Rede von Gabi Fechtner bei der Kundgebung in Essen

Rede von Gabi Fechtner bei der Kundgebung in Essen

Zum Internationalen Kampftag für die Befreiung der Frau am 8. März 2022

Die Vorsitzende der MLPD, Gabi Fechtner, sprach auf der vom Frauenverband Courage organisierten Kundgebung am 8. März 2022 in Essen. "Rote Fahne News" dokumentiert die Rede.

Liebe Frauen und Mädchen,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

wenn man sich die Verlautbarungen unserer Politikerinnen und Politiker oder die Berichterstattung zu diesem 8. März anschaut, dann könnte man meinen, die Anliegen des Internationalen Frauentags sind bei diesen Leuten in guten Händen: Wir haben eine Außenministerin, eine fast paritätisch zusammengesetzte Regierung, die DAX-Konzerne werden angehalten, mehr Frauen auf der Führungsebene Platz zu machen und die Regierung und viele Medien sind zu einer geschlechtergerechten Sprache übergegangen. Wie erklärt sich da, was wir alle erleben, was aber auch Amnesty International in seinem Bericht zum Weltfrauentag darstellt, dass sich die Lage der Frauen in den letzten Jahren sogar massiv verschlechtert hat?

 

Diese Tatsache liegt darin begründet, dass sich an den gesellschaftlichen Ursachen der besonderen Ausbeutung und Unterdrückung der Frauen in dieser kapitalistischen Gesellschaft nichts grundlegend geändert hat. So sehr sich die herrschende Klasse bemüht, uns zu beschwichtigen, so sehr führt sie uns damit vor Augen, dass ihre Maßnahmen doch nur geeignet sind, die gesellschaftlichen Verhältnisse zu belassen wie sie sind - nur vielleicht etwas frauenfreundlicher zu deklarieren.

 

In besonderer Art und Weise haben die Krisen der letzten Jahre die gesellschaftlichen Probleme besonders scharf zum Vorschein gebracht. So wurden in der Corona-Pandemie immer mehr Aufgaben wie die Betreuung der Kinder, Nachhilfe, soziale Probleme wieder in die Familien und damit auf die Frauen zurück verlagert. Welcher gesellschaftliche Rückschritt! Dabei haben wir heute eine Gesellschaft, die Reichtümer und Möglichkeiten, diese Probleme zu lösen hervorbringt, wie noch nie zuvor.

 

Nicht zuletzt haben die letzten Jahre auch gezeigt, wozu Frauen in der Lage sind: Die Frauen, die das komplizierter werdende gesellschaftliche Leben managen, die Beschäftigten in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen in der Pandemie, kurdische oder afghanische Frauen, die in ihren Ländern unter kompliziertesten Bedingungen für Freiheit und Demokratie kämpfen. Was wäre erst möglich, könnten sich diese Fähigkeiten wirklich entfalten und wären die gesellschaftlichen Möglichkeiten nicht der Profitlogik internationaler Konzerne und ihrer Regierungen unterworfen.

 

Ich möchte deshalb an dieser Stelle daran erinnern, dass der internationale Frauentag nicht etwa von Alice Schwarzer oder Angela Merkel, sondern von einer berühmten Kommunistin, nämlich Clara Zetkin, begründet wurde. Sie steht dafür, dass die wirkliche Befreiung der Frau erst in einer befreiten, einer sozialistischen Gesellschaft grundlegend zu verwirklichen ist.

 

Der diesjährige internationale Frauentag, der 8. März, steht ganz im Zeichen unseres Aktiven Widerstandes gegen die akute Gefahr eines III. Weltkrieges. Unser Mitgefühl gilt den ukrainischen Frauen und Kindern, der ukrainischen Arbeiterklasse und der Volksmassen, aber auch allen anderen Menschen, die Opfer imperialistischer Kriege sind und sich dagegen auf lehnen. Wir sagen: Schluss mit diesem Krieg!

In den deutschen Medien wird seit Tagen über „Putins Krieg“ berichtet. Die MLPD verurteilt den Überfall auf die Ukraine und hat bereits 2017 eine Analyse Russlands als neuimperialistisches Land herausgegeben. Dieser Angriffskrieg ist durch nichts zu rechtfertigen! Zugleich sind die USA und die NATO nicht plötzlich zu „Friedensparteien“ geworden, auf deren Seite wir uns nun schlagen lassen sollen! Wir erinnern uns an die Kriege der NATO, in Afghanistan, dem Irak, auf dem Balkan. Auch das waren Angriffskriege auf dem Rücken der Bevölkerung – und besonders der Frauen und Kinder. Die NATO hat an Russlands Grenzen 700 US- und Militärbasen und eine schnelle Eingreiftruppe der NATO mit 45.000 Mann aufgebaut und ihr Militärbündnis immer weiter nach Osten ausgedehnt. Imperialismus führt gesetzmäßig zu Krieg!

 

Annalena Baerbock trat ihren Posten als erste Außenministerin an mit dem Anspruch einer „feministischen und friedlichen Außenpolitik“. Jetzt erleben wir, wie die Ampel-Regierung in atemberaubender Geschwindigkeit zu einer offen imperialistischen Außen- und Militärpolitik übergeht und damit aktive Kriegsvorbereitung betreibt.100 Milliarden Euro „Sondervermögen“ für die Bundeswehr – das alles sollen wir wie selbstverständlich befürworten. Nein! - Die MLPD verurteilt diese Entscheidungen der deutschen Bundesregierung aufs Schärfste!

 

Gerechtfertigt wird das Ganze damit, dass man doch nun den Menschen in der Ukraine helfen müsste. Zweifellos, aber diese Art von Rechtfertigung für das Entsenden deutscher Truppen und deutscher Waffen ins Ausland - und wohin das führt - kennen wir schon! Demagogisch rechtfertigte die Bundesregierung schon 2001 den Kriegseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan damit, „Menschenrechte und Frauenrechte, Bildung für Mädchen zu verteidigen“. Und sehen wir jetzt, wie es in Afghanistan aussieht – Die ganze Zeit über waren die Massen und insbesondere die Frauen Ausbeutung und Unterdrückung, Verfolgung und einer rückschrittlisten Frauenpolitik ausgesetzt, auch bevor die Taliban zurückkamen, denen die NATO schließlich das Feld geräumt hat.

 

Heute spricht die GRÜNEN-Außenministerin Annalena Baerbock vorzugsweise über die „Kinder in den U-Bahnschächten“ von Kiew, wenn sie uns für ihre offen imperialistische Außen- und Aufrüstungspolitik gewinnen will. Die Ukraine war auch schon vor dem Krieg das ärmste Land Europas, kämpfende Arbeiterinnen und Arbeiter werden bei Streiks niedergeknüppelt, kommunistische Organisationen und sogar Symbole sind verboten. Was hat Frau Baerbock denn bisher getan, um diesen Leuten gegen die Unterdrückung ihrer eigenen Regierung und ihrer Oligarchen zu helfen?

 

Ja – wir fühlen uns verantwortlich für die Kinder und Frauen in den U-Bahnschächten – und noch viel mehr – für die Kinder und Frauen der Welt. Und gerade deshalb bekämpfen wir jede imperialistische Politik. Frau Baerbock, wenn sie diese Kriegspolitik machen, dann stehen sie dazu, aber nicht in unserem Namen!

 

Clara Zetkin stand vor und während des I. Weltkriegs gegen die Kriegspolitik der deutschen Regierung, die auch damals eine sogenannte Burgfriedenpolitik inszenierte, nach der sich nun alle im Sinne der nationalen Einheit hinter der Regierung versammeln müssten. Clara Zetkin kritisierte diesen Kurs und stand später maßgeblich für die internationalistische Ausrichtung der KPD. 1915 organisierte sie in Bern die internationale Konferenz sozialistischer Frauen gegen den Krieg.

 

Deshalb ende ich auch im Geiste Clara Zetkins, wenn ich sage, dass unsere Einheit heute keine nationale, keine gemeinsam mit der deutschen Regierung und den Interessen deutscher Konzerne ist, sondern eine internationale Einheit, so wie wir hier mit Frauen aus vielen Ländern gemeinsam demonstrieren für die Befreiung der Frau in einer befreiten Gesellschaft, für Frieden, Völkerfreundschaft und echten Sozialismus!