In der Schule über den Ukraine-Krieg diskutieren
Nur mit vorgeschriebenem Material? Nein!
Nicht genug, dass die Medienberichterstattung gleichgeschaltet zu sein scheint. Nun wird vom Schulministerium Nordrhein-Westfalen auch noch direkt auf die Diskussion im Klassenzimmer Einfluss genommen.
Die Methode: Eine E-Mail des Staatssekretärs von Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) höchstpersönlich an alle Schulleiter zur Weiterleitung an alle Unterrichtenden. Inhalt: Die "Erlaubnis", über den Ukraine-Konflikt zu sprechen. Aber bitte nur anhand der beigefügten Links, die alle auf die Seite der Bundeszentrale für politische Bildung verweisen. Eine Institution, die Direktiven des Bundesministeriums des Inneren entgegen nimmt.
Kein Wunder, dass dort nur Fragen behandelt werden, die das "historisch schwierige" Verhältnis zwischen Russland und der Ukraine propagieren - oder das Großmachtstreben Russlands, "ungebrochen seit der Zarenzeit". usw. Dafür kein Wort über die NATO und die Rolle der deutschen Regierung in diesem Krieg. Es wird sich zeigen, ob diese Methode nachhaltig verfängt. Unter Kollegen gibt es jedenfalls viele Fragen, die offen bleiben. Gegen undemokratische staatliche Bevormundung an Schulen!
Donnerstagmorgen, eine Woche nach Kriegsbeginn. Zeit, mit meiner Klasse einmal in Ruhe über den Krieg in der Ukraine zu sprechen. Einig sind wir uns: Für die Menschen in der Ukraine ist der Krieg schrecklich. Viele bewegen die Bilder der Flucht oder die Nachrichten über Geburten im Keller, die Angst vor Raketen, die in Stadtviertel einschlagen. Wir sammeln erst einmal, was wir wissen, und da kommt einiges zusammen: Es sind zwei Seiten, die an der Ursache des Krieges beteiligt sind: Putins Russland und die NATO.
Viele Länder in Osteuropa sind Mitglied der NATO geworden, was Russland unter Druck setzt. Bedeutet das, dass man Verständnis für den Angriffskrieg Russlands haben kann? Einer von uns hat das. Die anderen lehnen den Krieg auf jeden Fall ab. Er lenkt ein: Ja, Krieg ist schlecht. Er will auch keinen Krieg. Weiter: Schweden rüstet schon seit längerem auf, obwohl es kein NATO-Land ist. Das erhöht doch die Gefahr, dass sich der Krieg ausweitet. Auch die Waffenlieferungen aus Deutschland tragen dazu bei. Damit sind wir nicht einverstanden!
Aber über den Grund müssen wir diskutieren: Einer denkt, dass alle einfach Angst haben. Auch Bundeskanzler Scholz. Dass aus Angst aufgerüstet wird, weil ja die Bundeswehr wirklich in einem schlechten Zustand ist, das hört man überall. Ich werfe ein, dass genau diese Bundeswehr in diversen Ländern der Welt präsent ist - so schlecht kann ihr Zustand also nicht sein!
Ok, das wird nachdenklich aufgenommen. Wir überlegen: In den Medien bekommt man schon fast den Eindruck, dass die NATO eine Friedenstruppe ist. Eine lehnt das sehr bestimmt ab: "Die NATO ist ein Kriegsbündnis. Ich bin schon lange der Meinung, dass die NATO abgeschafft werden muss. Oder sich um 180 Grad drehen." Ein anderer wirft auf: Ist die Lösung, dass die Ukraine kein Mitglied von EU und NATO wird - um Putin nicht weiter zu reizen? "Davon lässt der sich jetzt nicht mehr stoppen", meint ein anderer. "Der vertritt eine Großmacht. Der will mehr." Was muss passieren, damit Putin gestoppt wird, und die NATO gleich dazu? Die Lösung finden wir noch nicht. Aber wir sind uns einig: Wir sind gegen den Krieg und Waffenlieferungen dafür aus Deutschland und der EU.