Argument
Mehr Acker, weniger Artenschutz – Schnellschüsse haben Konjunktur!
Mit dem Titel 'Mehr Acker, weniger Artenschutz' umschreibt ein Artikel in der "Frankfurter Rundschau" die aktuell beginnende Debatte um die Aussetzung des Green Deal der EU wegen der hohen Lebensmittel- und Energiepreise, verschärft durch den Krieg in der Ukraine.
Das Aussetzen des Green Deal bedeutet, dass die Flächenstilllegung der EU, die dem Artensterben entgegen wirken soll, für dieses Jahr aufgehoben wird, um darauf Getreide anzubauen. Es geht um rund 4 Millionen Hektar Fläche, auf denen Futtermittel wie Mais und Soja angebaut werden sollen.
Der Verfasser des Artikels, Damir Fras, zitiert den Vizepräsidenten der EU-Kommission Valdis Dombrovkis: „Unsere Versorgung mit Lebensmitteln ist nicht gefährdet. Dennoch müsse mehr Getreide angebaut werden, um arme Menschen in der EU vor noch höheren Lebensmittelpreisen zu bewahren.“ Die Kritiker aus Umweltschützern und Politikern von SPD und Grünen argumentieren: „Global gesehen seien die zusätzlichen landwirtschaftlichen Erträge, die in der EU geerntet werden könnten, minimal. Besser wäre es, so der Vorschlag der Kritikerinnen und Kritiker, weniger Futtermittel und mehr Lebensmittel anzubauen.“
Richtig an den ganzen Aussagen ist im Grunde nur, dass unsere Lebensmittelversorgung nicht gefährdet ist. Gefährdet ist aber sehr wohl mit hoher Wahrscheinlichkeit der Export von Weizen der Ukraine in Länder wie Ägypten, Indonesien und Bangladesh. Ein Totalausfall der Ukraine würde bedeuten, dass zwischen 15 und 25 Millionen Tonnen Weizen nicht geliefert werden könnten. Würde jetzt auf den 4 Millionen Hektar Weizen angebaut, könnten immerhin selbst bei niedrigen Erträgen von 5 Tonnen je Hektar rechnerisch 20 Millionen Tonnen Weizen in der EU mehr geerntet werden. Die Aussage "minimal" kann sich also nicht auf diese Menge beziehen.
Allerdings kann zum jetzigen Zeitpunkt des Frühjahrs praktisch kein Weizen mehr angebaut werden, weil zu spät, jetzt gingen tatsächlich nur Mais und Leguminosen. Mit Hunger und Getreide zu argumentieren, aber Futtermittel anzubauen, ist natürlich ein Witz. Das Einzige, was Sinn machen würde, ist der Anbau von ausschließlich Leguminosen wie Erbsen, Ackerbohnen, Lupinen und Soja, die importiertes Soja ersetzen könnten. Das Argument man solle wohl die Stilllegung belassen für den Artenschutz und dafür weniger Futtermittel anbauen, ist genauso ein Witz. Die Folge wäre, dass noch mehr Futtermittel, unter anderem Soja aus Südamerika, importiert würden.
Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) ist durch die Entwicklung tatsächlich in Frage gestellt. Allerdings nicht in der Form, wie es die Interessenvertreter der Agrarkonzerne und Großagrarier sich vorstellen, die bereits seit Ende Februar ein Moratorium für die GAP fordern. Diese sieht ab 2023 eine 4-prozentige Flächenstilllegung in Form von Brache vor. Die Vorgehensweise, dass man kleine Areale für den Naturschutz schafft, um umso intensiver auf den gesamten Anbauflächen zu wirtschaften, ist zu hinterfragen. Stattdessen muss die lntensität insgesamt zurückgenommen werden, für mehr Artenvielfalt, mehr umweltschonenden Anbau, artgerechte Tierhaltung gegen entsprechende Bezahlung für die kleinen und mittleren bäuerlichen Betriebe.
Was bei den obigen Überlegungen fehlt ist die Spekulation, die ein wesentlicher Treiber der hohen Preise ist und die rigoros unterbunden werden muss! Der Hunger in der Welt wird in erster Linie durch hohe Preise verursacht. Die Ärmsten der Welt können die Nahrungsmittel nicht mehr bezahlen. Und letzten Endes ist der Hunger durch den Imperialismus verursacht, der weltweit regionale Märkte zerstört, Klein- und Mittelbauern ruiniert und vertreibt, zum Teil hängen heute Länder von Weizen ab, die sich früher hauptsächlich von heimischen Getreidesorten wie Mais, Hirse und anderen ernähren konnten.