Inflationsalarm!
Inflation – bürgerliche Politiker werden sie nicht stoppen!
Erneut – jetzt auf 5,3 Prozent - ist die offizielle Inflationsrate gegenüber dem Vorjahresmonat im Dezember gestiegen. Für die große Masse der Bevölkerung, vor allem für Arbeiterhaushalte, liegt die Teuerung weit darüber, mindestens bei 10 Prozent.
Denn während für diese Haushalte die Miete oft mindestens ein Drittel des Einkommens verschlingt, macht sie im „statistischen Warenkorb“ gerade mal 19,6 Prozent aus. Dem Vergleichsportal Verivox zufolge verteuerte sich Haushalts-Energie binnen eines Jahres um 35 Prozent. Und die Preise für die dringendsten Nahrungsmittel stiegen innerhalb eines Jahres um etwa 10 Prozent. Strom, Wasser und Gas werden mit weniger als 8 Prozent in den Warenkorb „eingepreist“, Nahrungsmittel nur mit 9,7 Prozent.
Arbeiterfamilien müssen jedoch für diese Ausgaben zusammen zur Zeit mindestens 30 Prozent ihres Einkommens ausgeben. Die in einigen Branchen für die Arbeiterinnen und Arbeiter vereinbarten Tariflohnerhöhungen erweisen sich jetzt nicht nur als viel zu gering, sondern sind auch eine schwere Hypothek wegen der langen Laufzeiten. Noch schwerer haben Niedriglohnbeschäftigte, Erwerbslose, Alleinerziehende und RenterInnen an den Lasten steigender Preise zu tragen. Die Not vieler Familien wächst. Die Unzufriedenheit unter der Masse der Bevölkerung nimmt zu.
Deshalb versichern bürgerliche „Wirtschaftsexperten“, zur Ruhe mahnend, die Inflation sei nur ein „vorübergehendes Phänomen“. Hanebüchen ist es, wie Isabel Schnabel, Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank (EZB) und "Wirtschaftsweise" bis 2019, den Spieß einfach umdreht: "Die offiziell gemessene Inflation orientiert sich an einem durchschnittlichen Warenkorb. Was eine einzelne Person kauft, weicht davon naturgemäß ab. Dazu kommt, dass bestimmte Preisveränderungen von den Menschen besonders deutlich wahrgenommen werden. Das betrifft vor allem Güter, die sie häufig konsumieren. Beispielsweise gibt es bei Benzin und Heizkosten derzeit erhebliche Steigerungen. Das führt dazu, dass die wahrgenommene Inflation höher ist als die tatsächliche Inflation." (Süddeutsche Zeitung, 15. Januar 2022, Seite 21). Die Dame hat wohl nicht sehr viel mit einem Arbeiter- oder Rentnerhaushalt zu tun. Wahrscheinlich muss sie ihren Dienstwagen auch nicht selbst betanken und 200 Euro Mehrausgaben zahlt sie aus der Portokasse.
Nervös geworden, versprechen Politiker der neuen Regierung, dass sie schnell „unbürokratische Hilfe“ gewähren wollen. Das Bundesbauministerium plant - allerdings nur für Wohngeldempfänger - einen einmaligen (!) Zuschuss zu den Heizkosten von 135 Euro für eine Person und 245 Euro für einen 4-Personen-Haushalt. „Deutlich zu niedrig“, so Klaus Müller, Chef des „Verbraucherzentrale Bundesverbands“. Angesichts der allgemeinen Teuerung ein Tropfen auf den heißen Stein - und des handelt sich wie gesagt um Einmalzahlungen! Wirtschaftsminister Robert Habeck präsentiert sich nun als großer Zampano, der zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen könne. Er erklärt kurzerhand, dass mit der Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energien auch die Inflation bekämpft werde. „Gas, Öl, Kohle – das ist das, was die Preise im Moment treibt“, dozierte er in seiner ersten Bundestags-Rede. Dabei weiß er sehr wohl, dass eine sofortige Umstellung gar nicht machbar und deshalb auch nicht akut preislindernd wirkt.
Ein Ende der Inflation ist nicht in Sicht. Es dient nur zur Besänftigung des wachsenden Unmuts, wenn Isabel Schnabel behauptet: „Rechnet man die Basiseffekte der Pandemie heraus, ist die Inflation momentan weiterhin eher zu niedrig als zu hoch.“ Zu diesen „Basiseffekten“ wird zum einen die zeitweilige Senkung der Mehrwertsteuer in Deutschland gezählt, die dann Anfang 2021 wieder erhöht wurde. 2020 sei außerdem „die gesamtwirtschaftliche Nachfrage stärker gefallen als das Angebot“. Das hätte die Preise sehr gedrückt. Allein die zwischenzeitliche Rückkehr der Preise zu den Vorkrisenniveaus erkläre deshalb einen großen Teil des diesjährigen Anstiegs der Inflationsrate. Und „vorübergehende Lieferengpässe“ würden die Preise von industriellen Vorprodukten auch nur zeitweise nach oben drücken.
Tatsächlich hielten schon lange vor Mitte des Jahres 2018 die Absatzmärkte nicht Schritt mit der Ausdehnung der Produktion – was damals dann zur weltweiten kapitalistischen Überproduktionskrise führte. Dabei kam es in der Tat im 2. Halbjahr 2020 zu deflationistischen, d.h. preissenkenden, Tendenzen. Allerdings nicht bei Mieten und Nahrungsmitteln. Auch die kurzzeitigen Rückgänge der Preise bei Rohstoffen und Vorprodukten sind seitdem schon um das Mehrfache von Preissteigerungen übertroffen. Der Anstieg der Mehrwertsteuer trifft außerdem nur auf Deutschland zu – kann also nicht zur Erklärung der weltweit anziehenden Inflation herangezogen werden. Und das Auftreten von „Lieferengpässen“ ist keineswegs nur ein kurzzeitiges Phänomen, sondern Teil einer neuartigen Rohstoff- und Logistikkrise als neuer Seite der Weltwirtschafts- und Finanzkrise. Sie wird keineswegs schnell überwunden werden, sondern verschärft sich sogar.
Möglicherweise wird die "offizielle Inflationsrate" in den nächsten Monaten langsamer steigen. Das liegt daran, dass seit Januar 2021 die höheren Mehrwertsteuersätze galten, die CO2-Abgabe Anfang 2021 eingeführt wurde, und weil die nun anstehende jährliche Teuerungsberechnung auf der Grundlage des Inflationssprungs 2021 erfolgt. Die Inflationsrate erscheint dadurch niedriger, während sich gleichzeitig die Waren weiter verteuern. Nach wenigen Wochen bzw. Monaten wird dann aber auch die offizielle Inflationsrate wieder steigen. Denn die allein im Oktober in Deutschland um 18,4 Prozent höheren gewerblichen Erzeugerpreise von Rohstoffen und Vorprodukten werden über kurz oder lang voll durchschlagen. Ähnlich sieht es weltweit aus.
Wir haben also allen Grund, die Montagsdemobewegung zu stärken und um höhere Löhne, Gehälter und Lohnnachschlag zu kämpfen. Die neue Broschüre der MLPD "Inflationsalarm! Sozialpolitisches Kampfprogramm der MLPD" ist dafür eine wichtige Unterstützung.
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