ICOR-Partei UPC-Manidem in Kamerun
Kamerun: Wir müssen die Jugend gewinnen!
Die "Rote Fahne" konnte Ende 2021 einen Genossen der UPC-Manidem - Union des Populations du Cameroun – Manifeste pour l’Instauration de la démocratie (Für die Einheit der Völker Kameruns – Manifest für die Errichtung der Demokratie) über die Situation der Jugend in Kamerun und ihre eigene Arbeit interviewen. Die UPC-Manidem ist Mitglied der Internationalen Koordination Revolutionärer Organisationen (ICOR). Die Kontinentalkonferenz der ICOR Afrika hat beschlossen, 2023 eine afrikanische Jugendkonferenz in Nairobi/Kenia, zu organisieren.
Rote Fahne: Wie ist die Situation der Jugend in Kamerun?
Samuel*: Kamerun hat 25 Millionen Einwohner und drei Viertel dieser Bevölkerung sind jung, d.h. im Alter zwischen 15 und 40 Jahren. Wie in vielen Ländern ist die Jugend am stärksten mit den Problemen der Gesellschaft konfrontiert. Sie steht in der ersten Reihe, angesichts von Unsicherheit, Arbeitslosigkeit, Ausbeutung und vor allem als Kanonenfutter in den verschiedenen Kriegen, die uns die Diktatur in Yaoundé (der Hauptstadt Kameruns) aufzwingt. Wie viele andere Länder leidet auch Kamerun unter der sogenannten "Globalisierung". Unser Land muss sich zwei Gegnern stellen: dem französischen Imperialismus. Sein Wille, die Afrikaner im Allgemeinen und die Kameruner im Besonderen zu beherrschen, existiert nicht aufgrund einer Art geistiger Unausgeglichenheit, von der die Vertreter des französischen Staates und die französischen Abgeordneten betroffen wären. Der Wille zur Unterdrückung entsteht allein aus der Tatsache, dass die französischen Interessen in Afrika und Kamerun gewahrt werden müssen. Diese Interessen sind jedoch vor allem und zu einem großen Teil die Interessen der großen Konzerne, die im Bergbau, im Finanzsektor und in der Industrie tätig sind. Diese Konzerne verlangen vom französischen Staat, der doch "Garant der großen Prinzipien der Republik" ist (Gleichheit, Freiheit, Brüderlichkeit, Menschenrechte usw.), dass er ihre Herrschaft in Afrika durchsetzt, damit ihre Geschäfte auf unbestimmte Zeit florieren können. Der zweite Gegner sind die Diener der Neokolonialisten, die die früheren Kolonialherren ersetzt haben. Das sind Menschen, die nur wegen Macht und Reichtum in die Politik gegangen sind - wie es auch anderswo auf der Welt der Fall ist - und die sich aufgrund ihrer schwachen Verankerung in der Bevölkerung von vornherein dafür entscheiden, sich unter den Schutz bestimmter imperialistischer Staaten, insbesondere des französischen Staates, zu stellen. Damit verpflichten sich solche afrikanischen Führer, den angeblichen Interessen dieser Staaten zu dienen, die jedoch nur die Interessen der Monopolistengruppen sind; ihnen zu dienen, auch wenn das den Interessen ihrer eigenen Bevölkerung zuwiderlaufen. Dabei geht es um mehrere Mächte, darunter immer Frankreich mit seinen Partnern. Es ist das Großkapital, das durch die Neokolonialisten agiert und daran arbeitet, seine Herrschaft verewigen zu können. Die Jugend kämpft und leistet Widerstand. Ein Teil der Jugend glaubt trotz aller Schwierigkeiten, dass sich die Dinge eines Tages bewegen werden. Sie arbeitet auf lokaler Ebene und in verschiedenen Bereichen daran. Das ist nicht die Mehrheit, aber wir setzen darauf.
Rote Fahne: In Europa gibt es junge Immigranten, die auch aus Kamerun kommen.
Samuel: Aufgrund der Existenzprobleme gibt es in Kamerun verschiedene Migrationsbewegungen: Mit der Landflucht leert sich das Land und ältere Menschen bleiben verlassen in den Dörfern. Es gibt auch die Migration in die Nachbarländer und schließlich gibt es die Auswanderung nach Europa über das gefährliche Meer und unter Inkaufnahme vieler Risiken, im Glauben, dort das Eldorado zu finden. All dies geschieht aufgrund fehlender Alternativen: Denn viele können aufgrund des harten Lebens keine gute Ausbildung machen, aufgrund der Infrastruktur keinen Sport treiben und haben in der Freizeit keine Abwechslung zum Alltag. So schließt sich der Kreis.
Rote Fahne: Aktuell wird der African Cup of Nations (CAN) im Fussball in Kamerun eröffnet. Wie steht Ihr dazu?
Samuel: Für die CAN wurden im ganzen Land vier brandneue Stadien gebaut und andere wurden renoviert - für das Prestige der Regierung, nicht für die Masse der Jugendlichen, denen es am Nötigsten fehlt, um sich zu versorgen und zu ernähren. Das Stadion von Olembe Baptié Paul-Biya in der Nähe von Yaoundé kostete zwischen 300 und 350 Millionen Euro und ist das teuerste Stadion Afrikas! In einem Land, in dem zwei Drittel der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze leben, ist das ein weiterer politischer Skandal!
Rote Fahne: Was denkt die Bevölkerung, vor allem die Jugend, über die Krise in Ihrem Land. Welche Ideen gibt es über eine gesellschaftliche Veränderung ?
Samuel: In Kamerun ist die Situation nicht viel anders als in anderen afrikanischen Ländern. Viele sind mit dem täglichen Überleben beschäftigt, was sie davon abhält, über die Perspektive nachzudenken. Ein Teil der Jugend hofft auf die Religion, das ist ein großes Problem. Kirchen und Moscheen werden überwiegend von Jugendlichen und Frauen besucht. Die Kirchen verkaufen Hoffnung und ihre Botschaft lautet: Je mehr du an Jesus oder Mohamed glaubst, desto besser wird es dir morgen gehen. Es gibt viele Scharlatan-Priester, die die Jugend täuschen und missbrauchen, indem sie Träume eines Wunders verkaufen. Es gibt auch neue Formen von Kirchen, die auftauchen und florieren, wie die Erweckungskirche.
Rote Fahne: Und politischere Standpunkte, eine Opposition gegen den Präsidenten Biya?
Samuel: Die Regierung Biya ist ein Thema, aber wegen der Repressionen gegen die Bevölkerung bleibt es oft tabu. Zum Beispiel wurden mehrere junge Kameraden nach einer Versammlung verhaftet und verbrachten über 14 Monate im Gefängnis und wurden vor ein Militärgericht gestellt, wo sie wegen "revolutionärer Zusammenrottung" und versuchter Rebellion angeklagt wurden. Aufgrund der harten Diktatur sehen viele Jugendliche die Politik als eine potenzielle Gefahr für ihr Leben an. Wenn man sich für eine andere politische Partei als die regierende einsetzt, riskiert man, "abgestempelt" zu werden und bekommt nie einen Job.
Rote Fahne: Wie arbeiten Sie unter diesen schwierigen Bedingungen? Ihr organisiert die "schwarzen Freitage" für die Freilassung Eurer Genossen im Gefängnis oder den Appell der Mütter gegen den Krieg im Nordosten/Südost.
Samuel: Unser Motto lautet "Ein anderes Kamerun ist möglich, andere Entscheidungen sind notwendig". Um andere Entscheidungen treffen zu können, müssen wir den Massen helfen, sich zu organisieren und sie erziehen. Auch wenn die Bedingungen schwierig sind, ist diese Arbeit notwendig, denn nur auf diesem Weg kann das kamerunische Volk befreit werden. Wir gehen so oft wie möglich zu den Massen, leisten Überzeugungsarbeit in engem Kontakt. Einige Jugendliche gehen auch in größere Dörfer, leben dort eine Zeit lang mit der Bevölkerung und vor allem den Jugendlichen zusammen, um sie kennenzulernen und ihnen das Programm der UPC-Manidem vorzustellen. Wenn erst einmal Vertrauen aufgebaut ist, ist es leichter, Überzeugungsarbeit zu leisten. Wir arbeiten auch mit Mädchen und und jungen Frauen über geschlechtsspezifische Gewalt, zum Beispiel im Norden Kameruns, wo diese Gewalt im Zusammenhang mit der Kultur und den Konflikten mit faschistisch-terroristischen Gruppen wie Boko Haram häufig vorkommt.
Rote Fahne: Vielen Dank für dieses Interview, das die Bedeutung der ICOR-Konferenz für die Jugend sehr deutlich macht. Wir wünschen Euch viel Erfolg dafür!
* Name von der Redaktion geändert