Immer mehr Chemie-Unfälle

Immer mehr Chemie-Unfälle

Bayer und Currenta: Profitmaximierung wird erkauft mit Toten und Verletzten

Am 9.12. wieder ein toter Arbeiter und fünf Schwerverletzte bei Currenta, ehemals Bayer, in Dormagen. Am 27. Juli starben sieben Arbeiter bei der Explosion der Giftmüll-Verbrennungsanlage in Leverkusen, 31 wurden zum Teil schwer verletzt. Auch davor im Juni hatte es schon zwei Unfälle in Leverkusen mit jeweils drei Verletzten gegeben.

Von gos
Bayer und Currenta: Profitmaximierung wird erkauft mit Toten und Verletzten
Protestkundgebung im August in Leverkusen gegen die Vertuschung der Explosionsursachen (rf-foto)

Brutalität der Geschäftsführung

Wie brutal herzlos die Geschäftsführung eingestellt ist, zeigt sich in ihrem Verhalten z.B. nach der Explosion in Leverkusen.

  • Ein Kollege berichtet: „8 von 9 Giftmüll-Tanks waren zerfetzt und zerstört. Wir deutschen Kollegen durften den Unfallort nur mit Ganzkörper-Schutzanzügen und Sauerstoffflaschen betreten. Currenta setzte für die Aufräumungsarbeiten aber vier Wochen lang Arbeiter direkt aus Bulgarien ein. Die hatten weder einen Schutzanzug noch ein Sauerstoffgerät – sie trugen nur eine Corona-Maske. Sie verstanden kein Wort deutsch oder englisch, wir konnten ihnen nichts erklären.“ Längst sind diese Arbeiter - mit den Giften in ihren Körpern - praktisch unauffindbar nach Bulgarien zurückgebracht worden.
  • Ein anderer Kollege: „Mein Bekannter wurde von der Feuerwalze von hinten überrollt. Durch die Kleidung war sein ganzer Rücken verbrannt, zum Glück nicht sein Gesicht. Drei Wochen lag er im Koma. Jetzt kommt er langsam zu sich. Sein Leben ist kaputt. Von Bayer oder Currenta bekommt er eine kleine Rente und ein paar warme Worte. Aber Schmerzensgeld, wie in den USA vielleicht Millionen? Nada!“
  • Bis heute ist nicht ausgeschlossen, dass Dioxin,- PCB- und Furanverbindungen nach dem stundenlangen Brand in die Luft gelangt sein könnten. Die Behörden empfahlen den Bewohnern der anliegenden Stadtteile, Obst und Gemüse aus dem Garten vorsorglich nicht zu essen und bei nicht aufschiebbaren Arbeiten im Garten Handschuhe zu tragen. Currenta bot allen Anwohnern an: Man würde jedem von ihnen einhundert Euro zahlen, wenn sie dafür in Zukunft auf alle weiteren Schadensersatz-Forderungen verzichten würden. Nach deren empörten Protest nahm Currenta das wieder zurück.
  • Auf einer Protestkundgebung der MLPD in Leverkusen forderte ein Teilnehmer: „Wenn Currenta Profite macht, kassiert der Vorsitzende Lars Friedrich einen Bonus in Millionenhöhe - so, als ob er allein dafür verantwortlich ist und das allein erwirtschaftet hat. Aber wenn etwas schief geht wie mit der Explosion, will er damit nichts zu tun haben – aber er und niemand anders gehört deshalb hinter Gittern!“

Hintergrund: Scharfe internationale Konkurrenz

Bayer und der Chemiekonzern Lanxess, ehemals Bayer, haben die Chempark-Betreiberin Currenta (sie ist u.a. für die ganze Logistik auf dem Werksgelände zuständig) im Jahr 2019 für 3,5 Milliarden Euro an Macquarie verkauft, ein Konzern und Infrastrukturbetreiber. Bayer braucht Geld wegen des 56 Milliarden schweren Fehleinkaufs von Monsanto. Um dessen Profite zu erhöhen, sammelte Currenta hochgiftige Chemie-Abfälle aus ganz Europa ein, um sie gegen schlechtes Geld in Leverkusen zu verbrennen. Inzwischen stammt etwa ein Drittel der Abfälle aus ausländischer Chemie-Produktion; nach der jüngsten Kapazitätserweiterung dürfen pro Jahr 264.000 Tonnen Giftmüll verbrannt werden. Zum Zeitpunkt der Explosion warteten in den neun Tanks 402 Kubikmeter flüssiges Chemie-Gift auf ihre Verbrennung!

Behörden - Bayers Handlanger

Am Samstag, dem 11. Dezember, meldete die Presse: „Die Bezirksregierung erkennt nach der verheerenden Explosion in Leverkusen keinen Veränderungsbedarf.“ ¹ Umweltverbände wie Greenpeace, der BUND oder die Coordination gegen Bayer-Gefahren, Vertreter der Klimaliste, der Bürgerlise und der MLPD aus Leverkusen, auch der Linken und Grünen (allerdings nicht die aus Leverkusen) hatten gefordert: Bevor hier wieder Giftmüll verbrannt wird, muss, sowohl zum Schutz der dort Beschäftigten wie der Anwohner, ein neues Genehmigungsverfahren eingeleitet werden; die ca. 50 Jahre alten Genehmigungen sind längst überholt – z.B. durch die Seveso-Richtlinie!

 

Jetzt erklärt die Bezirksregierung: „Currenta muss die Ursache der Katastrophe vom 27. Juli absolut sorgfältig aufarbeiten lassen.“ Man weiß, dass das nur in Bekundungen tiefster Betroffenheit über das tragische Ereignis enden wird. Und weiter: „Dann kann die Bürriger Sondermüll-Verbrennungsanlage ohne tiefgreifende Veränderungen wieder in Betrieb gehen.“ Das ist ein Skandal! Schon bisher hatte die Bezirksregierung dadurch geglänzt, dass sie die zwei- bis dreijährliche Kontrolle nur per Videokonferenz durchgeführt hatte, in der das zuvor allein von Currenta selber zur Verfügung gestellte Aktenmaterial „erörtert“ wurde – das Verfahren verdient absolut nicht die Qualifizierung als „Kontrolle“, - es ist allenfalls eine sinnentleerte Plauderei. Die Bezirksregierung dagegen: „Aus Sicht der Bezirksregierung ist dieses Überwachungssystem ausreichend.“

Verbot der Mülldeponierung und -verbrennung

Ein weiteres kleines krasses Beispiel dieser Liebedienerei: Direkt über die Giftmüll-Verbrennungsanlage führt eine 110-Kilovolt-Leitung. Durch die Explosion war das Kabel gerissen und lag mitten in dem Brand auf dem Boden. Dieser Erdschluss führte dazu, dass die Feuerwehr fast zwei Stunden lang das Feuer nur ganz unzureichend bekämpfen konnte; so lange brannte und qualmte und dauerte es, bis die Leitung endlich abgeschaltet wurde. Die Bezirksregierung: „Das darf auch weiter so bleiben.“ Noch deutlicher kann man die Hosen nicht herunterlassen.

 

Aber Anwohner und Kollegen, Umweltverbände und andere werden diesen Skandal nicht hinnehmen! Die MLPD fordert in ihrem Programm: Verbot der Mülldeponierung und -verbrennung. Verpflichtung zu umfassenden Recycling – höchste Sicherheitsstandards bei der Lagerung und Verwertung von Abfällen jeder Art!


¹) KStA 11.12.21