Argument
Wer ist hier unsolidarisch?
Die Menschen weltweit und in Deutschland zeigen eine überwältigende Solidarität und Anteilnahme mit den vom Krieg betroffenen Ukrainerinnen und Ukrainern. Doch – glaubt man den bürgerlichen Massenmedien - wird diese Solidarität getrübt durch Leute, die sich „ausgerechnet jetzt“ über hohe Sprit- und Heizkosten aufregen.
Dabei bringt es Tobias Kisling (Redakteur) in der WAZ doch auf den Punkt: „Das ist unser Preis des Krieges. Es ist der Preis für die Solidarität mit der Ukraine, der sich aus den Sanktionen und den Drohungen eines Lieferstopps für Öl und Gas ergibt. Und so bitter die Tankrechnung auch ist: Was ist es für ein Preis verglichen mit dem, was die Menschen in Mariupol, wo Putin selbst vor der Bombardierung einer Geburtsklinik nicht zurückschreckte, was die Menschen in Kiew, die eingekesselt der russischen Invasion entgegensehen, derzeit bezahlen?“¹
Auf Rote Fahne News wurde jedoch bereits nachgewiesen, dass die aktuellen Preissteigerungen in erster Linie spekulationsbedingt sind und nur sehr bedingt mit dem Krieg in der Ukraine zu tun haben.²
Mit anderen Worten: Wer sich heute über die unsäglich hohen Sprit- und Energiepreise aufregt und dagegen gegebenenfalls sogar gemeinsam protestiert, entsolidarisiert sich damit nicht im Geringsten mit den Menschen in der Ukraine. Tatsächlich unsolidarisch sind die Monopole, die sich durch die gestiegenen Preise schamlos selbst bereichern und die diesen Krieg auch noch zu verantworten haben. Wer heute lautsprecherisch verlangt, dass wir Ruhe geben und „unser Opfer für den Frieden“ bringen sollen, der macht sich damit zum Sprachrohr der Monopole, die sich an diesem Krieg bereichern.
Die von den gestiegenen Preisen betroffenen Menschen derart anzugehen, ist eine Sache. Eine andere ist es, allen ernstes voller Spot über die Menschen herzuziehen, die nicht mehr wissen, wie sie ihren Weg zur Arbeit finanzieren sollen
Ausgerechnet unsere Satiriker, die unter den Massen sogar teilweise noch ein fortschrittliches Image genießen, machen das gerade: So forderte Jan Böhmermann am 8. März via Twitter auf: „erzähl mal den familien in charkiw im keller wie sehr dich ein benzinpreis über 2 euro wütend macht“³. Und er verkündete stolz am 12. März: „Habe die Pfannkuchen heute Mittag in Diesel (2,21€/l) angebraten, weil es kein Sonnenblumenöl (4,80 €/l) mehr bei Lidl gab.“⁴
Die Satire-Zeitung Postillion meldete am 9. März: „Ukrainisches Kind in Bunker muss immerzu an arme, von hohen Spritpreisen traumatisierte Deutsche denken“⁵
Aber auch die Heute-Show ließ sich nicht lumpen und stellte am 11. März findig fest: „Das RKI meldet erstmals mehr als 260.000 Neuinfektionen. Die Leute sollen aufhören, sich massenhaft vor der Tankstelle zu treffen, um die Preistafel zu fotografieren.“
Das ist Teil der bürgerlichen Meinungsmache, die versucht uns einzuschüchtern, damit sich keiner mehr traut den Mund aufzumachen. Die richtige Antwort darauf kann nur sein, dass gerade jetzt besonders die Arbeiterinnen und Arbeiter noch geschlossener zusammenstehen, sich einerseits solidarisch mit den betroffenen Massen in der Ukraine und in Russland zu zeigen und andererseits, um sich für ihre eigenen Interessen einzusetzen.