Niedrigere Wahlbeteiligung
Landtagswahl im Saarland: SPD gewinnt - Schlappe für die CDU
Nach 23 Jahren CDU-geführter Landesregierungen kann die SPD das Saarland mit 43,5% der Stimmen (+13,9 Prozentpunkte) und der absoluten Mehrheit der Sitze in Zukunft alleine regieren.
Die Landtagswahl im Saarland am gestrigen Sonntag war die erste nach der Regierungsübernahme durch die Ampel-Koalition auf Bundesebene und die erste nach deren Übergang zur offen imperialistischen Außen- und Militärpolitik nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs, der "Zeitenwende" von Bundeskanzler Olaf Scholz. Es ist erst wenige Monate her, dass sich die neue Regierung als „Fortschrittskoalition“ vorstellte und zahlreiche soziale und ökologische Verbesserungen versprach. Nicht zufällig hat die Ampel-Regierung wenige Tage vor der Wahl ihr sogenanntes Entlastungspaket auf den Weg gebracht. Es ist zwar dürftig, will aber suggerieren, dass nicht alle sozialen Errungenschaften dem Kriegskurs untergepflügt werden. Der Wahlsieg der SPD im Saarland macht aber auch deutlich, dass die grundsätzliche Kritik an der SPD, am Sozialchauvinismus und Kriegskurs der Bundesregierung unter der Bevölkerung noch nicht ausreichend entwickelt ist.
Die SPD konnte v.a. mit ihrer Spitzenkandidatin Anke Rehlinger punkten und bekam 43,5%, 36 000 Stimmen mehr als bei der Wahl 2017. Die Sportlerin, die seit 26 Jahren den Saarlandrekord im Kugelstoßen hält, gilt im Gegensatz zum bisherigen Ministerpräsidenten Tobias Hans als geradlinig und Macherin. Auch wenn ihr Wahlversprechen, 1% mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zu schaffen, eher bescheiden ist, konnte sie doch die geplante Ansiedlung einer Batteriefabrik durch S-Volt auf ihr Konto verbuchen. Von ihr nehmen Teile der Bevölkerung an, dass sie nicht so ignorant und arrogant mit den brennenden sozialen Fragen der Massen umgeht wie die CDU.
Frau Rehlinger und Olaf Scholz feiern das saarländische Wahlergebnis wie einen Riesentriumpf. Ihnen muss man jedoch Wasser in den Wein schütten: "Die europäische Sozialdemokratie bezahlte für ihren modernen Reformismus mit einer offenen Krise, von der sie sich bisher kaum erholte. Daran änderen auch zeitweilige Stimmengewinne wie bei den Bundestagswahlen 2021 in Deutschland oder in den skandinavischen Ländern nichts, die meist nur Ausdruck des Unmuts über die 'noch schlechteren Mitbewerber' waren." (Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Opportunismus, Seite 104).
Während seit 2008 bundesweit das Bruttoinlandsprodukt fünf mal so stark gewachsen ist wie im Saarland, nur etwa jeder 3. Arbeitsplatz ein Vollzeitarbeitsplatz oberhalb des Niedriglohnsektors ist und zehn- bis zwölftausend, d.h. 25 Prozent der Automobilarbeitsplätze in den nächsten Jahren auf der Abschussliste stehen, setzten die Saarländerinnen und Saarländer insgesamt weniger Hoffnung in die bürgerlichen Parteien. Es gab die zweitschlechteste Wahlbeteiligung (61,4%) seit Wiedereingliederung des Saarlandes 1957. Die brennenden Themen, die Abwälzung der Kriegs- und Krisenlasten auf die Massen, die massiv steigende Inflation, der notwendige Kampf zur Rettung der Umwelt auf Kosten der Monopole als Hauptverursacher waren im Wahlkampf der bürgerlichen Parteien kaum präsent, auch wenn von CDU bis Grüne und FDP in den Wahlprogrammen seitenweise über Umweltschutz geschrieben wurde. Für das miserable Corona-Management wurden SPD und CDU gleichermaßen kritisiert.
Die heftigsten Verluste erlitt die CDU (217 000 Stimmen 2017, 129 000 jetzt im Jahr 2022) und sackte von 40,7 auf 28,5% ab. Das ist eine Klatsche nicht nur für den bisherigen Ministerpräsidenten Tobais Hans, sondern insbesondere auch für den neuen CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich Merz. Sein arrogantes Auftreten wird von den Massen abgelehnt. Zu Recht steht er in ihren Augen ganz besonders für den Kurs eines arbeiter- und volksfeindlichen Monopolpolitikers. Im Saarland konnte die CDU mit der Aufrüstung der Polizei und mit einer besonders reaktionären Flüchtlingspolitik nicht punkten.
Dass die Linkspartei von 12,9% auf 2,6% (von 68 500 auf 11 700 Stimmen) abgesackt ist, verdankt sie ihrem bodenlosen Opportunismus. Ihre Standpunkte in der Sozialpolitik unterscheiden sich so gut wie nicht mehr von denen der SPD und große Teile ihrer Führung sind mit auf den Kriegskurs der Regierung eingeschwenkt. Einen Großteil ihrer bisherigen Stimmen hat die Linkspartei folgerichtig an die SPD verloren. Die Kritik und der Parteiaustritt von Oskar Lafontaine spielt eine große Rolle. Abstoßend ist auch der jahrelange Machtkampf um Posten. Die Linksjugend solid, dominiert von MLPD-Hassern und Antideutschen, hat sicher nicht zur Attraktivität der Linkspartei beigetragen.
Während die SPD als eine der Regierungsparteien im Saarland dazu gewann, ist dies den anderen Ampel-Parteien, FDP und Grünen, nicht gelungen. Unter den bisherigen Grünen-Wählern und in der Grünen-Mitgliedschaft wird offensichtlich das Einschwenken auf den offenen Kriegskurs nicht so einfach mitgetragen, schließlich kommen sie aus einer pazifistischen Richtung. Die Zustimmung zur Batteriefabrik im Wasserschutzgebiet fiel ihnen auf die Füße, als sich ein breiter Widerstand dagegen entwickelte. Arrogantes Auftreten und ihre Politik des Umweltschutzes auf Kosten der Massen, das sie nicht übertünchen konnten, diskreditierte die Grünen, auch wenn sie verschämt auf „soziale Ausgleiche“ hinwiesen. Massenhaft Parteiaustritte und Unfähigkeit, ihre eigenen Mitglieder zu mobilisieren, wundern daher nicht. Die neue Kraft bunt.saar, aus der Enttäuschung über Grüne und Linke entstanden, erreichte 1,3%. Sie trat als eine unverbrauchte Kraft v.a. für den Umweltschutz an. Keine Industrieansiedlung im Wasserschutzgebiet und kein Ansteigenlassen des Grubenwassers waren wichtige Forderungen.
Die faschistoide AfD verlor von 6,2 auf 5,7% der Stimmen, bei der Bundestagswahl im September holte sie noch 10%. Ein Teil ihrer bisherigen Wähler ist zur ultrareaktionären bis faschistoiden "Die Basis" gewandert.
Die Jugend sucht nach Alternativen: SPD und CDU bekamen bei den 18- bis 24-Jährigen die wenigsten Stimmen, während alle anderen Parteien hier überdurchschnittlich abschnitten. Die besonderen Interessen der Jugend spielten im Wahlkampf aber kaum eine Rolle. Die MLPD beteiligte sich an dieser Landtagswahl nicht. Sie konzentriert sich auf die Kleinarbeit in Betrieben und Wohngebieten und ganz besonders auf die Jugendarbeit. Gegen die akute Weltkriegsgefahr, gegen die Abwälzung der Kriegs- und Krisenlasten, und für den Aufbau einer neuen Friedensbewegung. Die nächste Wahlbeteiligung der MLPD ist zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 15. Mai 2022. Die Internationalistische Liste/MLPD wird dort die Kritik an der Landesregierung und ihr eigenes Zukunftsprogramm an den Kernfragen, die die Jugend beschäftigen, führen und den Kampf um internationale Solidarität gegen die imperialistische Außen-, Kriegs- und Flüchtlingspolitik führen.