Putin und Russland nicht dabei

Putin und Russland nicht dabei

Münchner "Sicherheitskonferenz" voll im Zeichen psychologischer Kriegsvorbereitung

In München geht zur Stunde die diesjährige sogenannte Sicherheitskonferenz zu Ende (MSC). Unter den ca. 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmern waren ca. 40 Regierungschefs, 100 Ministerinnen und Minister sowie führende Vertreterinnen und Vertreter von UN, NATO und EU. Nicht dabei: Russland. Deutschland wurde u.a. von Bundeskanzler Olaf Scholz, Außenministerin Annalena Baerbock und Verteidigungsministerin Christine Lambrecht repräsentiert.

Von gis
Münchner "Sicherheitskonferenz" voll im Zeichen psychologischer Kriegsvorbereitung
MLPD, REBELL und Internationalistisches Bündnis waren Teil der heutigen Demonstration gegen die Konferenz der Kriegstreiber (rf-foto)

Die "Siko" ist eine internationale Zusammenkunft von Strategen imperialistischer Machtpolitik. Sie ist keine offizielle Regierungsveranstaltung. Veranstalter ist die Stiftung Münchner Sicherheitskonferenz gGmbH, dieses Jahr noch unter der Geschäftsführung von Wolfgang Ischinger, der aktuell in der Kritik steht, weil er nebenbei gegen Bezahlung privat Termine für sogenannte Side Events mit Managern und Politikern vermittelt hat. Sein Nachfolger war dieses Jahr auch schon dabei: Christoph Heusgen, außen- und sicherheitspolitischer Berater von Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Ursprünge der Siko reichen in das Jahr 1963 zurück. In der damaligen, von zwei Supermächten geprägten bipolaren Welt, fand eine erste "Wehrkundetagung" mit 60 Teilnehmern statt. Seit 1999 wuchs die Konferenz beständig, weil neuimperialistische Länder dazu kamen. Viele Veränderungen im imperialistischen Herrschaftsgefüge waren hier Thema, darunter der Nato-Doppelbeschluss, der sogenannte Antiterrorkampf und die US-Hegemonialstrategie gegenüber dem aufstrebenden chinesischen Sozialimperialismus im asiatisch-pazifischen Raum.

Nimbus einer Plattform zur Vermeidung von Kriegen bröckelt

Auch in den letzten Jahren stand die Konferenz der Kriegstreiber im Zeichen der allgemeinen Tendenz imperialistischer Kriegsvorbereitung infolge der ungleichmäßigen Entwicklung, u.a. des US-Imperialismus und des chinesischen Sozialimperialismus. Die Welt steht näher an einem Dritten Weltkrieg als in den ganzen letzten Jahrzehnten. Die psychologische Kriegsvorbereitung der letzten Wochen im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise wurde auf die Spitze getrieben. Vornedran der Hauptkriegstreiber US-Imperialismus, die NATO, aber auch EU, der ukrainischen Regierungschef Wolodymyr Selenskij und andere. Gleichzeitig wurde versucht, den Nimbus aufrechtzuerhalten, die Siko sei eine Plattform zur Vermeidung von Kriegen - wichtig angesichts der Tatsache, dass bisherige Organe imperialistischer Zusammenarbeit wie G7, IWF und UNO in offenen Krisen sind. Die Großmächte USA, Russland und China sind dabei, ihre Macht- und Einflussgebiete neu abzustecken. Die Ukraine ist ein Filetstück in diesem zwischenimperialistischen Ringen.

Eigene Hochrüstung und Truppenbewegungen heißen "Verteidigung"

Typisch für die psychologische Kriegsführung ist es, alles, was man selbst macht, als Verteidigung zu deklarieren und die Taten der anderen als Angriff. Dazu gehören die jeweiligen Manöver, mit der NATO bis an die russische Grenze vorrücken, NATO-Truppen in Rumänien und Polen stationieren. Russland ist ganz gewiss keine Friedensmacht - seine derzeitigen Truppenkonzentrationen und die Drohungen, atomare Waffen ausprobieren zu wollen, sind ernst zu nehmen. Aber das seit Wochen aufgebaute Szenario der NATO, ein Überfall Russlands auf die Ukraine stünde unmittelbar bevor, dient der Provokation und dazu, die eigene Handlungsweise als Abschreckung und Verteidigung auszugeben. In dieses Horn stieß US-Vizepräsidentin Kamala Harris: "In der Ukraine ist die Grundlage der europäischen Sicherheit unmittelbar bedroht". Die Berichterstattung macht den Eindruck, dass sie gleichgeschaltet ist, von FAZ über Süddeutsche bis zur Bildzeitung. Das zielt auf die Gewinnung der deutschen Bevölkerung für einen Kriegskurs des deutschen Imperialismus. Die Sympathie dafür ist unter den Massen in Deutschland und in der EU nicht groß.

Deutschland will "mehr Verantwortung" übernehmen

Scholz, Baerbock und Lambrecht üben sich auf der Siko im Spagat, nicht offen für Waffenlieferungen in Krisengebiete einzutreten und sich gleichzeitig an der Aufrüstung in Osteuropa zu beteiligen. Als Vorwand halten die Vorwürfe des ukrainischen Regierungschefs her, dass Deutschland "seiner Verantwortung" nicht gerecht werde - er spielte dabei auf die 5000 Helme an. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte, Deutschland sei verlässlicher Partner und werde mehr Geld in das Militär stecken. "Wir werden kontinuierlich diese Verteidigungsausgaben auch erhöhen", sagte sie in einer Diskussionsrunde zur Zukunft der EU-Sicherheits- und Außenpolitik. Zur Stärkung der Ukraine müssten nicht "alle Partner das Gleiche machen". Man kann das auch über die Zusammenarbeit mit Frankreich regeln, das mit Waffenlieferungen auch offiziell nicht restriktiv umgeht.

Chinas Außenminister Wang Yi wirbt für die große Versöhnung

Chinas Außenminister Wang Yi hat per Video-Schalte auf der Münchner Sicherheitskonferenz zu einer "friedlichen Lösung des Ukraine-Konflikts" und einer Rückkehr zum Minsker Abkommen aufgerufen. "Warum können sich nicht alle Seiten zusammensetzen und detailliert Gespräche führen und einen Zeitplan erarbeiten, wie dieses Abkommen umgesetzt werden kann", sagte Wang Yi gestern. Er wandte sich gegen eine Osterweiterung der Nato. Ist der Saulus, der erst kürzlich eine gemeinsame Erklärung mit Putin zur Ukraine unterzeichnet hat, zum Paulus geworden? Mitnichten. Sein imperialistischer Pazifismus "unterscheidet sich weltanschaulich nicht im Mindesten von der verlogenen 'Friedensmission' des imperialistischen NATO-Bündnisses. Bei der unverhüllten Drohung, auch mit militärischen Mitteln die Wiedereingliederung Taiwans in den chinesischen Staat zu erzwingen, wird niemand dem sozialimperialistischen China eine friedliche Außenpolitik abnehmen". (Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Opportunismus, Seite 144).

Protestdemonstration mit 3000* Teilnehmerinnen und Teilnehmern

Zur Demonstration wurde von einem Bündnis aus 105 Organisationen aufgerufen. MLPD, REBELL und Internationalistisches Bündnis beteiligten sich an der Demo, unterzeichneten den Aufruf jedoch wegen dessen imperialistisch-pazifistischer Ausrichtung nicht. Die Demonstration war kleiner als früher. "Einigkeit bestand darin", so eine Rote-Fahne-News-Korrespondentin, "dass alle Teilnehmer einen imperialistischen Krieg ablehnen. Es gab jedoch auch einige Widersprüche. Einige Teilnehmer und Redner auf der Bühne haben offen die Politik Russlands verteidigt und Putin sogar als Partner im Friedenskampf bezeichnet. Das hat zum Teil auch Passanten abgeschreckt, die am Stachus die Kundgebung querten. Vorwiegend konnten darüber interessante Diskussionen geführt und überzeugende Argumente ausgetauscht werden. Etwa, dass wir uns nicht auf die Seite eines Imperialisten schlagen dürfen, sondern für unsere Interessen, die der Arbeiter und der Massen, auf die Straße gehen müssen. Wir von der MLPD, dem REBELL und dem Internationalistischen Bündnis haben v.a. das Buch angeboten: "Krise der bürgerlichen Ideologie und des Oppotunismus". Einige Exemplare wurden verkauft und es haben sich viele gute Gespräche ergeben, wie z.B. über den unguten Einfluss des Anarchismus, aber auch über die Revolution und die Perspektive des echten Sozialismus."

Friedensbewegung mit der Arbeiterklasse als führender Kraft aufbauen und stärken

Angesichts der imperialistischen Kriegstreiberei ist der Friedenskampf in Deutschland inhaltlich und kräftemäßig bisher zu schwach. Käme es zu diesem Krieg, den die Imperialisten psychologisch und militärisch vorbereiten, wäre er ungeheuer zerstörerisch. Die richtige Antwort ist die Entwicklung einer weltweiten Arbeitersolidarität - konsequent gegen jeden Imperialismus. Sollte es zu einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Russland und der Ukraine kommen, ruft die revolutionäre Weltorganisation ICOR auf, am Tag danach um 18 Uhr Protestaktionen in allen Ländern durchzuführen.