Montagsdemonstration

Montagsdemonstration

Was bleibt von Heils „grundlegendem Kurswechsel“ bei Hartz IV?

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) trat kürzlich vor die Presse, um zu verkünden, wie er sich die Umsetzung des von der neuen Bundesregierung geplanten "Bürgergelds" vorstellt: „Wir planen mit dem neuen Bürgergeld einen grundlegenden Kurswechsel in der Sozialpolitik, eine große Sozialreform. … Das System wird umgebaut, entbürokratisiert und stärker darauf ausgerichtet, Menschen langfristig aus der Arbeitslosigkeit zu holen.“ (www.welt.de, 18.12.2021)

Von ps

Hört sich erst mal gut an und man denkt, oh, was kommt jetzt? Seine weiteren Ausführungen bezogen sich aber nur noch auf Zugeständnisse bei der Anrechnung des Vermögens und Überprüfung der Wohnungsgröße – hier soll es zukünftig zunächst eine zweijährige Schonfrist geben. "Wir sagen", so Heil, "wenn du ins Bürgergeld rutschst, unterstützen wir dich mit allen Mitteln dabei, langfristig aus der Arbeitslosigkeit zu kommen, und du musst dir erst mal keine Sorgen mehr zu machen, dass du deine Wohnung verlierst.“ (www.welt.de, 18.12.2021)

 

Das ist zweifellos ein Zugeständnis an die jahrzehntelangen Proteste, vor allem der bundesweiten Montagsdemobewegung. Aber nach zwei Jahren ist alles wie gehabt. Am Grundcharakter von Hartz IV als Druckmittel gegen Arbeitslose, vor allem Niedriglohnjobs anzunehmen, ändert sich nichts. Seit Jahren arbeiten rund 20 Prozent der Beschäftigten in Deutschland zu Niedriglöhnen, viele als Leiharbeiterinnen oder Leiharbeiter.

 

Auch an der Entrechtung von Langzeitarbeitslosen ändert sich nichts. So wird der aktuelle Hartz-IV-Regelsatz für Alleinstehende von 446 Euro monatlich zum 1. Januar 2022 gerade mal um lächerliche drei (!) Euro angehoben. 449 Euro reichen kaum noch oder nicht mehr für den Lebensunterhalt. Eine Mehrheit der Bevölkerung hält die bisherigen ALG-II-Sätze für viel zu gering. 85 Prozent glauben nicht, dass mit den aktuellen Leistungen der alltägliche Lebensunterhalt bestritten werden kann. Das geht aus einer Forsa-Umfrage hervor, die der Paritätische Wohlfahrtsverband veröffentlicht hat. Demnach gab die Mehrheit an, dass die Regelsätze im Monat bei zirka 811 Euro liegen müssten.

 

Und was sagen Betroffene dazu? „Erst wurde von der neuen Ampel-Regierung so getan, als würde man den Regelsatz um wenigstens 31 Euro ab Januar erhöhen. Was jetzt bleibt, ist unterem Strich eine Kürzung angesichts der steigenden Inflationsrate. Ich komme mir wie viele andere Betroffene verarscht vor. Ich bin seit Jahren in der Montagsdemobewegung aktiv und werde dies auch weiterhin sein – solange, bis Hartz IV ganz vom Tisch und Geschichte ist.“ (Hartz-IV-Betroffener aus Düsseldorf, Name ist der Redaktion bekannt).

 

Die bundesweite Montagsdemo-Bewegung kämpft seit 2004 für die Abschaffung der Hartz-Armutsgesetze. Angesichts der aktuellen Entwicklung fordert sie vor allem:

 

  • Sofortiger Lohn-/Entgeltnachschlag in allen Branchen für untere und mittlere Einkommen mindestens in Höhe der Inflationsrate!
  • Sofortige und rückwirkende Anhebung der Regelsätze bei Hartz IV (bzw. des geplanten Bürgergelds), der Grundsicherung für Arbeitssuchende, Grundsicherung im Alter, Erwerbsminderungsrente, Asylbewerberleistungen, und Arbeitslosengeld um mindestens die Höhe der Inflation!
  • Wiedereinführung des Anspruchs auf Einmalzahlungen wie z.B. für den Ersatz einer defekten Waschmaschine).
  • Auszahlung und Erhöhung des Kindergelds für Familien mit geringem Einkommen statt Anrechnung als Einkommen auf die Hartz 4- (Sozialhilfe-) Regelsätze.
    Weg mit der Bedarfsgemeinschafts-Regelung!

 

Den vollständigen Forderungskatalog findet ihr auf der Homepage der bundesweiten Montagsdemobewegung. Beteiligt euch an den Kundgebungen der örtlichen Montagsdemos. Sie sind in rund 70 Städten in Deutschland aktiv und führen ihre Kundgebungen in der Regel am ersten oder zweiten Montag des Monats durch.