Pressemitteilung der MLPD Thüringen
Gedenken in Buchenwald soll nach dem Willen der Stiftungsleitung „entkommunisiert" werden
Die MLPD Thüringen wendet sich mit einer Erklärung zu unsäglichen antikommunistischen Vorgängen anlässlich des 77. Jahrestages der Selbstbefreiung des KZ Buchenwaldes am 10.04.22 an die demokratische Öffentlichkeit und die Presse.
Die MLPD Thüringen wendet sich mit einer Erklärung zu unsäglichen antikommunistischen Vorgängen anlässlich des 77. Jahrestages der Selbstbefreiung des KZ Buchenwaldes am 10.04.22 an die demokratische Öffentlichkeit und die Presse. In selbstherrlicher Manier der Gedenkstättenleitung sollte das Auftreten der demokratisch zugelassenen Partei MLPD und ihres Jugendverbands REBELL unterdrückt werden. Und das gerade durch die Gedenkstättenleitung, die per Staatsvertrag einen Bildungsauftrag hat und die Besucher gegen jede Form von Ausgrenzung und Unterdrückung fortschrittlicher Kräfte erziehen soll.
Was ist passiert?
- Wie in jedem Jahr haben sich die MLPD und ihr Jugendverband REBELL aus Thüringen am Gedenken an die Selbstbefreiung beteiligt. Traditionell tritt die MLPD bei diesem Gedenken mit einem Informationsstand auf und vertreibt insbesondere gegenüber Jugendlichen antifaschistische Literatur. Auch ihre Fahne und selbstverständlich auch Flugblätter waren dabei – so wie das seit jeher üblich ist und es etliche andere fortschrittliche Organisationen so praktizieren.
Was war in diesem Jahr anders? Bereits im Vorfeld wendete sich der Gedenkstättensprecher Rikola-Gunnar Lüttgenau in einer E-Mail an die MLPD und sprach ein Verbot des Auftretens der MLPD aus, da Buchenwald „kein Ort parteipolitischer Agitationen" sei, sondern „die Trauer und die Erinnerung an die Opfer im Mittelpunkt und nicht die Selbstdarstellung der Gedenkenden".
Das ging soweit, dass schon bei Ankunft am Parkplatz eine ganze Traube von Leuten der Gedenkstättenleitung die Genossinnen und Genossen von MLPD und REBELL daran hinderte, ihre Flugblätter zu verteilen und unmittelbar Polizei rief. Während der gesamten Gedenkveranstaltung wurden zwei Zivil-Polizisten abgestellt, um dieses Verbot zu kontrollieren. Es ist wahrscheinlich das erste Mal seit 1945, dass Polizei gegen das politische Auftreten von Kommunisten auf diesem Gelände vorging. Das ist ein unsäglicher Eklat, ein Schlag ins Gesicht der im KZ Buchenwald ermordeten Kommunisten. - Natürlich stehen die „Trauer und Erinnerung" im Mittelpunkt. Teil der „Erinnerung" ist jedoch auch, dass in Buchenwald zahlreiche Häftlinge inhaftiert waren, nur weil sie Kommunisten, Sozialdemokraten oder Gewerkschafter waren, und dass sie ihre Organisationsstrukturen illegal zu jeder Zeit aufrechterhielten. Wir traten an dem Gedenktag für ein überparteiliches Gedenken ein, während ausschließlich unser Auftreten von der Stiftungsleitung unterdrückt wurde! Selbstverständlich konnte wie jedes Jahr ein Meer von (roten) Fahnen während der Gedenkfeier wehen, von DKP bis Linkspartei, aber auch VVN-BdA usw. Die Linkspartei konnte 2019 zur Landtagswahl einen ihrer Wahlspots am Glockenturm drehen, während gegenüber der MLPD mit „Hausrecht" argumentiert wird. Man bedenke: Das „Hausrecht" hat in Buchenwald die Thüringer Staatskanzlei, der die Stiftung unterstellt ist. Hier werden öffentliche Ämter „parteipolitisch" missbraucht, um kommunistische Standpunkte und Organisationen zu unterdrücken!
- Zu einem überparteilichen Gedenken gehört es natürlich auch, dass sich die verschiedensten Beteiligten ggf. „parteipolitisch" zeigen und ihre Standpunkte zur Diskussion stellen. So trug die „Agitation" besonders der Kommunisten im Lager wesentlich zu einer antifaschistischen Einheitsfront bei, sie förderte die Bildung eines illegalen Lagerkomitees, welches die Kampf- und Lebensmoral der Häftlinge über die Jahre hob und die letzten Todesmärsche sabotierte. Ohne intensive Auseinandersetzung wäre der Aufbau einer illegalen Militärorganisation und die militärische Selbstbefreiung undenkbar gewesen, die 21.000 Häftlingen das Leben rettete.
- Bereits am 12. April 1945 fand die erste Funktionärskonferenz der KPD unter den ehemaligen Häftlingen statt. Am 23. April fand eine Volksfrontkonferenz unter den ehemaligen Häftlingen statt, auf der August Groel zu den Versammelten sprach: „Unsere Kraft und Stärke, Kameraden, alles zu ertragen und zielsicher unseren Weg zu gehen, lag nur darin, dass es gelang, die Einheit aller aktiven Antifaschisten im Lager zu schaffen, die Einheit aller Parteien und die Einheit aller Nationen. (...) Das Vertrauen, das alle die beteiligten Kameraden ineinander setzten, ob Parteilose, Sozialdemokraten, ob Zentrum, ob Kommunisten, es hat sich bereits in der Vergangenheit unendlich gelohnt". Am 1. Mai 1945 gab es im Lager die erste legale Mai-Feier, an der selbstverständlich die Parteien mit ihren Parteifahnen auftraten. Wie können Sie, Herr Lüttgenau, es sich erdreisten, diesen Häftlingen im Nachhinein das Recht abzusprechen, mit ihren Parteifahnen dort aufzutreten?
- Heute geht es um die MLPD – morgen um alle Fahnen. Gedenkstättenleiter Christian Wagner denkt laut über ein allgemeines Verbot von Parteifahnen nach: „solche Fahnen instrumentalisieren den Ort und seine Opfer für partikulare parteipolitische Zwecke" (Tweet vom 11.4.22). Natürlich darf keine Partei dominieren, eben aus Respekt. Das ist aber noch nie vorgekommen und davon kann bei den wenigen Fahnen pro Organisation auch keine Rede sein. Vielmehr geht es darum, die seit Jahren betriebene antikommunistische Umdeutung der Geschichte von Buchenwald auf die Spitze zu treiben und sie zu „entideologisieren" mit dem Ergebnis, dass nur noch die bürgerliche Ideologie mit ihrer unsäglichen Gleichsetzung von Faschismus und Kommunismus übrig bleibt. Dagegen muss gerade in diesen Kriegs- und Krisenzeiten der gemeinsame antifaschistische Kampf aller Demokraten entwickelt werden.
Wir fordern alle demokratischen Parteien und Organisationen auf, hier Stellung zu beziehen und diese antikommunistische Umdeutung der Gedenkstätte zu stoppen.
gez. Tassilo Timm, Landesvorsitzender MLPD Thüringen