Neue Regierung

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Die "wertebasierte Außenpolitik" der Grünen

Als Konsequenz aus dem Berliner Mordurteil gegen einen Russen erklärt die Bundesregierung zwei Mitarbeiter der russischen Botschaft in Deutschland zu „unerwünschten Personen“. Das sei dem russischen Botschafter Sergej Netschajew am Mittwoch bei einem Gespräch im Auswärtigen Amt erklärt worden, sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in Berlin. Ein solcher Schritt kommt einer Ausweisung der Diplomaten gleich.

Von gis
Die "wertebasierte Außenpolitik" der Grünen
Unwahrscheinlich, dass North Stream 2 gestoppt wird

Das Berliner Kammergericht hatte den Angeklagten Russen Wadim Krasikow wegen Mordes an dem Georgier Tornike Changoschwili zu lebenslanger Haft verurteilt. Dem Urteil zufolge hatte Krasikow sein Opfer im August 2019 mitten im Kleinen Tiergarten in Berlin erschossen. Das sei Staatsterrorismus, sagte der Vorsitzende Richter des Berliner Kammergerichts. Empörung über Mordanschläge und gezielte Tötungen von politischen Gegnern durch imperialistische Staaten und ihre Geheimdienste ist berechtigt. Es ist aber Heuchelei der deutschen Regierung, sich selbst und die EU wortgewaltig von solchen Methoden zu distanzieren, um die Massen in den imperialistischen Konkurrenzkampf gegen Russland zu involvieren. Als der frühere  US-Präsident Barack Obama gezielte Morde in aller Welt angeordnet hatte, löste dies keine diplomatischen Krisen zwischen Deutschland und den USA aus. Insbesondere hörte und hört man keine Kritik, wenn solche gezielten Tötungen Revolutionäre betreffen, so durch die faschistische türkische Regierung an kurdischen Freiheitskämpfern.

 

Das hat sich bisher auch unter der deutschen Ampel-Regierung mit Außenministerin Annalena Baerbock nicht geändert, die bei ihren ersten Auslandsreisen und der Teilnahme am G7-Gipfel in Liverpool mit ihrer Proklamation einer "wertebasierten Außenpolitik" Schlagzeilen machte. "Wertebasiert" klingt besser als machtpolitisch. Wie "Bürgergeld" angenehmere Assoziationen weckt als "Hartz IV". "Wir stehen für eine wertebasierte und europäische Außenpolitik. Es braucht eine klare Haltung gegenüber Regelbrechern. Menschenrechte und demokratische Zivilgesellschaften wollen wir weltweit stärken", heißt es in der Erklärung der Grünen zu ihrem Regierungsprogramm in der Außenpolitik, ähnlich auch im Koalitionsvertrag der Ampelregierung.

 

Als "Regelbrecher" hat die neue Außernministerin vor allem Russland und China im Visier. Eine Aufkündigung der reaktionären Zusammenarbeit mit der faschistischen türkischen Regierung oder mit Katar hat sie bislang nicht angekündigt. Gegen die "Regelbrecher" Russland - das sich die Krim einverleibt hat und Oppositionelle hinter Gitter bringt - und China - das nationale Minderheiten unterdrückt - will Baerbock hingegen knallhart vorgehen. Sie kündigt den Stopp von North Stream II an, den diplomatischen Boykott der Olympischen Spiele in China - von einem Boykott der Fußball-WM in Katar sprach sie nicht -, will sich in einer möglichen Eskalation des Handelskriegs zwischen den USA und China auf die Seite der USA stellen und fordert eine uneingeschränkte EU-Unterstützung für die Ukraine, auch im Falle eines offenen militärischen Konflikts. Das ist psychologische Kriegsvorbereitung!

 

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betont, dass Außenpolitik Chefsache sei und pfeift seine forsche Außenministerin teilweise zurück. Dahinter stecken Widersprüche innerhalb des führenden internationalen Finanzkapitals in Deutschland. Scholz will die Politik der Zusammenarbeit mit China und Russland nicht aufgeben, auch North Stream 2 nicht. Dies entspricht auch dem Interesse führenden Monopole. Bürgerliche Medien versteigen sich zu der Konstruktion, dass Scholz eine eher "interessensgeleitete" Außenpolitik vertrete, Baerbock eine "werteorientierte". Tatsächlich haben sich die "Werte" der Regierung an den Interessen des deutschen Imperialismus auszurichten.

 

Immerhin: Die Grünen streben eine "restriktive Rüstungsexportpolitik" an und sichern zu, dass sie die Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit in Angriff nehmen wollen. Sie könnten anfangen, mit dem Export von Waffen in die Türkei und nach Israel aufzuhören - Waffen, die gegen die Palästinenser und die Kurden eingesetzt werden.