AUF Gelsenkirchen
Jan Spechts Rede zum städtischen Haushalt 2022
Jan Specht, für das fortschrittliche Kommunalwahlbündnis AUF Gelsenkirchen im Stadtrat, hielt bei der letzten Ratssitzung eine haushaltspolitische Rede. "Rote Fahne News" dokumentiert die Pressemitteilung von AUF.
Verehrte Besucherinnen und Besucher, meine Damen und Herren, sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, der Haushalt 2022, der heute verabschiedet wird, ist ein beeindruckendes Zahlenwerk. Herzlichen Dank an die Mitarbeiter der Verwaltung dafür. Und doch wird das reale Ergebnis ganz wesentlich von der Entwicklung der Corona-Pandemie und der wirtschaftlichen Entwicklung abhängen.
Der jüngste Stichtags-Bericht zur Entwicklung des Hauhshalts zeigt welche eklatanten Abweichungen durch die allseitigen Auswirkungen der Pandemie entstehen. Jede Welle kostet Gelsenkirchen Menschenleben, die Gesundheit vieler Mitbürgerinnen und Mitbürger, aber auch Millionensummen. Die vierte Welle wäre vermeidbar gewesen. CDU, SPD, FDP und Grüne tragen die Verantwortung, dass der pandemischen Lage aufgrund einer Mischung aus Wunschdenken, wahltaktischem Verhalten und Verantwortungs-Pingpong nicht entschieden entgegengewirkt wurde. Eine besondere Verantwortung trägt aber auch die AfD, die ganz bewusst die Menschen mit Realitätsleugnung verwirrt und rücksichtloses und egoistisches Verhalten fördert.
Einen ausgeglichenen Haushalt wird es 2022 nur geben unter Berücksichtigung der „außerordentlichen Erträge aus der Corona-Schadensisolierung“ in Höhe von 30 Millionen. Erträge, die keine Erträge sind, sondern Schulden für die nächsten 50 Jahre. Hier sind die Forderungen an Bund und Land nach einem Gewerbesteuerausgleich, einer vollen Übernahme der Kosten der Unterkunft und einem Altschuldenschnitt absolut angebracht. Ohne eine Neuregelung der Kommunalen Finanzierung zulasten von Großkonzernen, Spekulationsgewinnen und Großvermögen kann diese Armutsspirale nicht durchbrochen werden.
Die größten Unwägbarkeiten liegen sicher in der Entwicklung der Weltwirtschaft, die erneut einbrechen kann – sei es durch das Platzen von Immobilienblasen, die anhaltende Störung der Lieferketten, Inflation, die kapitalistische Konkurrenz zwischen USA, EU, China und Russland oder eine neue Virusvariante. Ein besonderes Risiko sehe ich auch in der Erhöhung der Militärhaushalte, wie von der neuen Bundesregierung geplant. Zum einen, weil die Mittel dafür bei den Kommunen fehlen werden und weil Krieg die Hauptursache für Flucht ist. Gleichzeitig bekommen die Menschen, besonders die ärmeren, die steigende Inflation empfindlich zu spüren. Auch in Gelsenkirchen sollen heute Gebührenerhöhungen beschlossen werden.
Die Haushaltsanträge von AUF wurden auch in diesem Jahr alle abgelehnt. Zum einen aus ideologischen Gründen. So wird die Ungleichbehandlung von Einzelmandatsträgern was die Zuwendungen für ihre Geschäftsbedürfnisse angeht weiter fortgesetzt. Andere Anträge wurden wohl auch aus finanziellen Erwägungen abgelehnt: Für das Grundschulgelände in Rotthausen wird als Billiglösung ein Gelände vorgesehen, welches jahrzehntelang aufgrund der hochgradigen Belastung mit Kokereistoffen zu keinem anderen Zweck genutzt werden konnte. Die vollumfängliche Anschaffung von Luftfiltern für die Schulen und Kindertagesstätten (mobil oder stationär) wird weiter herausgezögert, bis die Pandemie vorbei ist. Es geht nicht an, dass Hilfen für ausreichend Plätze in Frauenhäusern nicht erhöht werden. Zu all diesen Punkten hat AUF sinnvolle Anträge gestellt.
Unverändert lastet Arbeitslosigkeit auf dieser Stadt - infolge der Stilllegung von Bergbau und Stahl. Gleichzeitig wird über Fachkräftemangel geklagt. Das Theaterstück „Stadt der Arbeit“ im Musiktheater war in dieser Hinsicht sehr anregend und hat gezeigt, welche Potentiale in Gelsenkirchen stecken. Wir müssen als Stadt dazu mehr Initiative entwickeln, wie von AUF vorgeschlagen. Das reicht von Initiativen für mehr Ausbildungsplätze, systematischer Qualifizierung und Arbeitserlaubnis für Geflüchtete bis zum Kampf um bessere personelle Ausstattung, höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen, z. B. in den Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen.
Es freut mich, dass einheitlich auch die rassistisch motivierten Anträge der AfD abgelehnt wurden. Es wurden durchaus auch eine ganze Reihe guter Anträge gestellt, wie die kostenlose Abgabe von Menstruations- und Hygiene-Artikeln. AUF Gelsenkirchen wird dennoch diesem Haushalt aus all den vorgenannten Gründen nicht zustimmen.