Dort wähnt sich auch Olaf Scholz
Es dürfte langsam verdammt eng werden, auf der „richtigen Seite der Geschichte“!
Auf „Rote Fahne News“ las ich in einem Artikel aus Griechenland den bemerkenswerten Satz, dass die reaktionäre griechische Regierung sich für ihre Waffenlieferungen an die Ukraine „auf der richtigen Seite der Geschichte“ wähnt. Das griechische Volk, so der Artikel weiter, wird sich nicht auf diese verbrecherische Seite der Geschichte stellen.
Das erinnert mich an die denkwürdige Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz am 27. Februar im Bundestag, in deren Rahmen er für sich und seine Regierung ebenfalls reklamierte, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen. Dieser Satz ist so abgeschmackt und banal, dass man sich fragt, wie wenig überzeugt solche bürgerlichen Politiker von ihrer eigenen Politik sein müssen, wenn sie glauben, ausgerechnet „die Geschichte“ als moralischen Beistand anrufen zu müssen.
Ein kurzer Streifzug durch das Internet erbringt reiche Beute auf die Frage, wer denn da noch so alles auf der richtigen Seite der Geschichte rumsteht. Da finden sich – allesamt wörtlich so ausgesprochen:
- Die chinesische Regierung¹ mit ihrer Drohung, Taiwan zu erobern
- Die Elite des Finanzkapitals der USA, die sich nach dem Sturm auf das Capitol in allerletzter Sekunde halbherzig von Donald Trump distanzierte²
- Microsoft³, weil es die Daten ihrer Kunden verkauft und nicht verschenkt
- Die Giganten der globalen Finanzindustrie, wie Goldman Sachs, Citygroup, J.P. Morgan oder Blackrock, weil sie versprochen haben, CO2-Emissionen ein wenig zu reduzieren⁴
- Und natürlich die SPD, die laut Olaf Scholz immer auf der richtigen Seite der Geschichte gestanden hat⁵
- Selbstverständlich haben sich auch die Regierungen von Belgien⁶ und Neuseeland⁷ einen Stehplatz auf der richtigen Seite der Geschichte gesichert (Sitzplätze scheint es da nicht zu geben).
Es dürfte langsam verdammt eng werden, auf der „richtigen Seite der Geschichte“!
Marx und Engels schrieben 1847 im Kommunistischen Manifest: „Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen“. Gemeint war die Geschichte der Klassengesellschaften. Es war seit der Sklavenhaltergesellschaft des Altertums immer so, dass eine zahlenmäßig kleine Klasse von Besitzenden über die große Masse der Ausgebeuteten und Unterdrückten herrschte. Weiter heißt es im „Manifest“: „Unsere Epoche, die Epoche der Bourgeoisie, zeichnet sich jedoch dadurch aus, dass sie die Klassengegensätze vereinfacht hat. Die ganze Gesellschaft spaltet sich mehr und mehr in zwei große feindliche Lager, in zwei große, einander direkt gegenüberstehende Klassen: Bourgeoisie und Proletariat.“
Die Bourgeoisie will ihre Macht erhalten und die Geschichte anhalten oder zurückdrehen, das ist aussichtslos - sozusagen die falsche Seite der Geschichte! Die „richtige Seite der Geschichte“ kann nur die des Proletariats sein - die der ersten Klasse, die die Diktatur der ausbeuterischen Minderheit durch eine Herrschaft der Mehrheit (der Arbeiterklasse) auf revolutionärem Wege erkämpfen wird - auf dem Weg zur klassenlosen Gesellschaft.