Krise des Reformismus
Zukunftsprogramm der IG Metall
Gegenwärtig ist die Arbeiterklasse konfrontiert mit zunehmenden Entlassungen, steigender Arbeitshetze und dem Einkommensverlust durch die Inflation, verursacht durch die gleichzeitige Wirtschafts- und Finanzkrise, Strukturkrisen und die Corona-Krise. Dazu kommt der Ukraine-Krieg und die massiv gestiegenen Energiepreise. Gewerkschaften als Kampforganisationen sind also dringend nötig.
In den letzten metall-Zeitungen und auch in einem Interview mit dem Vorsitzenden Jörg Hofmann hat die IG-Metall-Führung ihre Zukunftsvorstellungen veröffentlicht. Das Interessanteste darin ist das, was komplett fehlt: Arbeiterforderungen gegen Entlassungen oder Arbeitshetze sind Fehlanzeige. Vielleicht gibt es gerade mal – ungenügende – Tarifforderungen. IG-Metall-Chef Jörg Hofmann begründet dies ausdrücklich in einem Spiegel-Interview. Auf die Frage: "Also keinen Kampf mehr um jeden Arbeitsplatz in der alten Industrie?", antwortet er: "Nein, wir wollen sichere und gute Arbeit für die Beschäftigten, das geht oft nur mit neuen Arbeitsplätzen." (1)
Streiks nur noch um Sozialpläne?
Praktisch führt das dazu, Entlassungen hinzunehmen und Streiks nur noch um Sozialpläne zu organisieren, um bei Entlassungen bessere Bedingungen zu erreichen (siehe Rote Fahne Magazin 2/2022, Seite 28f). Zeige man uns nur einen Gewerkschafter, eine Gewerkschafterin, die deswegen in der IG Metall ist, damit sie keine Forderungen aufstellt! Wir brauchen keine Kapitulationsorganisation, sondern Gewerkschaften als Kampforganisationen!
Angeblich "ideologiefreie" Terminologie verschleiert Ausbeutung
„Die IG Metall will einen fairen Wandel, der gute Arbeit auch in Zukunft sichert.“ (2) Die Fairness brauchen wir hier gar nicht mehr zu kommentieren; wir erleben sie ja zur Genüge jeden Tag im Betrieb. Offenbar gibt es heute „gute Arbeit“. Das glaubt wohl nur die IG-Metall-Führung. Die „ideologiefreie“ Terminologie verschleiert, dass der Kapitalist den Arbeiter ausbeutet - also den vom Arbeiter geschaffenen Mehrwert sich privat aneignet. Er verschleiert auch, dass der Arbeiter zwar der Herr der Produktion ist, aber nichts zu sagen hat über die Art der Produkte und ihre Verteilung. Und das soll gut sein? Verschleiert wird zudem, dass im staatsmonopolistischen Kapitalismus durch die unbeschränkte Herrschaft der Monopole die Arbeiter, Arbeiterinnen und Angestellten zusätzlich durch die Inflation und Steuererhöhungen ausgesaugt wird.
Zweierlei Verständnis von "guter Arbeit"
Arbeiterinnen und Arbeiter wollen gute Arbeit leisten - und sie tun dies und sind stolz darauf. Man denke nur an die Traditionen der Bergleute oder mit welchem Engagement ältere Arbeiter und Arbeiterinnen ihre Fähigkeiten und Erfahrungen mit Azubis und jungen Arbeitern teilen. Aber sie stimmen deswegen keine Lobrede auf den Kapitalismus an. Der IG-Metall-Chef verwendet "gute Arbeit", um die Illusion zu schüren, es sei möglich, die Ausbeutung der Arbeiterklasse im Kapitalismus abzuschaffen. Erst im Sozialismus ist die Ausbeutung abgeschafft und die Bezahlung erfolgt nach Leistung.
IG-Metall-Führung leugnet Krisen - typisch für die bürgerliche Denkweise
Fairer Wandel oder Transformation; diesen fiktiven Weg will die IG-Metall-Führung zusammen mit Konzernen und Monopolen gestalten. Dabei ordnet sie sich bewusst bis zum Sprachgebrauch dem Regierungsprogramm der Ampel-Koalition unter. Zur Frage des Spiegel nach der im Koalitionsvertrag vorgesehenen „Allianz für Transformation“ aus Wirtschaft und Gewerkschaften sagt Hofmann im Interview: „Die Transformation ist ein ressortübergreifender Prozess und sollte als solcher gesteuert und koordiniert werden .“ (3) Dass es sich dabei um „Wandel“ oder „.Transformation“ handle, ist eine bewusste Irreführung zur ideologischen Begründung der Neuauflage der Klassenzusammenarbeitspolitik. Demnach hätten wir aktuell einen allmählichen, kontrollierbaren quantitativen Prozess. In Wahrheit haben wir eine Wirtschafts- und Finanzkrise sowie eine Strukturkrise, also ein Abbrechen der Allmählichkeit, einen Sprung zu einer neuen Qualität in der Entwicklung.
Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Opportunismus
Passend zum Thema: Das Kapitel "Die Krise des Reformismus", Seite 97ff
268 Seiten, 17,50 €
Die Leugnung von Krisen ist charakteristisch für die bürgerliche Denkweise. Heute existiert das ganze imperialistische Weltsystem nur noch krisenhaft. Dazu gehören gesetzmäßg imperialistische Kriege, auf die sich die Bundesregierung mit einer Wende zur offen aggressiven Außen- und Militärpolitik einstellt. Und wie 1914 die SPD springt auch heute die reformistische IG-Metall-Führung ihrem nationalen Imperialisten auch politisch sozialchauvinistisch zur Seite. Sie kritisiert zwar den Krieg. Aber sie unterstellt der EU und den USA, dass ihre Gesellschaftssysteme auf Freiheit, Menschenrechten und Selbstbestimmung beruhen, und kritisiert nur Putin. Die Arbeiter seien bereit, auch "negative Folgen der Sanktionen" zu tragen. So in einem gemeinsamen Aufruf der IG-Metall-Führung mit dem Bund der Deutschen Industrie (BDI). Von wem hat die IG-Metall-Führung das Mandat erhalten, so was zu versprechen? Welchen Metallerinnen und Metallern würde es einfallen, einen Jörg Hofmann dazu zu ermächtigen?
Frage nach einer gesellschaftlichen Alternative ist aufgeworfen!
Diese gesamte Entwicklung wirft die Frage nach einer gesellschaftlichen Alternative auf, eine Frage, die der Reformismus scheut wie der Teufel das Weihwasser. Dieser neu aufgelegte Opportunismus der IG-Metall-Führung erfordert eine tiefgehende, im Kern weltanschauliche Aufklärungsarbeit als Voraussetzung für künftige offensive Kämpfe der Arbeiter. Dazu ist der Einsatz des neuen Buches „Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Opportunismus“ von Stefan Engel dringend anzuraten. Denn das von der IG-Metall-Führung herausgegebene Zukunftsprogramm ist nichts anderes als eine neue konkrete Ausprägung der Krise des Reformismus, die dort analysiert ist. Genauso notwendig ist die positive Gewerkschaftsarbeit. Jede Möglichkeit muss genutzt werden, in den Gewerkschaften zu arbeiten, Kolleginnen und Kollegen zu gewinnen und die Gewerkschaften zu Kampforganisationen zu machen. In diesem Sinne arbeitet die MLPD mit ihren Betriebsgruppen.