Kommentar
Die Grünen und der Krieg
Bundeskanzler Scholz kündigt angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine Waffenlieferungen und ein Aufrüstungsprogramm für die Bundeswehr von über 100 Milliarden Euro an – dem entspricht etwa ein Drittel des gesamten Bundeshaushalts.
In der SPD-Fraktion „grummelt“ es, aus Sorge vor radikalen Kürzungen bei sozialen Vorhaben. Mehr nicht - bisher.
Und die Grünen, eine Partei, die aus der Friedensbewegung der 1980iger-Jahre hervorging? Hände stramm an der Hosen- oder Rocknaht. Stillgestanden! Das ist wahrhaftig die Haltung der Führung der Grünen. An der grünen Basis gibt es daran erhebliche Kritik und es regt sich Widerstand. "Keine weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine" - das fordern Dutzende Grünen-Mitglieder in einem Brief an die Parteispitze sowie Wirtschaftsminister Habeck und Außenministerin Baerbock, meldet der Spiegel.
Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck bemüht emotionale Vergleiche: Der Überfall Russlands auf die Ukraine sei eine Vergewaltigung. „Wer bei einer militärischen Vergewaltigung zuschaut, macht sich schuldig“ und Deutschland müsse zeigen „dass wir der Ukraine helfen, in dieser Stunde der militärischen Vergewaltigungsnot“, erklärte er im Bundestag. Sah man Tränen in seinen Augen?¹
Habeck kennt seine Vorbilder in Sachen Demagogie in der eigenen Parteigeschichte. Am 13. Mai 1999 erklärte der damalige grüne Außenminister Joschka Fischer, der deutsche Kriegseinsatz im Jugoslawienkrieg sei nötig um „ein neues Auschwitz – einen neuen Völkermord zu verhindern.“ Im Dezember 2001 beschloss die damalige rot-grüne Fischer-Schröder-Regierung den Afghanistan-Einsatz – mit dem Hauptargument, „Leben und Freiheit der afghanischen Frauen“ schützen zu wollen.
Was daraus wurde? Fragt die Familien im Kosovo oder in anderen Teilen des zerstückelten Jugoslawiens – oder die Frauen im heutigen Afghanistan.
„Wenn sich die Widersprüche verschärfen, geht der Opportunismus gesetzmäßig in Sozialchauvinismus über. Seine Leitlinie ist die Propagierung der vollständigen Unterordnung der Arbeiterklasse unter die nationalen Klasseninteressen der Bourgeoisie“, heißt es in dem soeben veröffentlichten Buch der MLPD „Die Krise der bürgerlichen Ideologie und der Opportunismus“ von Stefan Engel. Eine Gratwanderung – und die grüne Spitze hat sie bei der 180-Grad-Wende der deutschen Regierung zu einem offen imperialistischen Kriegskurs überschritten.
Nachdenken statt strammstehen – das sei Mitgliedern, Wählerinnen und Wählern der Grünen empfohlen. Es entsteht eine neue Friedensbewegung, die sich mit heißem Herzen und kühlem Kopf gegen alle imperialistischen Kriegsparteien – ob NATO / EU oder Russland richtet. Ein guter Platz für wirkliche Friedensfreunde.