Wuppertal - Beschämendes Drama in fünf Akten

Wuppertal - Beschämendes Drama in fünf Akten

Solidarität mit dem Palästinensischen Freundschaftsverein

In Wuppertal spielte sich in den letzten Wochen ein unsägliches Theater ab. Es geht um den „Heimatpreis“. Die meisten Stimmen unter den Vorgeschlagenen hatte die Jury an den Palästinensischen Freundschaftsverein e.V. vergeben.

Von je
Solidarität mit dem Palästinensischen Freundschaftsverein
Große Demo Ende Mai 2021 (Foto: Palästinensischer Freundschaftsverein Wuppertal)

Und schon nahm das Drama seinen Lauf.

1. Akt: Ein Plakat von 1948

Ein Journalist regte sich auf: Bei einer Demo des Vereins im Mai 2021 sei ein Plakat von 1948 aufgetaucht, in dem Israel nicht eingezeichnet gewesen sei. Peinlich nur, dass die Einladung des Vereins zur Protestdemo am 21. Mai 2021 gegen die brutale Zwangsräumung palästinensischer Wohnungen durch das reaktionär-faschistoide israelische Regime das Motto beinhaltete: „Gemeinsam und solidarisch gegen die Unterdrückung Palästinas – und: auf unserer Demo ist kein Platz für Antisemitismus, Rassismus und Faschisten jeglicher Couleur. Jeder, der dagegen verstößt, wird von der Demo verwiesen. Es sollten keine anderen Konflikte auf unserer Demo ausgetragen werden. Wir wollen unsere Stimme friedlich für die Freiheit Palästinas erheben“. Über die Demo hatte die WDR-Lokalzeit positiv berichtet. Die Polizei sprach ausdrücklich von einer disziplinierten Durchführung.

2. Akt: Volker Beck betritt die Bühne

Nun betrat der hier nicht ansässige Volker Beck von den „Grünen“ die Wuppertaler Theaterbühne. Er forderte seinen "Grünen"-Parteikollegen, Oberbürgermeister Prof. Dr. Schneidewind, auf, dem Palästinensischen Verein den Heimatpreis wieder abzuerkennen.

Wie gut, dass es für weltanschaulichen Klärungsbedarf das Buch von Stefan Engel gibt „Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Antikommunismus“. Da heißt es im Kapitel „Die antikommunistische Mär vom 'linken Antisemitismus'“: „Die israelische Nethanjahu-Regierung startete 2015 eine Kampagne mit dem Vorwurf des 'linken Antisemitismus' gegen jede Kritik an der imperialistischen Politik Israels und an der Unterdrückung des gerechten Befreiungskampfs des palästinensischen Volkes im Allgemeinen und die Marxisten-Leninisten im Besonderen. Unterstützt wurde sie dabei von der deutschen Bundesregierung. Initiatoren dieser Schmutzkampagne in Deutschland waren insbesondere Benjamin Weinthal von der ultrareaktionären Zeitung 'Jerusalem Post' und eine deutsche Abgeordnetengruppe im Deutschen Bundestag um Volker Beck." (Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Antikommunismus, Seite 131f)

3. Akt: Der Oberbürgermeister knickt nicht ein

Erfreulicherweise lehnte der Oberbürgermeister die Aberkennung ab und stellte sich hinter den Verein, da dieser keinen Antisemitismus betreibe. Der Verein hat sich immer wieder vom Antisemitismus distanziert und dies in seinen Leitsätzen veröffentlicht sowie das Existenzrecht Israels betont. Die MLPD in Wuppertal ist solidarisch mit dem Verein. Sie arbeitet seit Jahren punktuell mit ihm zusammen, wie bei einer großen Demo gegen den Aggressionskrieg Israels gegen den Libanon oder bei einer Informationsveranstaltung in der vollbesetzten Aula einer Gesamtschule. Nie gab es auch nur eine Spur von Antisemitismus oder Nichtanerkennung des Existenzrechts Israels. Im November legte Beck nach und warf in unübertroffener Ferndiagnose dem OB "Blauäugigkeit" vor: Vor der Preisvergabe sei aus seiner Sicht nicht ausreichend geprüft worden, ob möglicherweise Beziehungen des Vereins zur Hamas bestünden. Der OB beharrte berechtigterweise auf der Preisvergabe und erklärte ausdrücklich, dass der Vorstand des Vereins sich uns gegenüber ganz klar von der Hamas und anderen terroristischen Verbindungen distanziert. Er lobte die Integrationsarbeit des Vereins. Welcher freiheitsliebende Mensch will schon Beziehungen zur faschistischen, islamistisch verbrämten Hamas oder zu ultrareaktionären Staatsführungen wie in Israel. Interessanter wäre sicher, von welchem Motiv eigentlich Volker Beck getrieben wird und ob möglicherweise seinerseits Beziehungen zum israelischen Geheimdienst Mossad bestehen?

4. Akt: Wuppertaler FDP- und SPD-Spitzen verrennen sich

Nun sprangen dem hilflosen Beck die Wuppertaler FDP- und SPD-Spitzen mit einer Presseerklärung zur Seite: Mit der Verleihung des Preises an eine „antisemitische Vereinigung" habe Schneidewind sogar überregional negative Schlagzeilen gemacht, das sei höchst unsensibel. Wie trieften doch gleich in diesem Jahr die FDP-Wahlplakate von Freiheit. Aber Freiheit zur Kritik an Israel und Freiheit der Palästinenser geht wirklich zu weit. Freiheit für Profitgeschäfte mit Israel, das ist o.k. Immerhin ist Deutschland der wichtigste Wirtschaftspartner Israels in der EU mit einem Handelsvolumen 2019 von 6,9 Mrd. US-Dollar. Den Vogel schoss der SPD-Fraktionsvorsitzende ab: Die gezeigte Karte von Palästina in den Grenzen von 1948 – vor der Gründung Israels – sei problematisch. Es gäbe sicher auch Diskussionen, wenn in Deutschland bei einer Demonstration eine Karte von Deutschland in den Grenzen von 1938 gezeigt werde. Das ist übelste Demagogie, die zu Recht kritisierte Landkarte mit Deutschland zur Zeit des Hitlerfaschismus, die heute von eigentlich verbotenen Neofaschisten zur Schau getragen wird, damit gleichzusetzen, dass Palästinenser auf ihr früheres Heimatgebiet und ihre berechtigten Anliegen hinweisen. Und wieso soll ein Plakat, dass das Gebiet Palästinas von 1948 zeigt, antisemitisch sein und das Existenzrecht Israels leugnen, wo es diesen Staat noch gar nicht gab. Sollte dem SPD-Mann entgangen sein, dass das zionistische Regime im heutigen Israel völkerrechtswidrig die Palästinenser brutal aus ihrer Heimat vertrieben hat und ihnen einen eigenen Staat verwehrt.

5. Akt und Open End

Solidarisch erklärte sich dagegen die Linkspartei. Sie stellte sich hinter den OB und den Verein und verwies die SPD samt deren Eigentor auf ihre Statistenrolle: „Es ist empörend, dass die SPD den palästinensischen Freundschaftsverein als antisemitisch bezeichnet. Dies obwohl ein Vorstandsmitglied dieses Vereins, Ismail Karsoua, für die SPD im Integrationsrat sitzt. Seit wann kandidieren bei der SPD Antisemiten." Das Theaterende steht noch aus. Kürzlich erschien ein großes Interview in der Westdeutschen Zeitung mit Volker Beck, der der Stadt Wuppertal ein Ultimatum stellt. Man darf gespannt sein.