ist vor einem Jahr erstmals vorgeschlagen worden. "Wäre sie angenommen worden", so Stiglitz in einem Gastbeitrag in der heutogen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung, "gäbe es heute weniger Infizierte, weniger Klinikaufenthalte und weniger Todesfälle, insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenländern. Deshalb müssen Produktionsanlagen im globalen Süden möglichst sofort in Betrieb genommen werden. Andernfalls haben wir keine realistische Chance, den Kampf gegen die Pandemie in näherer Zukunft zu gewinnen."
Dieser Chance stehen die Patentrechte und der Kampf um die maximalen Profite der Pharmakonzerne entgegen. Die letzte deutsche Regierung stand hier voll auf der Seite der Pharmakonzerne. Vorgeschobenes Argument ist, ohne Patentschutz käme die Impfstoffforschung zum Erliegen. Das Beispiel der kubanischen Impfstoffe zeigt das Gegenteil. In die schnelle Entwicklung der Corona-Impfstoffe in Europa flossen Millionen Euro staatliche Subventionen. Es ist kapitalistischer Widersinn, dass die Investitionen vergesellschaftet sind, die Monopole sich aber die Gewinne privat aneignen. Die neue deutsche Regierung könnte jetzt ihren Worten Taten folgen lassen und sich für die Freigabe der Patente einsetzen.