Österreich
Sebastian Kurz geht zu Palantir - Hintergründe seines Scheiterns als ÖVP-Politiker
Der ehemalige erzreaktionäre österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) heuert bei der US-Firma "Palantir" an, die auch eine europäische Niederlassung hat.
"Palantir" im Silicon Valley bietet Software zur "Analyse großer Datenmengen" an. Im Angebot hat die Firma eine Polizei-Software namens "Gotham". Bekannt ist auch, dass sie mit dem US-Geheimdienst CIA zusammenarbeitet. Das Medienhaus Ringier betreibt mit Palantir Technologies Inc. eine "strategische Partnerschaft", um mit der von Palantir entwickelten Software "Foundry" ihre "User-Daten zu bewirtschaften" - in der Werbevermarktung und zur Verbesserung der "Performance von Artikeln". Damit hat Kurz ja wahrhaftig Erfahrung: geschönte Meinungsumfragen, Medienmeldungen und Artikel halfen ihm einstmals ins Kanzleramt.
Was ist der Hintergrund für die politische Krise in Österreich?
Ein wesentlicher Grund ist die Weltwirtschafts- und Finanzkrise, die auch in Österreich schon vor der Corona-Pandemie 2018/2019 in Verbindung mit verschiedenen internationalen Strukturkrisen begann. Auch in Österreich ist die Hoffnung der Herrschenden auf eine schnelle Erholung gescheitert. Ständige Lockdowns werden den Tourismus, einen der Hauptwirtschaftszweige, schwer treffen.
Ein weiterer Grund ist das chaotische Krisenmangement in der Corona-Pandemie. Bekanntlich wurde Ischgl zum Superspreader der Corona-Pandemie in Europa. Robert Krotzer, Gesundheitsstadtrat in Graz, schreibt: „Zugleich müssen wir auf Bundesebene erleben, wie die Impfkampagne über den Sommer weitestgehend 'eingeschlafen' ist. ... Die ÖVP als führende Partei dieser Bundesregierung plakatierte gar die Losung 'die Pandemie gemeistert", versehen mit einem Bild des damaligen Bundeskanzlers Kurz.“ 1
Während die Deltavariante des Corona-Virus sich ausbreitete, fielen FFP2-Maskenpflicht, die Sperrstunde, Clubs und Diskotheken durften öffnen. Zum chaotischen Krisenmanagement nach dem Takt der Industrie kommt noch die katastrophale Lage im Gesundheitswesen, wo bis zu 100.000 Pflegekräfte fehlen.
Die Abwälzung der Krisenlasten auf die breiten Massen führte schon vor der Pandemie im Juli 2018 zu Demonstrationen von 100.000 Menschen gegen die Pläne der ÖVP/FPÖ-Regierung, die zulässige Wochenarbeitszeit auf 60 und die tägliche Arbeitszeit auf 12 Stunden auszuweiten.
Waren es Staatsanwälte, die Kurz zu Fall brachten?
Die neo-revisionistische Partei der Arbeit (PdA) schreibt in einer Erklärung vom 11. Oktober 2021: „Der Rücktritt von Kurz war nicht das Resultat oppositionellen oder gar außerparlamentarischen politischen Drucks, sondern das Ergebnis der laufenden Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen ihn und Teile der Österreichischen Volkspartei.“ ²
Wenn sie sich mal da nicht täuschen. Die meisten Menschen in Österreich begrüßen den Rücktritt von Kurz als längst überfällig. An der Gewerkschaftsbasis regt sich Unmut über die sozialpartnerschaftliche Stillhaltepolitik. Noch kurz vor der Pandemie im Herbst 2019 beteiligten sich fast 100.000 Beschäftigte aus sozialwirtschaftlichen Bereichen an Kundgebungen und Warnstreiks. Auch das Klassenbewusstsein entwickelt sich, wenn die MAN-Kollegen in Steyr entgegen den Empfehlungen des Gesamtbetriebsrates den Standortsicherungsvertrag mit überwältigender Mehrheit zunächst ablehnen. An die 77.000 Menschen beteiligten sich im Juli 2020 in den verschiedenen Städten des Landes an den anti-rassistischen Demonstrationen Black Lives Matter.
Auch die Fridays for Future-Bewegung ist in Österreich eine Massenbewegung. Am letzten Schultag im Juli 2021 demonstrierten in Wien 5.000 Menschen gegen das umweltzerstörende Straßenbauprojekt Lobau-Tunnel. Was schließlich die ÖVP-/ Grünen-Regierung am 1. Dezember zum Baustopp zwang. Zudem zeigt sich eine ausgeprägt kapitalismuskritische Tendenz. So wurde die KPÖ in der zweitgrößten Stadt des Landes Graz zur stärksten Kraft. Auch wenn das noch mit reformistischen Illusionen verbunden ist, wurde der Stil gewürdigt, mit der diese Politik durchgeführt wird, der sich bisher wohltuend abhebt von der Korruptionswirtschaft der Monopolparteien.
Fortschrittlicher Stimmungsumschwung ist prägend
Der fortschrittliche Stimmungsumschwung ist auch in Österreich die hauptsächliche Seite. Das bekommt auch die faschistoide FPÖ zu spüren. Um die 10 Prozent der Stimmen bei den Nationalratswahlen 2019 und den Landtagswahlen in Oberösterreich hat sie verloren, in Wien gar 23,7 Prozent. Dreiviertel der Österreicher vertrauen dem Bündnis aus ÖVP und Grünen wegen des fehlgeschlagenen Corona-Managements nicht mehr.³ Daraus versucht die faschistoide FPÖ Kapital zu schlagen, indem sie sich an die Spitze von Demonstrationen gemeinsam mit Neo-Faschisten, Coronaleugnern und Esoterikern setzt.
Unter den linken Kräften in Österreich gibt es Kräfte, die eine Polarisierung vermeiden wollen oder, was noch schlimmer ist, sich sogar an der Verharmlosung der Corona- Pandemie beteiligen. Hauptsache, es geht gegen die Regierung! Damit überlassen sie die Menschen, die sich an solchen Demonstrationen beteiligen, erst recht der Demagogie von FPÖ und Faschisten. Reaktionäre stehen nicht für gesellschaftliche Veränderung. Sie sind gegen die Regierung, weil sie die wenigen bürgerlichen-demokratischen Rechte abschaffen und eine Terrorherrschaft gegenüber der Arbeiterklasse und Andersdenkenden errichten wollen. Hier braucht es klare Kante und die weltanschauliche Auseinandersetzung muss ausgetragen werden. Wer heute Verständnis für Impfgegner hat, nach dem Motto "Impfen ist ein Eingriff in meine persönliche Freiheit," nimmt genauso wie die Regierung weitere Tote in Kauf!