Adenauer / BND-Watergate

Adenauer / BND-Watergate

Die Rolle des SPD-Manns Siegfried Ortloff bei der Abwehr „kommunistischer Gefahren“

In dem interessanten "Rote-Fahne-News"-Artikel „Der BND als Instrument des offen reaktionären Antikommunismus“ vom gestrigen 17. April fehlt mir ein wichtiger Aspekt.

Leserbrief aus Herne

Die generalstabsmäßige geheimdienstliche und illegale Bespitzelung der SPD konnte nur aus einem Grund so gut funktionieren: Weil die SPD-Spitze selbst stramm antikommunistisch ausgerichtet war – was gegen sie selbst ausgenutzt wurde. So stammte ein Großteil der Informationen von einem führenden SPD-Mann: Siegfried Ortloff.

 

Er war zeitweise Leiter des Vorstandssekretariats beim SPD-Parteivorstand. Ortloff war Mitglied im SPD-Vorstand und Protokollführer Er war Sicherheits- und Personalchef in der SPD-Parteizentrale. Eine seiner höchst offiziellen Aufgaben im Sinne des SPD-Parteivorstands bestand darin, eine angebliche „kommunistische Unterwanderung“ der Partei abzuwehren.

 

Die SPD war Opfer dieses riesigen Politskandals, der Watergate in nichts nachsteht. Aber es ist pure Heuchelei, wenn der Generalsekretär der SPD, Kevin Kühnert, nur fordert: „Es wird Zeit, sich als deutsche Christdemokratie einer kritischen Aufarbeitung zu stellen.“ Er könnte sich auch selbst einmal einer „kritischen Aufarbeitung“ stellen. Stattdessen orakelt der „Vorwärts“ der SPD, er könne überhaupt nicht verstehen, „warum ein Nazi-Gegner wie Ortloff an Beamten wie Gehlen oder Globke Informationen aus seiner Partei lieferte“ (die ja beide früher Top-Leute der Faschisten waren).

 

Das können wir ihm gerne beantworten: Weil bei ihm der Antikommunismus über allem stand! Das war auch bei Herbert Wehner so, genauso wie bei Willy Brandt. Er wagte „Demokratie“ mit einem Radikalenerlass, der tausendfache Berufsverbote für reale oder vermeintliche Kommunisten beinhaltete. Der Autor der kritischen BND-Studie, Klaus-Dietmar Henke, sagt selbst im Interview mit der Zeit, eine „Hypothese“ für die Rolle von Ortloff sei,: „Ortloff war ein sehr dezidierter Antikommunist“. Ortloff wurde nach Einstellung der SPD-Bespitzelung zum hauptamtlichen BND-Mitarbeiter hochgestuft. Er erhielt – obwohl er kein Akademiker war – die höchste Gehaltsstufe. Offiziell wurde er zu einem Top-Mann im „Amt für Seeschifffahrt“ - eine Tarnadresse des BND.

 

Einer der Gründe, warum die Bespitzelung des SPD-Parteivorstands endete, war übrigens die Annahme des Godesberger Programms der SPD (1959). Damals ging sie ganz offiziell auf die Leitlinie des Antikommunismus über. Ein demokratisch verbrämter Antikommunismus, aber eben eine Form des Antikommunismus, auch damit konnte der eigentlich offen reaktionäre Antikommunismus des Geheimdiensts ganz passabel leben.

Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Antikommunismus

Stefan Engel

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Zu den Hintergründen würde ich auch nicht nur bei Herrn Foschepoth nachlesen. Im Buch von Stefan Engel "Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Antikommunismus" sind zu diesem Thema besonders die Abschnitte "Die Wiederbelebung des offen reaktionären Antikommunismus durch die Adenauer-Regierung“ und „Der Weg der SPD zur antikommunistischen 'Volkspartei'“ lesenswert.

 

Hier ein Link mit Bild von Ortloff.