PCR-Tests in Deutschland Mangelware
Setzen: Sechs! Für das Krisenmanagement der Regierungen
Für den Nachweis einer Corona-Infektion - insbesondere mit der Omikron-Variante - sind die PCR-Tests verlässlicher als Schnelltests. Aber in Deutschland gibt es nun die "Teststrategie", den Zugang zu PCR-Tests außerhalb von Kliniken und Pflegeheimen zu erschweren.
"Strategie", so mein Online-Wörterbuch, sei "ein genauer Plan für ein Verhalten, der dazu dient, ein (militärisches, politisches, psychologisches o. ä.) Ziel zu erreichen, und in dem man alle Faktoren von vornherein einzukalkulieren versucht." Erklärtes Ziel der Bundesregierung und der Länderregierungen ist doch, schenkt man ihren Verlautbarungen Glauben, die Überwindung der Corona-Pandemie. Den Menschen weitere schwere Krankheit, Tod, Leid, Existenznöte, massive Einschränkungen im täglichen Leben, in Kultur und Freizeit und in der politischen Betätigung zu ersparen. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht man große Testkapazitäten. Und zwar die verlässlicheren PCR-Tests.
„Das Problem ist, dass die Antigenschnelltests gerade in dem Bereich schlecht sind, auf den es jetzt ankommt, nämlich bei niedriger Viruslast“, sagt Harald Renz, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin und Direktor des Instituts für Laboratoriumsmedizin am Universitätsklinikum Gießen-Marburg. Bei einer Infektion mit Omikron finden sich oft weniger Viren im Nasen-Rachen-Raum. Deshalb schlagen Schnelltests bei dieser Variante des Coronavirus erst später an – und das gilt besonders für geimpfte Menschen, da ihr trainiertes Immunsystem die Vermehrung des Virus in Schach hält.
Bereits der sogenannte gesunde Menschenverstand sagt einem da, dass in dieser Situation eine "Strategie", den Zugang zu PCR-Tests für das Gros der Bevölkerung einzuschränken, völliger Humbug ist. Kontraproduktiv. In Deutschland werden zur Zeit wöchentlich zwei Millionen PCR-Tests ausgewertet, in Frankreich bis zu vier Millionen, allein in der Stadt Wien werden mit wöchentlich 2,4 Millionen mehr PCR-Untersuchungen vorgenommen als in ganz Deutschland. Und mit gutem Erfolg: Infizierte Menschen, auch ohne Symptome, werden erkannt, die Omikron-Welle ist in Wien deutlich schwächer als in Österreich insgesamt. Eine geeignete Methode ist dabei auch das sogenannte Pool-Testen. Es werden die Proben einer ganzen Gruppe von Menschen zusammen im Labor abgeliefert. Wenn ein positiver Test darunter ist, werden die einzelnen Proben weiterverfolgt. Sonst nicht. Diese Methode, wen wundert's, wird in Deutschland nicht oder kaum genutzt.
Der Grund für die neue "Teststrategie" von Bund und Ländern sei ein "pragmatischer", schreibt die Süddeutsche Zeitung in ihrer heutigen Ausgabe: Es gibt ganz einfach nicht genügend Kapazitäten! Man habe viel in Schnelltests investiert, so Harald Renz, und darob aus den Augen verloren, dass PCR-Tests und ein Kapazitätsausbau dringend notwendig sind. Wie schon bei den Masken zu Beginn der Pandemie, die angeblich nicht notwendig waren, weil man keine hatte, versucht man also, das eigene Versagen zu vertuschen und passt Standards und Maßstäbe an - zu Lasten der Bevölkerung. Eine solche Gesundheitspolitik schreit doch zum Himmel! Sofortiger massiver Ausbau der PCR-Test-Kapazitäten auf Kosten von reichlich vorhandenen Monopolprofiten!
Mangelwirtschaft wird ja gemeinhin von den Antikommunisten dem Sozialismus angedichtet. Ohne zwischen den hoffnungsvollen Ansätzen des sozialistischen Aufbaus in der DDR und dem bürokratischen Kapitalismus nach dem Verrat am Sozialismus zu unterscheiden, werden einem die Bilder von leeren Regalen im "Konsum" gezeigt oder die Geschichten von Menschen, die drei Jahre auf ein Auto warten mussten, erzählt. Ja und was haben wir heute im reichen kapitalistischen Deutschland in einigen Bereichen? Lieferengpässe, Mangelwirtschaft, stillstehende Produktionsanlagen - eine neue Erscheinung im kapitalistischen Krisenchaos. Fehlende PCR-Testkapazitäten angesichts des riesigen Potentials einer weltweit koordinierten Produktion auf der Grundlage digitaler Techniken - eine einzige Bankrotterklärung des Kapitalismus.
In China haben die Behörden eine Massen-Corona-Testung in Peking im Bezirk Fengtai angeordnet, weil dort 30 (!) Infektionen aufgetreten sind und in Kürze die Olympischen Spiele anfangen. An einem einzigen Wochenende hat man zwei Millionen Menschen getestet und verfolgt bei der Einreise eine strenge Testpolitik mit dem Ziel, eine Ausbreitung der Omikron-Variante zu verhindern. Darüber stimmen nun bürgerliche Politiker und Medien hierzulande ein Riesengezeter an. Zwangsmaßnahmen seien das, unzumutbare Einschränkungen, Zentralismus, mit der Freiheit von Olympikonen nicht vereinbar. Zweifellos, es gibt in China Zwangsmaßnahmen, gegen die man sich einsetzen muss. Aber der Spott und Hohn über die Zero-Covid-Strategie aus dem Munde derer, die sie für Deutschland und Europa längst aufgegeben haben, ist ein Gipfel der Unverschämtheit.